02.05.2012: Every Time I Die, Cancer Bats, Set Your Goals, Make Do And Mend - Frankfurt - Batschkapp

02.05.2012
 

 




Ein Hardcore-Konzert ohne ständige Moshparts – das ist natürlich nicht nur in der Frankfurter Batschkapp eine heikle Sache, publikumstechnisch betrachtet. Ohne Frage besteht aber genau darin der Reiz der Tour um Every Time I Die: Mit Make do and Mend und Set Your Goals hat man sich zwei sehr punkige, teilweise in den Pop abdriftende Bands ins Boot geholt, während die Cancer Bats dem eigenen Southern-Rock-beeinflussten Metal doch sehr ähneln. Ob das ankommt?

First things first. Es ist gerade einmal 19.30 Uhr, da wird man in der Batschkapp bereits von MAKE DO AND MEND erwartet. Der Andrang vor der Bühne ist wie zu erwarten war eher spärlich, dennoch bin ich sicherlich nicht der Einzige im Raum, der froh ist, dass man sich heute keine semiprofessionellen Supportbands reinziehen muss – nichts gegen solche, aber vier Bands an einem Abend sind echt genug. Die vier Jungs aus Connecticut dürfen sich glücklich schätzen, bereits das 2. Mal mit wirklich namhaften Bands auf europäischem Festland unterwegs zu sein: Auch mit Hot Water Music war man im August 2011 bereits in der Batschkapp zu Gast. So ist man kein unbeschriebenes Blatt mehr und macht seinen Job als Anheizer sehr gut. Die Setlist konzentriert sich verständlicherweise stark auf die letzte Veröffentlichung „End Measured Mile“ („Unknowingly Strong“, „Oak Square“, „Unknowingly Strong“), aber mit „Shambles“ und „Winter Wasteland“ kommt auch der Vorgänger „Bodies of Water“ nicht zu kurz. Mit „Night’s the Only Time of Day“ spart man sich dann noch einen der Mitsing-Hits bis zum Ende auf. MAKE DO AND MEND punkten auch mit Ersatz-Bassist in puncto Spielfreude und Sauberkeit. Gut zu wissen, dass die Band bereits am 3. Oktober wieder in der Batschkapp zu sehen ist – dieses Mal dann mit den Wave-Kollegen von La Dispute und Title Fight.

Mit SET YOUR GOALS steht im Anschluss die ohne Zweifel softeste Kapelle des Abends auf den Brettern. Die Menge lässt sich ein wenig näher vor die Bühne locken, zeigt sich aber trotzdem noch zu großen Teilen reserviert. Die Pop-Punk-Speerspitze aus Kalifornien lässt sich davon nicht entmutigen und tritt gewohnt routiniert auf. „Goonies Never Say Die!“ ist der erste Song. Ab jetzt gibt es sogar ein bisschen Bewegung im Moshpit, SET YOUR GOALS fordern zu mehreren Circle Pits auf. Die beiden sehr sympathischen Sänger Jordan und Matt finden auch hier und da immer mal wieder jemanden, der mitsingen kann. Dass das neue Album „Burning at Both Ends“ auch hierzulande nicht besonders gut angekommen ist, scheint die Band geahnt zu haben. Der einzige neue Song, der live präsentier wird ist „Certain“ – meiner Meinung nach sogar noch die stärkste Nummer von dem wirklich enttäuschenden Werk. Allerdings erwähnt Jordan auch die 2 neuen Songs, die vor kurzem hochgeladen wurden. Meiner Meinung nach machen wenigstens die ja wieder Hoffnung, dass die Band nochmal an „This Will be the Death of Us“ herankommen kann. Fans dieses Albums kommen bei „Summer Jam“, „The Few that Remain“ oder „Gaia Bleeds“ sicherlich voll auf ihre Kosten. Auch mein persönliches Lieblingslied der Band, „Echoes“, wird gespielt. Mit „Mutiny“, dem vielleicht größten Hit der Band, ist dann nach einer halben Stunde auch schon wieder Schluss. Der Blick auf die Uhr verrät, dass es erst 20.45 Uhr ist.

