17.10.09: Health, Pictureplane, Le Corps Mince de Francoise - Gebäude 9, Köln

17.10.0009
 

 



Dem Himmel noch nie so nah. Dröhnende Bässe im poppigen Gewand – oder doch poppige Nummern in dröhnendem Gewand? LE CORPS MINCE DE FRANCOISE – die Franzosen, die eigentlich Finnen sind und Englisch singen – sollen diesen Abend in eingängiger Kontur einleiten. Es sind Nummern, die man nicht vorher gehört haben muss, um auf sie anzuspringen; und wahrlich, das muss man nicht. LE CORPS MINCE DE FRANCOISE sind eine Liveband, dessen Intensität sich erst durch die brodelnden Bässe und die so chaotisch-anmutende Performance entfaltet. Passend dazu tritt das ausschließlich weibliche Trio ganz hippie-esk (outfit- wie verhaltenstechnisch) auf die Bühne und nutzt jede Chance, diesen Ort zum Schauplatz ihrer persönlichen Symbiose aus Krach und Magie zu verwandeln. Und was auf Platte noch recht austauschbar tönt wirkt hier plötzlich wahrlich mitreißend, in seiner dröhnenden Kraft fast schon psychedelisch-eindringlich. Wow!

Auch PICTUREPLANE ist jemand, dessen Musik sich erst auf Bühne so richtig entfaltet. Doch Bühne, nein, die ist überbewertet; lieber baut man sich seine eigenwillige „Musicbox“ mitten in die Halle und lässt so seine Gäste zu den federleichten elektronischen Kompositionen, die nur durch dezenten Gesang erweitert werden, umher tanzen. Auch dieser Act vermag es dabei, in seiner Länge – aber vor allem in der Länge seiner Lieder - still in der Magie seiner Musik einzulullen. Da will man entweder nur völlig gelöst das Tanzbein schwingen oder (wie ich) die Augen schließen und innerlich zum Flug anheben.

Ein wahrlich phänomenaler Auftakt für einen solchen Abend. Dass HEALTH dem allem aber noch die Show stehlen, oder besser: die Krone aufsetzen sollte, damit wäre sicherlich nicht zu rechnen gewesen. Dennoch füllt sich das Gebäude 9, welches recht abgelegen und stimmig in einer industriellen, fast schon hafenähnlichen Gasse liegt, mittlerweile prächtig, starrt erwartungsvoll gen Bühne. Die Ruhe vor dem Sturm.

Auftakt. Ein Drummer, nein, ein Tier, verliebt in seine Kessel. Treibend trommelt er die Rhythmen des Todes, heizt an. Allein der ständige Anblick auf sein Treiben löst (gerade bei „Before Tigers“) ein Wechselbad der Gefühle aus, welches sich nicht zwischen ständigem Grinsen bis anmutenden Lachen oder einfach offenen Munde entscheiden kann. Anbei tanzt und hüpft ein langhaariger, asiatischer Herr auf der Bühne rum; man könnte ihn für den Sänger halten, aber eigentlich hat er nur sein Instrument weggelegt. Generell machen sich HEALTH nicht viel daraus, einfach ihre Nummern runterzuspielen, sie mögen viel lieber das Chaos; und so landet das Instrument noch einige male an diesem Abend in der Ecke, während man in völliger Raserei mit Drumstick auf die Bassdrum einprügelt. Sollte sich die Gitarre aber doch mal in den Händen dieser Freigeister befinden, so zaubern sie aus ihren Händen, aus ihren Instrumenten, aus ihren Effektpedalen Töne, welche sich irgendwo zwischen Weltuntergangsästhetik und absoluter Lebensfreunde befinden. So muss es sich anfühlen zu Sterben – oder zu Leben.

Spätestens ab „We Are Water“ befindet man sich in jener Trance, in der auch HEALTH stecken, in der sie vergessen, dass sie Menschen sind. Ein fast schon metaphysisches Erlebnis, welches die eigene Sicht auf Musik und die Welt verändern, revolutionieren kann. Oder so. Atemberaubend!