05.06.-07.06.2009: Rock Am Ring - 2009 - Nürburgring

05.06.0008
 

 

Freitag:
Schon seit ein paar Monaten herrschte bei Ebay der Run auf die letzten Tickets für das wohl bekannteste deutsche Musikfestival: ROCK AM RING. Glücklich konnten all diejenigen sein die in letzter Minute noch über eins der unzähligen Gewinnspiele an Karte kamen oder eine der Ebayauktionen mit nur 60 Euro oder gar 1,50 Euro gewannen. Normalpreis für ein Ticket inkl. Camping lag im VVK bei rund 130 Euro. Viel Geld für das man hohe Erwartungen an das Festival hegte. Aber schon am Freitag machte einen das Wetter eine Strich durch die Rechnung. Zwar war es bis zum späten Nachmittag weitestgehend trocken, aber die folgenden Tage sollten Festivalgelände und Campingplatz in Regen, Matsch und Müll versinken.

Da auch wir zu den glücklichen Gewinnern zweier Rock Am Ring Tickets zählten, dies uns aber recht überraschend mitgeteilt wurde, ging es erst am späten Freitag Nachmittag gen Nürburgring. Wenigstens hatte man jetzt keinen Stau auf den Zufahrtsstraßen mehr zu befürchten wie in den Tagen zuvor. Die Campingplätze öffnen bei Rock Am Ring schon Tage vor dem eigentlichen Festivalbeginn, ziehen aber schon dann rund 3/4 aller Festivalgänger dort hin. Folge dessen war es schwer einen Parkplatz oder gar Zeltplatz in Festivalnähe zu finden. Gut wenn man Freunde oder Bekannte hat die bereits zwei Tage zuvor angereist sind. Trotz aller Eile und dem reservierten Campingplatz haben wir es nicht geschafft frühzeitig auf dem Festivalgelände zu sein. Die Organisation des Festivals war in Punkto Shuttlebusse, Wristbandausgabe und Einlass wahrhaft verbesserungswürdig. Zu wenig ungeschultes Personal am Einlass, zu wenig Shuttlebusse für zu viele Besucher und zu chaotische Zustände bei den Kontrollen von Taschen, Getränken und Einlassbändern.

Und so stand man erst zu Enter Shikari endlich auf dem Gelände und vor der sogenannten Alternastage. Wie der Name schon sagt sollen hier in den nächsten Tagen die alternativen Bands der Rockmusik auftreten. Das Festival haben hier am Mittag Exposed To Noise eröffnet. Sie haben den Ringrocker-Contest in Oberhausen um einen Platz bei Rock am Ring im Vorfeld gegen Bands wie Parachutes oder At The Farewell Party ganz knapp gewonnen. Zu Recht oder Unrecht, davon kann man sich leider nun kein Bild mehr machen denn Enter Shiakri haben bereits ihr X-Meter großes Backdrop hochgezogen und performen neue und alter Songs. Dabei wirbelt das Publikum durch viel Bewegung vor der Bühne ganz schön den Kies und Staub auf. Man kann kaum Atmen, aber für das obligatorische Klatschritual bei Sorry, You're Not A Winner reicht die Luft in den Lungen der Rund 10.000 Anwesenden noch aus. Der Rest der Festivalbesucher ist zur gleichen Zeit bei Razorlight auf der Hauptbühne oder im Coca Cola Zelt zu vermuten.

Der Rest der Besucher hatte aber auch das Glück am Nachmittag Selig zu sehen. Dieses Glück bleibt unser leider verwehrt. Wer aber über ein iphone oder twitterfähiges Handy verfügt, konnte sich den Tweet der Ringrocker Community abonieren und erhält zu späterer Stunde die Info über einen Geheimauftritt auf dem Campingplatz. Auf welchen genau, davon ist leider keine Rede. Schade!

