02.04.2011: Haust, The Kandidate, Gaza, Rotten Sound, Trap Them - Underground - Köln

02.04.2011
 

 


An diesem Samstagabend galt es sich für den Kölner Freund roherer Klänge zu entscheiden: Zu MORE THAN LIFE und BRUTALLITY WILL PREVAIL in die Werkstatt, oder doch zu ROTTEN SOUND, TRAP THEM und GAZA ins Underground? Ich entschied mich für letzteres und kann nicht von mir behaupten, es bereut zu haben. Denn von Publikum über Lineup bis hin zum Sound stimmte hier wirklich alles - ja sogar das Wetter, welches mit um die 24 Grad auch die Umbaupausen im entspannten Biergarten des Undergrounds genüsslich überbrücken ließ.

Wie auch am Donnerstag bei THE CHARIOT war der Beginn des Lineups bereits für kurz nach 7 Uhr angesetzt. Ich hatte aus Donnerstag zwar meine Lehre gezogen, schaffte es aber dennoch erst zu den letzten Songs des Openers HAUST in den Konzertsaal. Gespielt wurde ein angenehm punkig-grindiger Sound, der sich zwar gut ins Lineup einzubetten wusste, aber auch nicht wirklich hervorstach – aber wer bin ich schon darüber nach nur so wenigen Songs zu urteilen.

Richtig spannend wurde es dann aber mit THE KANDIDATE. Auch hier wurde ein grindiger-rotziger Sound gefahren, wie er am besten zu Labels wie Relapse passen würde, auch hier ging es eher straight und schnörkellos zu. Doch was THE KANDIDATE hatten war schlichtweg Gefühl und Können. Gefühl, weil sie stets die richtigen Riffs bereit hatten, um den Songs die nötige Eingängigkeit und den nötigen Wumm zu verpassen. Und Können, weil einfach jeder in der Band Meister seines Instruments war. Auch der Sound konnte mehr als überzeugen, und so wurde hier bereits sehr früh die Nackenmuskulatur ordentlich in Anspruch genommen. In meinem Showreview von THE CHARIOT am Donnerstag regte ich mich ja noch lautstark über die Belanglosigkeit des Vorprogramms auf. Hier aber bekam man endlich wieder was zu hören, was auch wirklich für die eigentlichen Stars des Abends aufwärmte, und wo man auch mal geneigt war sich noch mal was zum Hören für Zuhause am Merchstand mitzunehmen. Sehr nett!

Zu diesen eigentlichen Stars des Abends gehörten aber vor allem GAZA. Wiedermal. Schon letztes Jahr konnte ein Auftritt in Bochum meine Begeisterung in Verbindung mit dieser Band nur steigern, und auch dieses Mal verschlug es einen schlichtweg die Sprache. Warum? Zum Beispiel weil deren Sänger schlichtweg ein Tier ist. Bedrohlich wirkt er ohnehin, mit seiner Größe und seinem finsteren Blick. Mit Rücken stellte er sich mitsamt seines Mikroständers nicht etwa auf, sondern vor die Bühne direkt vor die Meute. Und als er dann loslegte, wirkte es unheimlich und aufregend zugleich. Zunächst passend zu den schleppenden Tönen des Openers vom Ständer abgestützt, bewegte er sich darauf mit hektischen Schritten durchs Publikum, schubste seine treu alles mitgröhlenden Fans auch mal etwas durch die Reihen und wirkte zugleich wie ein mittelalterlicher Herold, welcher (Schreckens-)botschaften lautstark verkündet. Letzteres vor allem dann, wenn er beispielsweise zur Pathos-Granate „Hospital Fat Bags“ in einem mit Stille eingeleiteten Übergang durch die Reihen schreitet und ohne Mikro etwas vom Ende der Welt ins Leere schreit. Sein Gesangsstil schwankte dabei immer zwischen Schneesturm und verzweifelt wirkenden Wutausbruch. Ein anderes Beispiel ist beispielsweise die Art, wie GAZA mit Rückkopplungen und ähnlichen umgehen, und es zu Zeiten fast so wirkte, als würden die Wände vibrieren und die Luft brodeln. Es sind aber nicht zuletzt Songs wie das eindringliche, nur aus zwei (dafür aber verdammt eindringlichen!) Zeilen bestehende „He Is Never Coming Back“ oder das irgendwo zwischen Himmel und Hölle pendelnde „Windowless House“, welche GAZA-Auftritte wie diese so intensiv machen. Die ganze Show wirkte dabei wie eine Mischung aus Teufelsbeschwörung und ungehemmten Wutausbruch, und wie gesagt: Ob man das jetzt als unheimlich oder schlichtweg grandios abtun soll, war sicher nicht jedem nach diesem erschlagenden Auftritt so recht bewusst. Ich für meinen Teil entscheide mich für beides und kann nur sagen, dass es GAZA für mich wiedermal geschafft haben auch als Support mit nur wenig Spielzeit in einem richtig guten Lineup die für mich beste Band des Abends zu sein. Hut ab.

