12.11.2010: Trigger The Bloodshed, Whitechapel, Job For A Cowboy, Annotations Of An Autopsy - Grünspan – Hamburg

12.11.2010
 

 

Zuerst muss ich mich entschuldigen, dass dieses Review schon längst überflüssig ist. Ich hatte in den letzten Wochen mit einer Nervenentzündung im linken Arm und einer Sehnenscheidenentzündung im rechten Handgelenk zu kämpfen. Nun soll es aber mit vorsichtigen Schritten wieder frisch ans Werk.
Deathcore scheint sich derzeit zum Mega Sell Out zu entwickeln, wie einst New Metal oder Metalcore. Pioniere wie SUICIDE SILENCE oder CARNIFEX haben es vorgemacht und andere machen es nach. Bleibt die Frage, ob die Bands, welche sich am 12.11. des vergangenen Jahres im Hamburger Grünspan einfanden, welche das Erbe dieser großen Vorreiter angetreten haben, auch live das halten können, was ihre bisherigen Platten versprochen haben.
Die erste Band TRIGGER THE BLOODSHED (UK), haben wir leider (fast) verpasst. Daher haben wir nur deren letzten Song mitbekommen, der aber ordentlich gedrückt hat. Leider, wie es der undankbare Job eines Headliners oft mit sich bringt, haben die Engländer nur vor halbleerer Hütte gespielt.
Das sollte sich aber bald ändern, denn nach 20 minütiger Umbaupause eröffnete gleich die nächste Combo von der anglophonen Insel ihr Feuer: ANNOTATIONS OF AN AUTOPSY zündelten ordentlich mit Material ihres neuen Outputs „The Reign Of Darkness“, ohne aber Songs ihrer EP „Welcome To Sludge City“ oder ihres Debuts „Before The Throne Of Infection“ zu vergessen. AOAA erfreuten sich nicht weniger Anhänger im Grünspan und so wurden Textzeilen, wie „When I´m done with you you won´t have a cunt left!“ aus 'Welcome To Sludge City' frenetisch mit gegröhlt und die Band hart gefeiert. Der Sound war druckvoll, wenn ich auch finde, dass man die Band besser hätte mischen können, aber so manch einer tut sich bei down tuning Songs eben schwer.
WHITE-fucking-CHAPEL sind für mich eine der monströsesten Bands der Stunde. Die Groove Giganten beschießen die Anwesenden mit einer auditiven Flak, die keine Gefangenen macht. Das Grünspan ist mittlerweile, wie mir scheint, bis zur Auslastung seiner Kapazitäten gefüllt. Anscheinend will niemand die US-Amerikaner verpassen; und das vollkommen zurecht. WC packen auf die Knüppelattacken ihrer Vorgänger nochmal ordentlich etwas drauf und reißen beinahe die Hütte nieder und die Gäste auseinander. Die Truppe um Sänger Phil Bozeman überzeugt nicht nur mit einem gut ausgewählten Set aus allen drei Alben (für mich Höhepunkte „The Somatic Defilement“, „Possession“ und „The Darkest Day Of Men“), sondern auch durch ihre technische Versiertheit, die viele ihrer Genrekollegen (besonders live) missen lassen. Eine wahnsinnig agile Show, bringt den Mob zum Überkochen; Wall Of Death und Mitsingen seitens der Anwesenden eingeschlossen). Für mich der heimliche Headliner des Abends, der immer noch so viel Potential nach Oben hat, dass es schon fast weh tut (im absolut positivsten Sinne). Vor allem der Gesang Phils ist besser geworden, wesentlich prononcierter und daher auch live besser verständlich. Ein Talent sondergleichen, was aber auch auf seine Kollegen zutrifft.
Dann kamen JOB FOR A COWBOY. Die Jungspunde aus Arizona haben viel von ihrer Attraktivität seit ihrer EP „Doom“ eingebüßt. Zumindest für mich. Die EP ist eine wahre Kultscheibe und wird mit Sicherheit einige Dekaden in vielen Plattenschränken überdauern und das vollkommen zurecht. Songs, wie „Knee Deep“ oder „Entombement Of The Machine“ sind regelrechte Granaten, die auch live schnell und effizient zünden. Aber ich will nicht vorweg greifen.
Die Bande um ihren nicht gerade kommunikativen Shouter Johnny Davy, ist technisch gesehen sehr weit vorne mit dabei. Das ganze Arrangement ist rund und alte, wie neue Songs lassen sich gut zusammenfügen. Auch wenn vor allem die Songs von „Genesis“ für mich eher moderates Mittelmaß sind. Technisch komplexer, als auf der Doom und in sich schlüssiger sind die Songs zwar, doch fehlt mir hier der gewisse Schliff, so zu sagen das Salz in der Butter (auch wenn der letzte Song „Embedded“ vom besagten „Genesis“ auch die letzten Besucher im Grünspan packt). Das haben sich vielleicht die Herren Kuhhirten auch gedacht und bevorzugten daher eher Songs ihres neuen Silberlings „Ruination“, das heftige Songs wie „Unfurling A Darkened Gospel“ oder den Titelsong „Ruination“ enthält.
Allerdings hat die Band hier einen recht routinierten Gig an den Tag gelegt, der zwar technisch gesehen top war, dem allerdings ein bisschen die Leidenschaft abging. So zog die Band ihr Set konsequent durch und verabschiedete sich recht zügig wieder, ohne eine einzige Zugabe gespielt zu haben, auch wenn sich die Zuschauer sich dieses mehrmals und lauthals wünschten.
Ein Lob an dieser Stelle noch einmal an das Hamburger Publikum: Es ist wohl eines, wenn nicht sogar das Beste im Norden unseres Landes. Hier wird gefeiert und höflich geklatscht was das Zeug hält. Keine Band musste hier je, zumindest nicht wenn ich dabei war, Angst haben von den Hamburgern zerfleischt zu werden oder in irgendeine entartete Mosh Pit Schlägerei zu geraten, wenn er dies denn nicht wollte. Sehr angenehme Menschen!
Der Sound war typisch Grünspan, nämlich ok. Aber insgesamt doch viel zu laut, dass sogar mit Gehörschutz für 200 Euro, der die Gesamtlautstärke um 25 Dezibel dämpft und dennoch einen guten Höreindruck hinterlässt, beinahe versagt. Vielleicht bin ich auch nur etwas verweichlicht durch meinen Tinnitus, aber nach zu matschig, gibt es auch noch zu laut und dann macht ein Konzert einfach keinen Spaß mehr!
Insgesamt ein Abend, der sich gelohnt hat.

LINC & BECKS