15.05.2010: Turbostaat, Trip Fontaine - Astra - Berlin

15.05.2010
 

 

Ich bin mir nicht sicher, aber ein Freund von mir sagte mir einst, dass TURBOSTAAT im Zuge ihrer Tour zum „Island Manöver“ den Koblenzer Circus Maximus nicht ganz voll bekamen. Im Bestfalle fasst der Laden ca. 500 Leute, schätze ich. Schon komisch, wenn man bedenkt, dass TURBOSTAAT heute in Berlin das Astra, mit ca. 1400 Leuten besetzen und jene zum kollektiven Ausrasten zwingen. Und wie gut das war.

Aber man merkt schnell, von der ersten Sekunde, dass TURBOSTAAT hier in Berlin ein Stein im Brett haben. Ob das an dieser ominösen, perfekten anderen Punkband liegt, die hoffentlich bald mal ein neues Album veröffentlicht? Der Name ist mir gerade entfallen, aber eine Menge Menschen trugen gestern T-Shirts. Irgendwas mit B und Fleisch. Na wie auch immer. Zuvor galt es sowieso, den Herren von TRIP FONTAINE Gehör zu schenken. Und man muss schon sagen: Selten so gute Musiker aus Deutschland gehört und gesehen. Die Band versteht ihr Handwerk, tauscht untereinander munter die Instrumente um sie dann im Einzelnen hochkonzentriert zu sezieren. So schlagen teilweise zwei Leute auf das Schlagzeug ein während auch mal jemand auf seinen Knien liegt und seiner Gitarre wirre Geräusche entlockt. TRIP FONTAINE machen Bock und klingen dabei auch noch wie AT THE DRIVE-IN. Das Gute daran: Sie sehen auch so aus. Und doch gibt es immer Menschen, die etwas an dieser hochpräzisen und perfekt inszenierten Vorstellung zu meckern haben. So schallt es während einer kleinen Pause aus dem Zuschauerraum: „Laaaangweilig“. Und da wird mal wieder klar: Man sollte auf Konzerten ein System einführen. Rote Karte – raus aus dem Saal. Gelbe Karte – Verwarnung. Eben wie beim Fussball, diesem Unding. So hätte das Großmaul eindeutig die Rote verdient, jeder der darüber gelacht hat die Gelbe. Nach einer halben Stunde ist mit TRIP FONTAINE aber auch leider Schluss. Großartiger Auftritt – muss ausgecheckt werden.

TURBOSTAAT lassen sich dann erstmal lange Zeit, auch wenn der Umbau recht schnell vollbracht war. Aber es sei verziehen, denn vom ersten Ton an rastete das Astra aus und sang wirklich jeden Ton mit. Die Live-Präsenz von TURBOSTAAT ist dabei um Einiges gewachsen, sie lächeln mit dem Publikum, sie fordern das Klatschen und holen sogar einen Fan auf die Bühne, der so tun soll, als würde er Gitarre spielen. Jenes Schauspiel ist dann zwar etwas albern, aber auch das sei verziehen. Denn was zu Beginn noch einer Standardvorstellung ähnelt, wechselt nach und nach in ein atmosphärisch ziemlich dichtes Konzert, mit einer Menge Druck. Der war dabei aber auf keinen Fall Selbstverständlich. Am Anfang wirkte der Sound, gerade der Gesang, etwas lasch und ohne jeglichen Wumms, doch es schien, als würde das mit der Stimmung der Fans automatisch nach oben schellen. Gespielt wurde das neue Album in Gänze, ein paar Songs von „Vormann Leiss“ (großartig: „Insel“) und weniges von den ersten beiden Alben. Und wenn, dann wurde es im Publikum gerne mal etwas ruhiger. Nicht jeder schien das Songgut zu kennen, aber ein „Fuck Winter“ kann dann doch jeder mitbrüllen. Schön war definitiv zu sehen, wie sehr die Band sich gefreut hat. Darüber, dass hier jeder mitsang, dass die komplette vordere Hälfte des Astras heftig tanzte und darüber, dass sogar Stage-Diver immer wieder auf die Bühne kamen und sich wie nasse Säcke ins Publikum falle ließen. Achja, dabei hätte es dann das ein oder andere Mal eine gelbe Karte gegeben, eine Rote aber bei dem Typ, der mit Gipsarm immer wieder ins Publikum wirbelte. Nach zwei Zugaben, den großartigen „Schwan“ und ca. 90 Minuten ist dann Schluss. Ein schönes Konzert und trotzdem ist man irgendwie enttäuscht, dass in der Stadt dieser Schnitzel-Band nicht „Frieda und die Bomben“ gespielt wurde. Aber egal. TURBOSTAAT haben genug eigene Musik, die zu einem tollen Abend beitragen kann. Top.