06.06.-08.06.2008: Rock Am Ring - Nürburgring

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Cherry Picking galore. DAS große Festivalwochenende mit Rock am Ring und Rock im Park ist im Kalender markiert und in halboffizieller Mission wollen sich die Allschools Abgesandten nicht das eine oder andere Highlight entgehen lassen.

Rock am Ring steht für wilde Campingexzesse, Getränke in Tetrapacks, schlechte Essensbuden (aber auf welchem größeren Festival kann man schon gut speisen?) und für ca. 90% der 85.000 Besucher, den absoluten Vollrausch des Jahres. Blaumann, Uniform und feinster Kaschmirzwirn werden an diesem Wochenende daheim gelassen und der eigene Status vielmehr mit dem größten Grill, dem größten Zelt, den kältesten Getränken oder gar einer eigenen Energieversorgung unter Beweis gestellt. Es ist das Wochenende der soziokulturellen Parallelverschiebung, bei dem Hasenkostüme, Teletubby Outfits, riesige Aufblaspenise und T-Shirts mit intelligenten Sprüchen an der Tagesordnung stehen. Rock am Ring ist der Ballermann der chartaffinen Rockgemeinde. Hoffentlich trifft man hier keinen Arbeitskollegen und hoffentlich wird das Dixi-Klo nicht gerade dann umgeschmissen, wenn man seiner Notdurft mal offiziell nachkommt...

Day 1 - Friday

Für die anwesenden Allschools Redakteure begann das Festivalwochenende erst nach der Arbeit, sprich am Freitag Abend als man sich über die landschaftlich ansprechenden Kurven um den Nürburgring bewegte. Mit der Ankunft auf dem Festivalgelände eröffneten COHEED AND CAMBRIA gerade ihr Set auf der doch ziemlich entfernten Suzuki Alternastage und so entschied man sich kurzerhand an der Centerstag zu verweilen und dem laufenden Auftritt von INCUBUS zu folgen. Besonders die weibliche Fraktion folgte sichtlich erregt der Performance von Frontmann Brandon Boyd entweder in den vorderen Reihen oder an einer der Großbildleinwände. Mit gehörigen Hits wie "Nice To Know You" oder auch "Drive" ausgestattet, lieferte man ein souveränes Festivalset ab.

Das Highlight des ersten Abends stand jedoch erst noch auf dem Programm. RAGE AGAINST THE MACHINE und ihr Live-Comeback waren Grund genug für viele Musikfreunde den Weg an den Nürburgring anzutreten. Es lässt sich nicht sagen, wie viele RaR Besucher nach Eintritt der Dunkelheit und um Punkt 22:00 Uhr noch an den anderen beiden Bühnen bei den letzten Tönen der CAVALERA CONSPIRACY oder bei ROONY verweilten, ein Blick über das stark komprimierte Festivalgelände vor der Centerstage, ließ jedoch lediglich auf eine Hand voll schließen. Doch nun galt es Zack De La Rocha und Tom Morello Live und in Farbe zu erleben und die Headliner dieses Festivaltages verstanden es Erwartungen überzubefriedigen. Auf der Bühne: Energie pur und perfekter Sound, vor der Bühne: Absolute Demontage und frenetische Hingabe. Bengalische Feuer wurden gezündet und verwandelten den Pit in ein wahres Inferno und auch auf der Pressetribüne lagen sich die Leute in den Armen und nippten am eiskalten Prosecco. Ganz klares Highlight!!

