16.04.2008: Every Time I Die, Bettie Ford - Köln - Underground

16.04.2008
 

 

Hau mir ab mit Emo. Play some Rock 'n' Roll instead.

Da werden einige gescheitelte, beröhrenjeanste und gesneakerte Kids aber lange Gesichter gemacht haben. Der Grund: zwei der leicht formatierten Vorbands – SCARY KIDS SCARING KIDS sowie DROP DEAD GORGEOUS – stecken mit Busproblemen im schönen Frankreich fest. Und tatsächlich, während sich die Fehlenden im Louvre höchstwahrscheinlich ein bisschen Kunst geben, tritt ein kleiner Pulk mit hängenden Schultern und Kapuze auf dem gestylten Haupt ob des Fehlens der beiden Zugpferdchen fix die Heimreise an.

Dabei haben die Veranstalter doch schnell für "adäquaten" Ersatz gesorgt. Und so dürfen BETTIE FORD aus Kölle die etwas andere Klischee-Keule schwingen. Wo es in der alten Konstellation formelhaften Emo plus Metalanleihen und ein wenig kontrolliertem Chaos gegeben hätte, gibt jetzt Kollege Rock 'n' Roll den Ton an. Stilecht sind dann auch zwei der Mannen in edelsten Wifebeater-Zwirn gehüllt, fallen somit etwas aus dem optischen Rahmen. Die Anheizerrolle gelingt BETTIE FORD trotz der denkbar schlechten Ausgangsbedingungen überraschend gut. Don Ford, Silver Revolte, Brat o' Hara und Rock Vegas (solche Namen wollen einfach ausgeschrieben werden…) machen das beste aus ihrer Anheizerrrolle und lassen sogar ein wenig Tanz- beziehungsweise Schweinepogostimmung aufkommen. Vor allem letztgenannter Bassist überzeugt mit nonchalant-lässigem Minenspiel aus dem Mike Ness-Fundus. Selten jemanden gesehen, der es über die gesamte Distanz eines Sets vermochte sein Lungenbrötchen derart gekonnt im Mundwinkel zu balancieren.

EVERY TIME I DIE wiederum sind ja ebenfalls ein wenig Rock 'n' Roll. Und Humor haben sie auch. Als Intro wurde somit – bodenständig wie man ist – dieses Movie-Intro von Warner Brothers auserkoren. Die Fusion von Intro sowie lässig auf die Bühne schlendern will allerdings erst im dritten Anlauf gelingen. Dann jedoch spielen sich Keith Buckley und Co. durch ein strammes Set neuer (viel) und alter (ein paar) Hardcore-meets-Rock-meets-Chaos-Stücke. 'We´rewolf' als erster Song steckt die Marschroute der Ferret-Band passend ab. "I´ve been bitten by the party animal" singt ein gut aufgelegter, wenn auch nicht komplett aus sich herausgehender Keith Buckley. Das Publikum wurde auch gebissen. Somit muss die Deckenbeleuchtung der alten Tante Underground mal wieder leiden. Gitarrist Andrew Williams, der auf den Promo-Fotos zum letzten Album noch aussah wie Happy Tom von Turbonegro mit mehr Körperbehaarung, macht inzwischen einem gewissen Rick Rubin in Sachen Bartwuchs starke Konkurrenz. Und wie schön er über seine eigene Schulter rotzen kann…Vereinzelt wird die Zeit zwischen den Songs durch kurze Samples aufgelockert, dennoch geht es Schlag auf Schlag: 'No Son of Mine', 'Pigs is Pigs', 'Floater', 'Bored Stiff' sowie 'The New Black' und das grenzgeniale 'Ebolarama' als finale Fertigmacher. Vielleicht hätten EVERY TIME I DIE gar noch ein wenig mehr posen und animieren können, grinsende Gesichter, die zu verschwitzten Körper gehören, sagen trotzdem: SCARY-KIDS-SCARING DROP-DEAD-GORGEOUS?! Hab ich nicht wirklich vermisst…