17.06.2009: Social Distortion, The Gaslight Anthem, The Black Sheep - Düsseldorf - Philipshalle

17.06.2009
 

 


Es ist ein sonniger Mittwoch Abend und das Areal rund um die Düsseldorfer Philipshalle wird bereits seit geraumer Zeit belagert. Jede Szene hat ihre Schönheitsideale und am heutigen Tage werden roter Lippenstift und aufwendige 50ies Frisuren auf der einen Seite, sowie das weiße Feinripp, jede Menge Tattoos und gegelte Tollen auf dem lichter werdenden Haupt auf der anderen Seite zur Schau getragen. SOCIAL DISTORTION gastieren diesen Abend in Düsseldorf um 30 Jahre Underground Rock'n'Roll zu zelebrieren und da sich Mike Ness mit seinen Deutschlandbesuchen von jeher zurückhält, stellt dieses Event ein frivoles Happening für alternde Gleichgesinnte dar - die Philipshalle ist dementsprechend (fast) ausverkauft. Irgendwie macht sich auch fast eine Festivalstimmung breit. Menschenansammlungen hier und da, munteres Gegröhle und Autoradios auf voller Lautstärke. Der kleine Kiosk an der Ecke macht das Geschäft des Jahres, sämtliches Bier ist ausverkauft und immer noch schlängeln sich jetzt bereits verschwitzte Leiber zwischen Kühlschrank und Kasse um mit den wenigen verbliebenen, lauwarmen Alkopops vorliebe zu nehmen. Von Wirtschaftskrise also keine Spur und auch T-Shirt Preise von 30 Euro sowie der Zipper zum doppelten Preis (nur SD) schrecken an diesem Abend nur wenige ab.

Bei all der guten Stimmung hält es dann auch keiner für nötig, sich für die erste Band des Abends in die große Philipshalle zu bewegen. "Wer spielt 'n da grade?" lallt eine angegraute Mike Ness Kopie einem Kollegen zu. "Irgendwer mit Black im Namen" wird entgegnet und mit einem Schulterzucken belagert man weiterhin den Getränkestand vor der Philipshalle.

Bei THE GASLIGHT ANTHEM sieht die ganze Situation schon ganz anders aus. Brian Fallon sorgt mit entwaffnender, guter Laune, rau-melodischer Inbrunst und einer nicht zu negierenden Bodenständigkeit für einen stetigen Strom in den Innenraum. Die anachronistische Aura des gesamten Auftrittes bezaubert die Zuschauerschafft, die zu großen Teilen noch nicht von dem gegelten Barden und seiner Truppe gehört hat. Eine kurze Telefoninterlude mit Mike Ness an der Strippe (er wollte Fellon nur die Einkaufsliste durchgeben und sich nach dem Publikum erkundigen) und das Hymnenaufgebot nimmt weiterhin seinen Lauf. Dass THE GASLIGHT ANTHEM live nach und nach die druckvolleren "Sink Or Swim"-Songs aus dem Programm streichen und sich mehr und mehr auf "The '59 Sound" einschießen, fällt nur wenigen auf. Im Anschluss an das Set herrscht jedenfalls Konsens und eine Toilettenbegegnung bringt es treffend auf den Punkt: "Ich hab lange nicht mehr eine so gute Vorband gesehen". Für die nächste Headlinershow wird das Kölner Palladium angepeilt...

Nun aber zum unumstrittenen Höhepunkt des Abends. Mike Ness und seine Mannen entern entschlossen gegen 22.00 Uhr die Bühne. Ness mit Hut und Bart, auf derart aggressives Augen-Make-Up wie im Jahre 2005 wurde diesmal verzichtet. Zum warm werden bekommt das Publikum erst einmal 4 Songs am Stück serviert, unter anderem "Mommy's Little Monster" und "Sick Boys". 30 Jahre müssen gebührend gefeiert werden und Herr Ness legt offensichtlich gesteigerten Wert auf die frühen Tage der Bandhistorie. Das Publikum hat sich auf den Rängen und im Innenraum eingefunden, spendet begeistert Applaus und gröhlt fleißig mit. Es riecht nach Bier, Schweiß und Erbrochenem, das Rauchverbot interessiert niemanden und allerorts liegen sich Paare in den Armen. Von einem wilden Pit kann man an diesem Abend zwar nicht sprechen, doch das Genusserlebnis ist den Leuten ins Gesicht geschrieben. "Don't Drag Me Down" setzt dann doch im unmittelbaren Bühnebereich einen nachhaltigen Bewegungsdrang frei und die ersten Leute werden gen Absperrung gehoben (Es sollte übrigens der einzige "White Light, White Heat, White Trash" Track des Abends bleiben). Bisher hält sich Mike Ness noch mit seiner Publikumsinteraktion zurück, der Hut ist gewichen und recht routiniert folgt das CASH Cover "Ring of Fire" sowie ein "Sex, Love and Rock 'n' Roll" Doppelschlag. Mit "I Won't run no more" wird ein Song gespielt, den SOCIAL DISTORTION nach eigener Aussage vor 13 Jahren im deutschen Fernsehen zum Besten gaben. Beim Durchhören alter Demos hat man ihn wieder entdeckt und sich beschlossen in ordnungsgemäß zu beenden. "Can't Take it With You", ein Song über die leidigen weltlichen Güter, ist ebenfalls Neuland für die Zuschauerschafft, welches das Material jedoch positiv aufnimmt. "My best ideas got me in the back of police cars" bleibt Mike Ness beim Thema und stimmt "Nickels and Dimes" an. "Sometimes I Do", welches als alter "German beer drinking song" angepriesen wird, beendet den ersten, offiziellen Part des Sets und man verschwindet hinter der Bühne.

Natürlich folgt eine Zugabe und sogar eine zweite. Das HANK WILLIAMS Cover von "Alone & Forsaken" macht den Anfang und es folgt ein stimmungsvoll vom Piano eingeleitetes "Prison Bound". Der krönende Abschluss wird natürlich mit "Story of My Life" gesetzt und das Publikum tritt dankbar und gut gelaunt den Heimweg an, auch wenn Mike Ness gerade ob seiner seltenen Besuche durchaus ein wenig kommunikativer hätte sein können.



Setlist:

Xxx
Xxx
"Mommy's Little Monster"
"Sick Boys"
"Don't Drag Me Down"
"Ring of Fire"
"Reach for the Sky"
"Highway 101"
"I Won't run no more"
"Can't Take it With You"
"Bad Luck"
"Ball and Chain"
"Nickels and Dimes"
"Sometimes I Do"
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"Alone & Forsaken" (Hank Williams)
"Prison Bound"
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"Still Alive"
"Story of My Life"