Aber auch JUSTICE verstanden es Ekstase zu verbreiten und ließen das komplette COCA COLA SOUNDWAVE CLUB TENT wackeln. Mittlerweile regnete es am Nürburgring und im Zelt dampften die Feierwütigen vor dem grell leuchtenden Kreuz vor sich hin. Spätestens mit dem Überhit "We Are Your Friends" erreichte die Party ihren Höhepunkt�

Day 2 - Saturday

Nach einer verregneten Nacht wurden die Festivalbesucher von Nebelschwaden, ausgeprägten Kopfschmerzen und der üblichen Festivalbeschallung wachgerüttelt. Als entspannten Auftakt in das Tagesgeschehen wählte man die Alternastage, wo HOT CHIP gerade ein wenig Electropop unters Volk brachten. Nach und nach strömten die Massen von den verschiedenen Campingbereichen aufs Festivalgelände und spätestens bei "Ready for the Floor" war der Kater vom Vortag abgeschüttelt und das Tagesgeschehen durfte offiziell seinen Lauf nehmen.

Madame Freckles aka KATE NASH nahm wenig später mit knallrotem Lippenstift und schickem Kleidchen hinter ihrem Piano Platz. Gut gelaunt, mit wunderschönen Melodien und ihrem herrlichen Akzent verzauberte sie das Publikum obwohl dann doch jeder auf den Überhit "Foundations" wartete. Besonders sympathisch war übrigens auch die Ansage an die immer näher rückenden Kameraleute, sich doch ein wenig mehr zur Seite zu bewegen, damit die Protagonistin auch ihr Publikum besser sehen kann, und anders rum.

Nun durfte es auch langsam lauter werden und mit IN FLAMES auf der Centerstage schienen die Vorraussetzungen ideal. Man war gespannt wie die Melodic Death Metal Salven vom Rock Am Ring Publikum aufgenommen werden würden aber mit einer gesunden Hitdichte sorgte man ab 17:30 Uhr für die ersten Nackenverspannungen des Tages. Dem Gros der Chartrocker waren die Töne der Schweden vermutlich ein wenig zu hart, andere Gesichter strahlten zu dieser Stunde jedoch um so heller.

Für NIGHTWISH verkroch man sich möglichst weit außer Hörweite der Center Stage doch für THE OFFSPRING fand man sich dann wieder gemeinsam ein. Das neue Album der Herren wartet derzeit auf seine Veröffentlichung und einen ersten Song konnte das anwesende Publikum an diesem Abend bereits konsumieren. Ansonsten zückte man das Hitreportoire aus der eigenen Historie und ließ die Massen fröhlich tanzen und feiern. Insgesamt lieferten THE OFFSPRING einen guten, wenn auch nicht überragenden Auftritt ab.

Doch alles zuvor gehörte galt es nun zu toppen. Eine nervöse Unruhe machte sich sowohl vor der Bühne als auch auf der Tribüne breit. So weit das Auge reichte Menschenmassen. James Hetfield und seine Mannen prägten mehr als ein viertel Jahrhundert Metal Geschichte und auch wenn man nicht sämtliche Aktionen der Rockstars (auch abseits der Musik) in den letzten Jahren gutheißen mag, stellten METALLICA an diesem Abend über 2 Stunden ihren Status eindruckvoll unter Beweis.

Direkt nach dem Intro wird der Meute "Creeping Death" um die Ohren gedroschen und ein einziger Moshpit machte sich breit. METALLICA haben sich an diesem Abend den Klassikern verschrieben und dies bedeutete zunächst einmal drei Hits von "Ride The Lightning", bevor "Harvest Of Sorrow" den Adrenalinspiegel weiter in die Höhe treibt. Mit "Bleeding Me" und "Devil's Dance" wird auch noch kurz der "Load" und "Reload" Zeit Tribut gezollt, bevor es mit "Master of Puppets" oder "Whiplash" erneut weiter in die Vergangenheit geht. Die letzten Songs des regulären Sets stehen dann ganz im Zeichen des "Black Albums" und die jüngere Generation brüllt lautstark bei "Enter Sandman", "Sad but true" und "Nothing else matters" mit. Ein glorreicher Triumphzug wird in der Zugabe mit "Motorbreath" und "Seek and Destroy" begossen und war einfach nicht mehr zu übertreffen.