Ihren guten Ruf in der Hardcore- und Metalszene haben sich die CANCER BATS sicherlich redlich verdient. Nachdem man jahrelang gearbeitet und sich den Arsch abgetourt hat, ist das Bandprojekt seit einigen Jahren verdienterweise zu einer Art Selbstläufer geworden und die Jungs müssen sich wenigstens mal keine Sorgen mehr machen, ob sie nach der Tour auf 0 rauskommen. Energiepaket Liam Cormier leitet die Batschkapp durch einen schweißtreibende halbe Stunde voller guter Songs („Pneumonia Hawk“, „Sleep this Away“). Vor gerade einmal zwei Wochen hatten die Kanadier ihr neues Album „Dead Set on Living“ veröffentlicht (was übrigens am Merchstand auch durch diverse Shirtaufdrücke kaum zu übersehen ist) – klar dass da auch neue Songs gespielt werden. Die kennt zwar kein Arsch, das tut der ausgiebigen Bewegung im Moshpit allerdings keinen Abbruch, wobei Liam die Menge auch immer weiter anheizt und seinen Job als Frontmann wirklich gut macht. Leider gibt es obligatorischerweise wieder ein paar Idioten, die meinen sie müssten Spinkicks in andere Leute rein machen, ohne auch nur einen Song am Abend zu kennen. Aber das ist ja nix Neues. Ich könnte schwören, dass die CANCER BATS damals, als ich sie das letzte Mal gesehen habe (Ende 2007 auf der Never Say Die Tour), noch zu fünft waren, also mit einer Gitarre mehr. Bin mir aber nicht sicher. Fest steht jedenfalls, dass Scott Middleton an seinem Instrument ein dermaßenes Tier ist, dass fast jeder Gegenpol da einfach nur alt gegen aussehen würde. Auch mit nur einer Klampfe erreicht die Band eine Vielfalt, aber dennoch eine Wucht im Sound, von der die endlos große Armee an gleichklingenden Metalcore-Bands nur träumen kann. „Hail Destroyer“ als letztes Lied, damit macht man sicherlich bis zum Schluss alles richtig.

Inzwischen dürfte eigentlich für jeden was dabei gewesen sein, trotzdem wartet der ganze Laden (wobei er heute eher nur halbvoll ist) auf EVERY TIME I DIE. Und die statuieren wie gewohnt in vielerlei Hinsicht ein Exempel. Ich habe seit der Hell on Earth Tour 2010 eigentlich noch nicht verkraftet, wie man dermaßen viel mit seinem Instrument rumspringen und rumhampeln kann wie Jordan Buckley, ohne dabei auch nur eine Note zu versauen. Und heute ist es wieder dasselbe Spiel. „I want to be dead with my friends“ – ohne Umwege schmettert einem der Fünfer aus Buffalo gleich mal den ersten Song ihres neuen Albums „Ex-Lives“ um die Ohren. Selbiges hat es in den USA sage und schreibe auf Platz 25 der Charts geschafft, was ja für Künstler aus härteren Gefilden wirklich kein Kinderspiel ist. Das spricht wohl für sich. Inzwischen eilt EVERY TIME I DIE ihr Ruf voraus. Und sie halten live all das, was sie auf Platte versprechen. „Wanderlust“ als zweiter Song ist da ein perfektes Beispiel. Mit 6 Studioalben kann man natürlich auf ein riesiges Repertoire zurückgreifen, sodass auch Fans der alten Schule bedient werden („Floater“, „Bored Stiff“, „The New Black“). Weitere neue Songs sind „I Suck Blood“ und „Typical Miracle“. EVERY TIME I DIE zeigen sich zwar äußerst dankbar, verzichten aber darauf, große Reden zu schwingen. Stattdessen lassen sie Taten sprechen. Auch im Moshpit gibt es noch einmal etwas Zuwachs zu verzeichnen, unter dem Strich hätte man aber durchaus mehr Gäste erwarten können. Stagedivetauglich ist das Konzert jedenfalls nicht, was der ein oder andere übermütige Fan auch schmerzlich zu spüren bekommt. Kaum mehr als 45 Minuten sind verstrichen, da verlassen EVERY TIME I DIE auch wieder ganz unspektakulär - ohne Zugabe - die Bühne. Von der Bodenständigkeit der New Yorker, so meine Meinung nach dem Abend, kann sich so manch eine gehypte Band ruhig mal eine Scheibe abschneiden.