Eine Sache, die aber natürlich die Qualität des darauffolgenden TRAP-THEM-Auftritts nicht minderte. Im Gegenteil: Nach all dem Pathos war es doch auch mal ganz gut, zu einer so herrlich eingängigen und tanzbaren Band wie TRAP THEM auch mal etwas Lockeres zu hören, wenngleich natürlich auch TRAP THEM nicht zu Unrecht fast ausschließlich schwarz-düsteres Merch haben. In meinem Doppelreview mit Kollege Manuel Fricke war ich zwar eigentlich „Gegner“ der neuen TRAP THEM, doch immerhin Live konnte mich der wuchtige Sound irgendwo zwischen D-Beat, DISMEMBER und Grind absolut überzeugen. Und was das mit der „Band des Abends“ betrifft, so würden mir viele sicher mit GAZA wiedersprechen, ging doch gerade bei TRAP THEM publikumstechnisch am meisten. Ach ja, Publikum: Ich hatte es zwar schon mehrfach am Rande erwähnt, doch noch mal konkret: Mir gefiel das Publikum an diesem Abend wirklich sehr. Keiner dieser albernen Karatekids (wie denn auch, bei solcher Musik?!), nur entspannte Menschen die wenn sie abgingen das auch mit Rücksicht, aber auch mit Elan taten. Aber zurück zum Auftritt: Dank des auch hier großartigen Sounds kamen einzelne Elemente wie die brachiale Kessel-Zerstörungsarbeit des Drummers super zur Geltung. Gespielt wurde übrigens fast ausschließlich Zeug vom neuen Album „Darker Handcraft“, davon aber die richtigen Songs – bis auf das atmosphärische „Drag The Wounds Eternal“ vielleicht, welches der Drummer immer mal leider nur andeutete. Dennoch ein guter Auftritt, den das Publikum auch dankbar zu schätzen wusste.

Zu meiner persönlichen Grind-Referenz ROTTEN SOUND wurde es dann zum Ende hin wieder etwas leerer. Headliner im Geiste waren an diesem Abend dann wohl eher GAZA oder TRAP THEM. Nichtsdestotrotz ließen auch ROTTEN SOUND keinesfalls an Intensität vermissen, und schüttelten einen für den Heimweg noch mal gehörig wach. Auch hier wurde dabei vor allem das aktuelle Album in Angriff genommen, wobei auch ältere Songs fielen. Ihren Überhit „Colonies“ ließen sie leider außen vor, dafür konnten auch hier Publikum und Sound zufriedenstellen. Seitens der Band glänzte man zudem mit freundlichen und bodenständigen Ansagen, und lud zudem zum entspannten Gespräch mit der Band nach der Show ein. Ein gelungener Abschluss also für einen in jeder Hinsicht ordentlichen Konzertabend, bei der keine Band nur einfach mitgenommen, sondern viel mehr wirklich erlebt wurde.