DANKO JONES zelebrierten nachfolgend zwar noch ihre "Sticky Situation" mit viel Rock'n'Roll und Benzin im Blut, dennoch verblasste der Auftritt bei dem vorangegangenen Highlight.

Day 3 - Sunday

Der dritte und letzte Festivaltag war irgendwie anders und hierfür war nicht nur die Tatsache verantwortlich, dass das gemeine Festivalproletariat in ihren eingepferchten Campingarealen durch eine gesteigerte Dosis UV-Strahlen wachgekitzelt wurde. Bereits bei den ersten Tönen der ursprünglich sehnlichst erwarteten RIVAL SCHOOLS auf der Center Stage merkte man spätestens, dass EM-Fieber in der Luft lag. Nach und nach infiltrierten schwarz-rot-goldene Fahnen, entsprechende Gesichtsbemalungen und diverse Fanaccessoires das Festivalvolk bevor man entgültig das Gefühl hatte im Stadion zu sein. Der gute Walter Schreifels enttäuschte übrigens mit seinem neuen Material und auch die alten Hits konnten das Gefühl von damals nicht wiederbeleben. Schade eigentlich!

LOSTPROPHETS erwiesen sich besser als erwartet und SIMPLE PLAN übten sich fleißig im Springen ("Jump") als man sich gemächlich in Richtung der Zeltbühne bewegte wo FALL OF TROY ein Stelldichein gaben und dem Publikum ein unerwartetes Festivalhighlight bescherten. Was Thomas Erak da auf seiner Gitarre fabrizierte, dabei in bester Rockstar Manier poste und immer noch eine Hand frei hatte um die Pommesgabel rauszuholen war einfach nur atemberaubend. Prädikat: Genial!

Weiter ging es mit Robert James Ritchie a.k.a. KID ROCK a.k.a dem American Bad Ass und Poser vorm Herrn, dessen Bekanntheit seinen Zenith eigentlich nur aufgrund einer gewissen Baywatch Badenixe erreichte. Gut inszeniert enterte KID ROCK die Bühne, riss sich die dicke Goldkette vom Hals und stand wenig später halb nackt mit seinem durchtrainiertem Body auf der Bühne. Konnte man mit den bewährten Hardrockstampfern noch für vereintes Arme wedeln und Fingerpointen sorgen, wussten die meisten mit den gospellastigen Tönen des neuen Albums nicht wirklich viel anzufangen. Die eigene Credibility untermauerte KID ROCK dann noch mit einem schicken Feature an sämtlichen Instrumenten inklusive Scratcheinlage bevor das Publikum auf FETTES BROT wartete.

Mit einem freundlichen Moin Moin begrüßt König Boris das Rock Am Ring Publikum und schnell stellen die Hamburger ihre Entertainment Qualitäten von "Bettina, Zieh Dir Bitte Etwas An", über "Erdbeben" bis hin zu "Schwule Mädchen" unter Beweis stellten. Man orientierte sich vielleicht ein wenig zu stark am neuen Release und das doch eher beklemmende "Ich Lass Dich Nicht Los" passte nicht wirklich zur ausgelassenen Festivallaune, spätestens beim abschließenden "Jein" war die Welt am Nürburgring jedoch wieder in Ordnung.

Die perfekte Vorbereitung zum EM Spiel kam dann auch von den SPORTFREUNDEN STILLER, die schön in die "Scheiß Tribüne" Rufe einstimmte, das Publikum animierte die hübschen Mädchen doch auf die Schultern zu nehmen und abschließend ihre WM Hymne auf die EM Jahreszahlen ummünzte. Na wer kann sie spontan auswendig?

Und so endete das Festivalwochenende für die Allschools Crew zwischen Vorrundenspiel und JIMMY EAT WORLD, DIE TOTEN HOSEN wurden gegen eine entspannte Heimfahrt eingetauscht.