Kaum sind Enter Shikari von der Bühne beginnt der Umbau für Papa Roach. Vor der Bühne schiebt und prallen zwei Fangemeinden aufeinander. Es ist kaum möglich von der Alternastage weg zukommen ohne in einen der unzähligen Kleinstreits unter Fans zu geraten. Irgendwann ist aber auch das geschafft. Denn Papa Roach kann man sich durchaus auch aus der Entfernung ansehen. Die Herren aus Kalifornien rattern innerhalb von rund 40 Minuten alle ihren großen Hits runter: Last Resort, Getting Away With Murder und Scars... um nur ein paar zu nennen.

Aber da mein Interesse für Papa Roach noch nie all zu groß war zieht es mich gen Centerstage. Genau wie einen Großteil aller Rock Am Ring Gänger. Hier sollen gleich Placebo noch vor The Killers auftreten. Eine etwas seltsame Reihung der Bands wenn man bedenkt das Placebo eigentlich die größere Fanbase haben dürften und auch schon länger im Geschäft sind. Aber düsterer Alternative-Rock findet der Tage wohl nicht mehr so viel Anklang wie die ganze britische Indienummer. Und das obgleich The Killers aus den Staaten stammen. Den Auftritt von Placebo sollte man sich jedoch nicht entgehen lassen, erst recht nicht weil es einer der ersten mit der neuen Platte ist. Diese hatte die Band ein paar Tage zuvor schon im Kölner Gloria vorgestellt, allerdings nur in sehr kleinen Rahmen. Hier werden sie von 10.000den umjubelt. Aber auch Placebo setzen bei der Songauswahl ganz klar auf die Hitlinie. The Bitter End und Every Me And Every You werden vom Menschenmeer textsicher mitgesungen. Und auch wenn man von einen der hinteren Plätze kaum einen Blick auf die Bühne erhaschen kann, so kann man doch erahnen was auf der Bühne vor sich geht. Und wer nicht spekulieren oder sich den Hals verrenken will, für den gibt es ja immer noch die metergroßen Digitalleinwände auf denen das Treiben auf der Bühne übertragen wird.

Zeit die Bühne mal wieder zu wechseln und einen Blick in das Coca Cola Soundwave Tent zu werfen und sich ein wenig Basement Jaxx anzuschauen. Diese kann man getrost den Stempel überflüssige Band aufdrücken. Da wäre man doch besser wieder zurück zur Alternastage gegangen und hätte sich mit Tausenden um einen guten Platz vor der Bühne gekloppt um Killswitch Engage oder den legendären Marilyn Manson zu sehen. Aber dank der weiten Wege die man zwischen den Bühnen zurücklegen muss wird das nichts mehr mit Killswitch-Schauen. Und auch die Mason-Tracks sind nur aus der Entfernung zu erahnen.

Es ist der weilen auch wirklich kalt geworden. Also zieht es mich zurück ins Cola-Zelt. Die ganz große Band des Abends, Korn wird einfach mal verschmäht und die Zeit mit der deutschen Kapelle Polarkreis 18 und einem Bier für noch recht verträgliche 2,80 Euro totgeschlagen. Das Schöne am Coca-Cola Zelt ist, dass es hier eigentlich zwei Bühnen gibt. Immer im Wechsel treten hier die Bands auf. Manch Einer mag sich dabei an Taste-Of-Chaos erinnert fühlen, dort hatte es dieses System auch bereits gegeben. Allerdings mit mehr Verlusten als bei Rock Am Ring. Hatten man beim TOC den Soundcheck der Folgeband schon mitten im Set der gerade Spielenden starten lassen, so hört man hier nur vereinzelnd Soundcheck Geräusche von der nebenan gelegenen Bühne. Befindet man sich direkt vor der aktuellen Bühne bekommt man sogar gar nichts vom Umbaustress nebenan mit. Mein Lob! Auch an Polarkreis 18, obgleich diese mit extrem verzerrter und mit ordentlich Hall unterlegten Mainvocals arbeiten. Das Publikum wartet eh nur auf Ihren großen Hit Allein Allein. Schade denn die Band hat durchaus weitere schöne Tracks zu bieten. Ob man aber unbedingt Geld ausgeben sollte die Band zu sehen bleibt fraglich. Viel fürs Auge bieten sie in ihren weißen Ganzkörperkondomen und mit ihrer Bewegungsfaulheit zu mindest nicht. Auf Platte für die Badewanne oder zum Entspannen aber absolut zu empfehlen.

