14.4.2011: The Blackout Argument, Flyswatter, Poison My Blood - 59:1 - München

14.04.2011
 

 




Dem allgemeinen Vernehmen nach handelt es sich bei Release-Shows ja um Konzerte, die Bands im möglichst familiären Kreis spielen, um die Veröffentlichung eines Demos, einer EP oder eben eines neuen Albums zu zelebrieren. Das geschieht dann meist recht zeitnah zum Erscheinen und in der Heimatstadt oder zumindest dem näheren Umfeld. Nun gut, letzteren Punkt zumindest haben die Bayern von THE BLACKOUT ARGUMENT eingehalten. Ob eine Release-Show allerdings auch zwei Monate nachdem die zu feiernde Scheibe im Laden steht noch wirklich angebracht ist, sei dahin gestellt. Andererseits: ein Grund, live zu spielen findet sich immer. Für sich selbst und im Idealfall auch noch für ein paar ganz spezielle Gäste. Die hören auf den Namen FLYSWATTER, kommen ebenfalls aus Bayern und waren eigentlich weg vom Fenster. Aber der Reihe nach.

Denn den Anfang machen POISON MY BLOOD aus Belgien. Und die lassen sich nicht zweimal bitten und zeigen, dass man sich auch um den europäischen Metalcore definitiv keine Sorgen machen muss. Mal ganz ehrlich: ich habe schon lange keine Band dieser Sparte gesehen, die dermaßen heftig über die Bühne gefegt ist und sich dieses gewisse Etwas, ich nenne es mal den Jugendzentrum-Charme zugleich bewahren konnte. Nichts wirkt hier einstudiert, abgesehen natürlich von den Songs, die sich größtenteils aus dem Repertoire des starken „The Great Northern“-Albums rekrutieren. Ständig wird irgendwo ein Saiteninstrument durch die Gegend geschleudert und die volle Breite der zugegeben eher kleinen Bühne des 59:1 ausgenutzt. Blickfang Nummer eins bleibt aber ein Schreihals, der es sich nicht nehmen lässt, neben seinem wirklich angepissten Gebrüll auch noch auf dem Boden zu wälzen, umher zu springen und sein Mikro zur gefährlichsten Waffe des Abends zu machen. Umso erstaunter erfährt man dann kurz vor Ende, dass es sich bei dem Herren ja gar nicht um den eigentlichen Sänger der Band handelt, sondern um einen Ersatz für die kurze Tour mit THE BLACKOUT ARGUMENT. Also ehrlich, liebe Belgier: gebt dem Herren eine Band. Und sollte euer eigentlicher Shouter doch mal bei euch aussteigen, holt euch diesen Mann. Ganz starke Nummer, richtig starker Auftritt.

Weiter geht es dann mit der Band, die für einen Großteil der Anwesenden der Hauptgrund gewesen sein dürfte, überhaupt zu erscheinen. FLYSWATTER stammen offenkundig irgendwo aus dem Münchener Umfeld und haben damit natürlich einen gewissen Lokal-Bonus. Umso mehr, da sie sich eigentlich schon aufgelöst hatten. Und das schon vor einigen Jahre. So wird nun eben die Release-Show der einen Band zugleich auch zur Reunion der anderen. Und so können FLYSWATTER dann auch vor vollem Haus und vielen offenkundig bekannten Gesichtern spielen. Das machen sie dann auch mit viel Freude und langem Atem. Ich muss ja zugeben, dass sich meine Berührungspunkte mit der Band auf ein oder zwei Songs, die ich vor Jahren mal auf einem Visions-Sampler gehört hatte beschränken. Damit gehöre ich offenbar zur Minderheit, denn jeder Song wird abgefeiert. Und zwar so sehr, dass die Band dann auch gleich verkündet, man habe noch so einige neue Stücke auf der heimischen Festplatte liegen, die über die letzten Jahre entstanden sind. Die werde man dann eben via Internet veröffentlichen und auch weitere Auftritte wurden nicht ausgeschlossen. Großer Jubel bei den Meisten und auch kein Missfallen bei allen anderen. Denn man muss schon sagen: diese Band spielt durchaus routiniert ihre meist sehr straighten Rocksongs runter, die zwar mit Sicherheit auch schon damals die Musikwelt nicht revolutioniert haben, aber oftmals doch gar mächtig ins Ohr gehen. Dass allerdings dort drei Gitarristen auf der Bühne stehen ist sicher eher bandinterner Freundschaft geschuldet. Wirklich nötig gehabt, hätten es die Songs der Band dann doch eher nicht. Aber was soll’s. Ein Manko ist das ja nun wahrlich nicht. Nach einer Dreiviertelstunde ist dann erstmal wieder Schicht im Schacht. Breites Grinsen bei allen Bandmitgliedern, überschwänglicher Applaus des Publikums. Dürfen gerne wiederkommen.

Als dann THE BLACKOUT ARGUMENT und damit der eigentliche Headliner des Abends die Bühne betreten haben nicht wenige den Club schon vorzeitig verlassen. Leer ist es dadurch jedoch nicht geworden und so können auch sie ihr Set vor recht vollem Haus herunterspielen. Dabei liegt der Fokus natürlich dem Anlass geschuldet auf dem aktuellen „Detention“-Album, aber auch Songs älterer Platten finden ihren Weg in die Setlist. Da freut sich der Fan, aber auch beim dritten Anlauf heute will es irgendwie nicht so richtig funken zwischen mir und THE BLACKOUT ARGUMENT. Rationale Gründe dafür kann ich nach wie vor nicht wirklich ausmachen. Die Jungs spielen immer noch ihren Sound, den man grob irgendwo zwischen COMEBACK KID und BOYSETSFIRE einordnen kann und der mir eigentlich auch liegen sollte. Und auch auf der Bühne geben sich die Jungs zwar fast schon etwas zu routiniert, aber durchaus nicht unsympathisch. Warum es also mit mir und denen auch auf längere Sicht wohl nichts wird bleibt fraglich. Die berühmt berüchtigte Chemie eben. Damit genug der hemmungslosen Subjektivität. Ab hier darf nun auch der gemeinhin ja stets nach lückenlos objektiver Berichterstattung gierende Allschools-Leser wieder einsteigen. Denn wie schon erwähnt: die Band kann live durchaus was.

Sowohl in instrumentaler, als auch in gesangstechnischer Hinsicht gibt man sich über die knappe Dreiviertelstunde hinweg keine Blöße. Auch erwähnt werden sollte allerdings, dass vor der Bühne deutlich weniger passiert als noch bei FLYSWATTER. Wer allgemein mit einer Release-Show eine ausgelassene Party im weiteren Freundeskreis verbindet dürfte daher eher enttäuscht sein. Hoffen wir mal, dass die Band es nicht ist.

So bleibt dann eben festzuhalten: ein insgesamt gelungener Abend. Drei spielfreudige Bands, erfreulicherweise äußerst unterschiedlicher Coleur, die allesamt das Publikum nicht enttäuschen, von denen aber für mich persönlich jedoch einzig die eigentlich nur als Einheizer eingeplanten POISON MY BLOOD wirklich herausragen. Aber das dürften etliche Zuschauer an diesem Abend durchaus dezidiert anders sehen.