16.03.2009: 36 Crazyfists, Poison The Well, Gwen Stacy - Köln - Live Music Hall

16.03.2009
 

 

Ein bekanntes Bild: Schwarzhaarige beider Geschlechter tummeln sich vor Köln`s musikalischer Großschleuse für Hartkrach. Die Atmosphäre ist entspannt, nicht mal besonders viel Alkohol scheint konsumiert zu werden, hier und da eine Bierflasche, das wars. Straight Edge? Das nun auch nicht... In gemächlichem Tempo füllt sich die Live Music Hall, beinahe ganz voll ist es als der Anheizerposten bezogen wird. Mit den ersten Songs scheinen sich ein paar Interessierte in Tanzposition zu bringen, was GWEN STACY dankbar annehmen. Tanzposition? Eher ein in Stellung bringen. Die Interessierten werden die Tanzposition nämlich nicht mehr verlassen. Auf der Bühne stehen vier - ja was denn eigentlich - Burschen, so Anfang zwanzig, die übliche Kluft. Bandshirts, ein Hemd, sogar lange Haare. Nach einem halben Song ist klar, dass da gut gehandwerkelt, aber keine großen Kunststücke vollbracht werden. Schön sind die Übergänge zu den Moshparts, schön unkompliziert, ohne viel Aufhebens und Innovationsanspruch. Melodischer Gesang, der Bassist tönt glockenklar und den Rest der Band die erste Hälfte des Sets zusammen. Partikuläre Omnipräsens ist das. Aber keine Omnipotenz. Ein paar nicken, andere schunkeln, anschließend werden ein paar Shirts gekauft. Was bleibt, ist wahrscheinlich die Erinnerung an die Ansage, die das bißchen aufgebaute Energie schnell wieder verpuffen lässt. Jesus liebt uns, auch wenn wir das nicht glauben. Und wir dürften gern Witze über sie machen. Was soll das? Entweder das Selbstbewusstsein besitzen und Position beziehen (oder eher: sich in Stellung bringen?), und zwar richtig oder einfach schweigen. Aber gleich das Opfer geben? Haben uns GWEN STACY eben auch die rechte Wange hingehalten? Ziemlich albern.

POISON THE WELL erscheinen schnell, nach zügigem Ab- und Aufbau. Zum Jungvolk gesellt ich nun die Generation vor ihnen, in freudiger Erwartung, verdichten sich die Ränge doch zusehens. Ohne großes Brimborium, beinahe relaxt bewegt sich dann die Show von POISON THE WELL. Sänger Jeffrey Moreira agiert dynamisch, aber bedacht. Dabei gibt es keinen Grund niemandem vor den Kopf zu stoßen. Der Mann am Mischpult verschläft Jeffrey `s Art zu singen beinahe komplett und zieht die Regler erst ab Song vier so weit hoch, dass auch die klaren und ruhigeren Passagen halbwegs zu verstehen sind. Eine Schande, lebt POISON THE WELL `s Musik schließlich von dem Wechsel aus hart und weich, den sie mit als die ersten in ordentlicher Qualität zelebrierten. Dennoch tun Songs wie "Letter Thing", "Artists Rendering Of Me", "Prematurito El Baby" und "Crystal Lake" ihre Wirkung bei den Anwesenden, selbst dann noch als eines der Microphone von einer Gitarrenbox weggetreten wird. Trotzdem glaubt man kaum, es hier mit einer der dienstältesten und zugleich wirkungsreichen Band des Metalcore-Genres zu tun zu haben, beschaut man das Publikum, das sich doch recht flegmatisch zeigt.

Mit dem Auftritt von 36 CRAZYFISTS erhellen sich aber die widrigen Umstände, mit denen die Band aus Florida zu kämpfen hatte. Deren Sänger Brock Lindow hat die Menge, jetzt völlig in freudiger Erwartung aufgehend, von der ersten Sekunde vollends in der Hand. Keine Aufforderung, der nicht nachgekommen wird, und ein Sound, von dem die beiden Vorbands nur haben träumen können. 36 CRAZYFISTS schließen den Abend würdig, aber ohne große Überraschungen ab, mal abgesehen vom bühnenfesten Auftritt eines Fans, dem ein paar Zeilen zum mitsingen zugedacht werden. Absolut positiv überrascht das zunächst als träge Masse abgeurteilte Publikum dann doch noch. Mit einem Mal aus dem Steh-Nickerchen gerissen, sind die jungen Herrschaften plötzlich zu Wall Of Deaths, beherztem Mitklatschen und textsicheren Choreinlagen und Mosh bereit, und es bleibt die Frage, warum das nicht spätestens bei POISON THE WELL der Fall hatte sein können. Die These: Alle waren nur für 36 CRAZYFISTS zugegen. Banal, aber wahr zutreffend.

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