Und so geht der erste Tag von Rock Am Ring seinem Ende zu. Obgleich, wirklich zur Ruhe wird heute Nacht keiner kommen. Denn wer sich nicht in eins der beiden Partyzelte begibt, der wird vermutlich auf den Campingplatz noch ordentlich einen drauf machen und das ein oder andere Bier verschlingen. Ihre Ruhe werden heute Nacht aber auch die Alkoholabstinenzler nicht bekommen. Dafür gibt es schlichtweg zu viele, große Menschengruppen mit noch größeren Generatoren und Musikanlagen die die komplette Nacht das Zeltmeer beschallen. Na dann gute Nacht...

Samstag:
Es war eine kurze Nacht und es hat geregnet. Ja es regnet sogar immer noch und will auch den ganzen Tag über kein Ende finden. Schlimmer als der Regen ist für mich jedoch die Feststellung, dass wer einmal bei Rock Am Ring ist, dort kaum eine Möglichkeit finden wird frühzeitig ohne Auto wieder weg zukommen. Die Shuttlebusse fahren erst ab 12 Uhr. Ärgerlich! Aber so kann man sich immerhin über einige gute Bands am heutigen Tage freuen.

Die erste Band die diese freudigen Gefühle bei mir auslöst spielt jedoch erst gegen 19 Uhr. You Me At Six aus England. Eine der wohl jüngsten Truppen auf dem Festival. Sie haben Anfang des Jahres bereits eine erfolgreiche Clubtour in Deutschland gespielt und ziehen auch jetzt wieder viele, vor allem junge Festivalbesucher vor eine der Coca-Cola Bühnen. Leider jedoch ist ihre Spielzeit mehr als knapp bemessen. Nur ca. 25 Minuten Setlänge. Aber ausreichend um Tracks wie Save It For The Bedroom und The Rumour zu performen. ...Hold your hands in, into the air - Hold your hands as, as if you care... wird kräftig mitgegröhlt. Schade nur das You Me At Six es mal wieder nicht für nötig halten den Song der Platte entsprechend am Ende mit Shoutings zu versehen.

Auf der Alternastage ist heute scheinbar großer Indie-Tag. White Lies, Bloc Party und Mando Diao geben sich die Klinke in die Hand. Mando Diao werden als inoffizieller Headliner des kompletten Festivals gehandelt. Trotzdem kommt bei dem heute herrschenden Wetter wenig Lust auf das Coca-Cola Zelt zu verlassen. Und so statte ich nur den lieben Leuten am Atticus Stand einen kurzen Besuch ab und schon geht’s zurück ins warme und vor allem trockene Zelt. Madina Lake haben so eben ihr Set auf der linken Bühne beendet. Die wasserstoffblonden Zwillingsbürder und ihre zwei Kollegen müssen zur Autogrammstunde an den XXX Stand. Auf der Bühne nebenan geht der Vorhang auf für A Day To Remember. Diese schmettern als ersten Song Downfall Of Us All raus. Da kommt ordentlich Bewegung ins Publikum. Schon während des Auftritts von You Me At Six hatte man viele ADTR T-Shirts in der wartenden Menge zählen können. Jetzt wird ihre Geduld endlich durch den Auftritt der fünf Amerikaner belohnt. Leider ist das Set, welches sie heute Abend darbieten, nicht das was man sich gewünscht hatte. Auf Songs wie Since You've Been Gone, ein gelungenes Cover des Kelly Clarkson Hits, muss man ganz verzichten. Dafür gibt’s Mr. Highways Thinking About The End und NJ Legion Iced Tea zu hören. Nach 30 Minuten werden A Day To Remember von der Bühne geholt, da nützen auch alle Zugabe-Rufe nichts. Die Runnigorder und dessen Zeitfenster sind strikt einzuhalten, kein Spielraum für die Bands.

