08.12.2008: Dälek - Köln - Gebäude 9

08.12.2008
 

 


Weißes Rauschen.
„HipHop ist am Ende“, schwadronierte Mike Skinner alias THE STREETS neulich in einem Interview. „HipHop überlebt immer irgendwie, selbst die krasseste Kommerzialisierung – zumindest bis heute“, brachte es der Journalist George Nelson vor nunmehr zehn Jahren auf den Punkt. Wer hat nun recht? Im Zweifelsfall wohl DÄLEK. Die wirklich Smarten erwecken und begraben ihren Boom Bap eben unter einer Schicht Soundkaskaden. Einer Mischung aus Noise, Drone, Ambient, TripHop und schleppenden Beats. So geschehen auch in Köln. Besten Dank für’s Ohrenpfeifen.

Oktopus und MC DÄLEK sind musikalische Freigeister. Quälgeister mitunter, ohne jegliche akustische Berührungsängste. Ein Set von ihnen darf quasi nicht entspannt oder gar vorhersehbar beginnen. So schicken die beiden Deadverse-Kollaborateure zwei Menschen vor, die akustisch schon mal auf das Kommende vorbereiten. Langgezogene Soundscapes, die oftmals fies an durchdrehende Flugzeugturbinen erinnern, fluten das Gebäude und lassen den ein oder anderen mit schmerzverzehrtem Gesicht zurück. Als Oktopus die Bühne betritt, wirkt das beinahe wie eine Erlösung. Die beiden rechts und links positionierten, studentisch wirkenden Soundtüftler indes bleiben den Ohren des Publikums natürlich erhalten. Mit Oktopus und einem sich eingroovenden, massiven MC DÄLEK in XXL-Montur entern schließlich auch die charakteristischen Beatkonstrukte des Gebäude 9 zu Köln. Die Anwesenden (Modefarbe: schwarz, wenige Baggies) ergehen sich zu übereinandergelegten Soundpatterns, Feedbackschleifen und DÄLEKs stoischem Vortrag in entrückten Bewegungen. Sperrig, vertrackt, dann wieder endlos fließend mäandern die Songs dahin. Ansagen eigentlich unnötig. Bis auf die obligatorische, posthume Würdigung J. DILLAs und Jam Master Jays. Die wissen genau, wo sie herkommen. Das ist Battle-Rap, der es nicht nötig hat andere MC´s anzugreifen. DÄLEK wärmen sich ihre aufsprungenen Finger lieber an kulturkritischen brennenden Mülltonnen und schmeißen den Fön mit einem verächtlichen Grinsen in den Jacuzzi. Friendly Fire auf ihr eigenes Genre mit 'Paragraphs Relentless': „Reminisce to the days of backspins before the role of MC’s reserved for acting“. Kein Gehorchen des HipHop-Kanons mit dem fantastischen 'Ever Somber': „Tongue fall like hammer on those who slander“. Dazwischen immer wieder akustische Stahlgewitter. Filmstills aus David Lynch Werken vertont. '2012: The Pillage' macht neugierig auf das kommende Werk "Gutter Tactics". Können DÄLEK ihren Soundkosmos nochmals erweitern oder folgt jetzt die Stagnation? Der Rest ist weißes Rauschen. Postmoderner Boom Bap gemacht von Menschen, denen der Scheiß wirklich noch was bedeutet. „From art that´s gift to us. At heart I´m a strict purist“. Nur, wo waren sie die Genreanhänger, die sich das hier wirklich mal anhören sollten? Zwei Tage später bei FRAUENARZT?! „We breathe too much nonsense“… Word.