11.02.2018: 36 Crazyfists, ´68, All Hail The Yeti – Berlin – Musik & Frieden

15.02.2018
 

 

Ich fühl mich alt. Der Besuch des ausverkauften (ok ein Ticket gabs wohl noch) Musik & Frieden hatte eher einen nostalgischen Charakter denn Fantum der spielenden Bands. Mein Kumpel und ich gehen rasant auf die 30 zu (er auch) und wir waren früher verdammt große Fans von 36 CRAZYFISTS. Eine Spontanaktion brachte uns einst zufällig am 23. September 2006 in den Leipziger Anker, wo die Band aus Alaska zusammen mit 3 und JOHNNY TRUANT vor gefühlt noch 10 anderen Leuten spielte. Ich konnte mich bereits am nächsten Tag kaum noch an die Einzelheiten erinnern, jedoch teilen wir uns bis heute die Meinung, dass das Konzert total “krass” war. Die Ikonifizierung jenes Abends steigerte sich im Laufe der Jahre stetig, so dass uns direkt klar war, dass wir uns die Band knapp 12 Jahre später nochmal angucken müssen.

Wie üblich kamen wir viel zu spät am Musik & Frieden an - haben vorab darauf spekuliert ALL HAIL THE YETI nicht sehen zu müssen und als einzige Vorband ´68. Falsch gedacht. Kamen an, ´68 haben bereits gespielt, es war arschvoll, im kleinen Raum des Musik & Friedens war noch eine Parallelveranstaltung, in der Baumhausbar gabs zum Glück noch zwei freie Plätze um entspannt auf die nächste Band zu warten. ´68 btw. ist die aktuelle Band von Josh Scogin, welche erst vor kurzem im Vorprogramm von LISTENER in Berlin zu sehen war und die Hauptband gnadenlos an die Wand gespielt hat. Gerade bei Scogins Standing irgendwie unklar, wieso seine Band als erstes spielte.

Gegen 21 Uhr begannen ALL HAIL THE YETI (dieser Name ist so bescheuert unlustig) und die Band war tatsächlich so schlecht wie befürchtet: 08/15 Metalcore ohne Druck und voller Stereotypen. Wie bereits erwähnt: “ich fühl mich alt” und kann mit dem gesamten Genre seit ca. 10 Jahren nichts mehr anfangen, speziell wegen genau solchen Bands: der Bandname, die Facebookpräsenz, das Logo usw. schrie so sehr nach Klischee, dass vorab klar war, wie die Band klingen wird. Wir wurden nicht enttäuscht. Ein bisschen hartes Drop D-Tuning, paar Stakkatosounds, uninspiriertes Gebrüll und für die “gefühlvollen” Passagen Cleangesang von Nicholas Diltz, welcher zwar keine Kraft in seiner Stimme aufwies, aber wenigstens authentisch traurig klang - ich denke, ihm war bewusst, in was für einer belanglosen Kapelle er da eigentlich spielt. Unfassbar. Dazu noch völlig deplaziertes Mackertum von Gitarristen Alan Stokes, der ständig seinen Bizeps präsentierte, den er nicht hat. Bruder - lass es. Alternativ mach ne Bosstrafo, nimm dirn Beispiel an Greg Puciato oder komm vor deinem nächsten Berlinaufenthalt mit mir zu McFit.

Nach dem total krass spannenden Intro liefen dann so Tracks mit Titeln wie “Before The Flames”, “After The Great Fire”, “Mr. Murder” und “Witch Is Dead” - lol. Irgendwelche Horrorfilm-Interludes sollten für Spannung sorgen, ein Feature mit Brock Lindow den Communitygedanken fördern und als dann Sänger Connor Garritty irgendwann lauthals "I Am The Devil" schrie und zwischen den Songs jeden Satz mit "fucking" irgendwas durchsetzte (“this fucking beautiful city BÖÖRRLLLINNNN”), hatte der ganze Auftritt fast schon einen ulkigen Charakter - leider nahm sich die Band viel zu Ernst. Das Werbeprospekt über kommende Veranstaltungen, welches sich mein Kumpel ansah, war interessanter als alles, was die Band da auf der Bühne performte und nachdem der neue Song “Slow Season” angestimmt wurde, welcher genauso beschissen klang, wie alle anderen zuvor, war der Auftritt glücklicherweise auch fast vorbei. Der einzig gute Song, irgendson Cover, kam zum Schluss. Konnte die Stimmung dann auch nicht mehr retten. Applaus blieb dann auch größtenteils aus. BÖÖRRRLLLIINNN.

Bisschen abranten - warten - wach halten - kurz vor 10 Uhr begannen dann 36 CRAZYFISTS, welche seit mittlerweile 23 Jahren zusammen Musik machen. Starke Leistung. Frenetischer Applaus und Namenschöre verrieten recht deutlich, weshalb die meisten Leute an diesem Sonntagabend ins Musik & Frieden strömten. Obwohl sowohl Band als auch Publikum etwas in die Jahre gekommen wirkten, hielt das niemanden am mitsingen, mittanzen und rumspringen ab. Brock Lindow und Band hatten ab der ersten Minute Spaß an ihrem Auftritt und das Publikum dankte ihnen weiterhin mit Sprechchören und sang vor allem (bzw. fast nur) bei den älteren Songs der Alben “Bitterness The Star” und “A Snow Capped Romance” mit. So startete die Band mit “Death Eater” ihres aktuellen Albums zwar hart, aber holprig und eroberte die Herzen des anwesenden Publikums erst mit ihrem bandeigenen Klassiker “At The End Of August”. Es folgte mit “Wars To Walk Away From” ein weiterer Song ihres aktuellen Albums, welcher dann von “I´ll Go Until My Heart Stops” und “The Heart End The Shape” abgelöst wurde.

Anmerkung: es ist nicht so, dass die neuen Songs der Band schlecht sind - am Publikumsverhalten wird jedoch stark deutlich, dass der Großteil der Anwesenden eine Vorliebe für die Tracks von vor 2006 hat. Obwohl es für eine Band etwas schade sein muss, zu wissen, dass die neuen Sachen nie so gut sind, wie ihre alten Songs, haben 36 CRAZYFISTS an jeder Stelle ihres Sets Freude und Energie beim performen - egal ob neu oder alt. Es folgten u.a. “We Gave It Hell”, “Old Gold”, “Sorrow Sings”, “Bloodwork”, “Kenai” und “Better To Burn”, womit sich die Band einmal durch ihre komplette Diskographie spielte. Mit “Destroy The Map”, “Eight Minutes Upside Down” und “Slit Wrist Theory” beendeten 36 CRAZYFISTS ihr Set mit genau den Songs, welche die Band vor vielen Jahren für uns besonders machte. Rückblickend auf 2006 ein schöner Abend für Nostalgie.