Tritt man nun vor das Zelt, so kann man mit etwas Fantasie Reamonns Auftritt von Irgendwo hören. Ihm wurde fast eine Stunde Spielzeit gegeben. The Prodigy die auf der Centerstage spielen und meine nächste Band der Begierde darstellen, dürfen sogar über eine Stunde spielen. Sie legen einen großartigen Auftritt hin der auch die Rockfraktion überzeugen dürfte, trotz Electrobeats und Samples. The Prodigy ist eine der Bands, die man mal gesehen haben sollte, und sei es im strömenden Regen aus einer der letzten Reihen. Der Sound ist laut genug um auch in der letzten Ecke vor der Centerstage genug zu hören.

Alexisonfire, Biffy Clyro und The Gaslight Anthem spielen in dieser Reihenfolge nun im Zelt. Da bleiben keinerlei Wünsche offen. Auch wenn es eine Weile lang eher ruhig um Alexisonfire war, verlernt haben sie ihr Handwerk keinesfalls. Und auch Biffy Clyro können überzeugen. Gefühlvolle Texte, stimmige Riffs und drei Männer mit blanken Oberkörper werden dem Publikum geboten. The Gaslight Anthem hingegen tragen Hemd, sind aber nicht weniger sehenswert. Ihr Sound unterscheidet sich jedoch merklich von dem der zuvor gesehenen Herren. Die Vier setzen mehr auf punkige Elemente und soullastigen Sound. Aber auch dieses Prinzip kommt scheinbar gut an. Denn selbst die Leute die zuvor in den hinteren Ecken des Zeltes saßen oder sich einfach nur vor dem Unwetter schützen wollten, recken die Hälse um ein wenig von dem Aufritt zu sehen.

Es ist spät geworden. Mando Diao rocken noch die Alternastage, Slipknot sind schon seit einer Stunde von der Bühne. Bleibt nur noch eine Band die es sich lohnt heute Abend anzusehen: Dredg. Vor einiger Zeit hatten auch sie eine kleine, ausverkaufte Show im Kölner Gloria gespielt. Ähnlich wie bei Placebo hatte es auch um die Karten von Dredg einen großen Run gegeben. Jetzt versteht man auch wieso. Denn das was Dredg da zeigen und hören lassen, unterscheidet sich doch merklich von alle Bands die man zuvor im Zelt hatte sehen können. Ähnlich wie schon gestern Abend beendet auch heute eine Band die eher mit ruhigen Songs überzeugt als rockt den Tag. Und das mit über einer Stunde Spielzeit. Und die lohnt es sich wirklich auszukosten. Abschalten, Augen schließen und einfach mal Musik genießen und nicht nur abrocken. Sorry But It's Over wird als dritter, Bug Eyes als einer der Letzten Songs performt. Was für ein Tagesabschluss, jetzt nur noch einen der letzten Shuttlebusse bekommen. Die fahren nur bis 4 Uhr und es ist bereits weit nach 3 Uhr, mit Busüberfüllung ist zu rechnen.

Sonntag:
Während sich der Ein oder Andere nochmal im Zelt umdreht oder trotz Regen versucht den Grill zum laufen zu bekommen, mache ich mich schon mal auf den Weg gen Festivalgelände. Denn bereits um kurz vor 16 Uhr sollen heute New Found Glory spielen. Eine der Bands die manch einer als eine der ersten Emopunker abstempeln würde. Aber kann man das wirklich? Auch wenn die Texte der fünf aus Florida das vermuten ließen, Kinder von Traurigkeit sind sie keinesfalls. Auf den Großleinwänden lässt sich eindeutig sehen, dass sie ihren Auftritt genießen und sich feiern lassen. Toll diese Band nochmal live sehen zu dürfen, es muss schon über 5 Jahre her sein, dass ich sie mal gesehen habe. Leider kommen sie nicht bei jedem so gut an. Die Stimmung in den hinteren Reihen ist eher verhalten, nur ganz vorne lassen sich einige treue Fans der Band vermuten, denn dort scheint auch Bewegung zu herrschen.

Und da bis zum Auftritt der nächsten für mich sehenswerten Band noch etwas Zeit bleibt, kann man ja nochmal einen Blick über das Gelände werfen. Autogrammstunde von Bring Me The Horizon am Metalhammer stand. Und da wundert es einen noch wieso quer über das Gelände eine lange, in Müllsäcke gehüllte Menschenschlange steht. Den Spaß machen wir mal mit. Fast 20 Minuten dauert es dann steht man vor den ach so umschwärmten Briten und fragt sich was immer alle an diesen Oli Sykes finden. Auch aus der Nähe wird dieser nicht hübscher, da nützt auch keine Ganzkörpertattoovierung. Allerdings scheine ich mit dieser Meinung allein da zu stehen. Es ist ein wenig wie man die Stimmung auf einen Tokio Hotel Konzert vermuten könnte. Da wird geschrien, geknipst und gequietscht was das Zeug hält. Der U18 Fraktion der BMTH Anhänger hat der gute Herr es doch sehr angetan. Ich ergattere ein Autogramm für die daheim gebliebene Freundin und verkrümmel mich wieder. Den Auftritt der Herren am Abend werde ich mir trotzdem anschauen.

Aber nun sind erstmal Kettcar dran. Die Deutschrocker sind für mich der Inbegriff von Festivalstimmung. Kettcar machen einfach Spaß. Ihr Songs reichen von tiefgründig über gefühlvoll bis hin zu feiertauglich. Die perfekte Mischung. Da darf man sich dann auch mal in das Gewimmel vor der Bühne begeben und ein wenig mittanzen.

Und dann geht auf einmal die Welt unter. War es bis eben noch relativ trocken gewesen, regnet es urplötzlich fast waagerecht auf die Festivalbesucher ein. Der Wind fegt alles was nicht Niet- und Nagelfest ist quer über das Gelände. Der Wind wirft einen fast von den Füßen. Er ist so stark, dass es einen ohrenbetäubenden Knall tut und plötzlich flattern die übergroßen Banner der Alternastage nur noch am seidenen Faden hin und her. Es hat sie doch glatt von den Bühnengerüsten abgerissen. Kurz darauf ist alles wieder vorbei. Sogar die Sonne lässt sich blicken. Die Welt ist doch noch nicht ganz untergegangen.

Ehe man sich wieder ins altbewährte Cola-Zelt begibt, geht es nun in luftige Höhen. Ein einschlägiger Hersteller von hochalkoholischen Kräuterschnaps hat sich etwas ganz besonderes einfallen lassen. Eine fliegende Bar. Alles was man tun muss um dabei zu sein ist eine SMS an eine Gewinnnummer zu schicken, und zack bekommt man Antwort wenn man gewinnt und ein paar Stunden später findet man sich in 50 Meter Höhe über den Festival und kämpft gegen seine Höhenangst an. Gut, dass es hier oben Freigetränke gibt. Zwei bis drei Kurze pro Person um genau zu sein. Trotz aller Angst hat man von hier oben den besten Ausblick auf das Festival. Auf der Centerstage spielen Guano Apes die ich noch nie leiden konnte, auf der Alternastage Chris Cornell. Nach rund 20 Minuten hat der Höhenflug sein Ende und ich bin froh wieder festen Boden unter den Füßen zu haben.

Billy Talent wird verschmäht, es geht wie angekündigt zurück ins Zelt um Bring Me The Horizon zu schauen. Das dies die falsche Entscheidung war zeigt sich schnell, denn die Band rattert relativ lustlos einen Song nach dem anderen runter. Diamonds Aren't Forever wird gefolgt von Footballseason Is Over. Bleibt zu hoffen das der Auftritt gestern Abend in der Kölner Werkstatt besser war. Mich können BMTH wenig überzeugen. Wie gut das mit Hollywood Undead als nächstes eine Spaßtruppe auf der Bühne stehen. Das hebt die Laune wieder. Die Herren sind aktuell mit Limp Bizkit (heutiger Centerstage Headliner) unterwegs und performen einen recht außergewöhnlichen Mix aus allerlei Musikrichtungen. Rap trifft auf Samples, XY-Core auf elektronische Beats und cleaner Gesang mischt sich mit Shouts. Nicht bei allen Songs der Band bedarf es einer Gitarre, auch nur mit Drums, Keyboard und Percussions können respektable Songs aufgeführt werden. Zur Mitte des Sets hin fallen dann auch die Masken die das Markenzeichen der Band sind. Und wer Hollywood Undead bisher nicht kannte, der hat vielleicht aber doch schon mal den zu guter Letzt performten Tack gehört: No. 5. Schließlich wird dieser hin und wieder mal bei MTV und Co zum unterlegen einiger Beiträge, Shows und Reportagen verwendet. Eignet sich aber auch für's Festival. Klasse Auftritt.

Nun folgt die Band auf die ich seit Freitag warte: Gallows aus good old England. 45 Minuten lang leben und toben sich die fünf auf der Bühne kräftig mit einer ordentlichen Portion Hardcore-Punk aus. Bei einem Song bekommen sie sogar Unterstützung von Mr. Gesichtskirmes persönlich, sorry ich meine natürlich Oli Sykes. Aber auch dieser Track kommt gut beim Publikum an. Komisch nur, dass nicht so viel los ist wie erwartet. Die Leute die sich Gallows anschauen scheinen in zwei Lager geteilt zu sein. Die einen die Fans und Freunde der Band sind und sie ganz groß feiern, und die anderen die eher verhalten am Rand stehen und mit dem Kopf oder Fuß wackeln. Gallows Sänger Frank Carter findet sich ein paar mal in der Menge wieder und auch einer seiner Gitarristen kommt dem Publikum besonders nahe, schafft es aber nicht wieder auf die Bühne zu klettern. Also rennt er kurzerhand um die selbige herum. Auch wenn es die Band noch nicht all zu lange gibt, knapp vier Jahre spielen die fünf schon zusammen, so haben sie es doch weit geschafft. Ihre Anhängerschaft wächst stetig an und bald sind sie sogar mit einem Track auf der Legends Of Rock Ausgabe des Kultspieles Guitar Hero vertreten. Es sei ihnen gegönnt.

All That Remains wird sich noch halbherzig angeschaut und auch einen Blick auf die Visual-Key-Rocker von Dir En Grey, lass ich mir nicht nehmen. Was Visual-Key ist musste ich jedoch auch erst lernen. Man könnte es kurz als Emo meets Manga meets Japan Szenespiel beschreiben. Die Musik der Herren ist aber eher sehr düster und laut. Weniger süß und verspielt wie man es von Japanern erwartet hätte. Obgleich noch Größen wie The Kooks oder Limp Bizkit auftreten ist Rock Am Ring für mich für dieses Jahr gelaufen. Lediglich Peter Fox schaue ich mir noch an. Zu ihm muss man wohl nicht all zu viel sagen. Der Kerl ist einfach ein geborenes Entertainertalent. Wer ihn nicht mag oder kennt, könnte seine Show jedoch im wahrsten Sinne für affig halten. Denn der gute Herr legt eine menge Wert auf seine Bühnenshow. Frauen, Kostüme, Gastsängerinnen und Rapper. Das Gesammtpaket Peter Fox kommt jedoch durchaus gut rüber. Da kann man sich selbst bei der Kälte und dem Wind noch mal zum Mitsingen anregen lassen. Die Texte seiner Songs dürften jedem bekannt sein.

Und so geht das Megaevent Rock Am Ring gegen zwei Uhr morgens zu Ende. Nur die Camper, so darf vermutet werden, werden in dieser Nacht nochmal dem Wetter trotzen und ordentlich feiern. Drei anstrengende, musikalische Tage liegen hinter den Rund 85.000 Besuchern des ausverkauften Festivals. Und man darf damit rechnen, dass die Meisten von ihnen auch im nächsten Jahr wieder mit dabei sein werden. Einmal Ringrocker, immer Ringrocker!