20.04.2008: Misery Signals, August Burns Red, Emmure, Butterfly Coma - Bochum - Matrix

20.04.2008
 

 

Was für ein Wochendausklang! Ein wunderschön entspannter Sonntag zwitschert ein Lied vom Frühling von den Bäumen, in den einschlägigen Parks steigen die ersten Holzkohlerauchschwaden in die Höh', ein Hauch von Bratwurst liegt in der Luft und die erste Sommermodenkollektion wird aus dem Kleiderschrank gekramt. Der Kollege Richie nutzt das schöne Wetter um die Winterreifen an seinem tiefergelegten Golf IV zu wechseln und seine Felgen auf Hochglanz zu bringen. Ähnlich leuchtend präsentiert sich sein nagelneuer Wifebeater von American Apparel als ich bei ihm ins Auto hüpf. "Du bist spät dran...!" raunzt er mich an und ein Lächeln umspielt sein solariumsgebräuntes Gesicht. "Eigentlich hätt' ich ja Bock auf ne richtig coole Oldschool Show mit ein paar smoothen 2-Steps, aber so muss ich mich halt mit so'ner Fashion-Show zufriedengeben. Was sachste eigentlich zu meinen neuen Air Max, die bekommste hier nicht?....und schneid Dir endlich mal diese Emo-Matte ab du Punk.."

30 Minuten Vollgas später biegen wir auf den Parkplatz der Matrix ein. Die Location ist schon gut gefüllt, der Merchtisch erfreut sich trotzt einer zum Tourende sehr geschrumpften Auswahl einer regen Aufmerksamkeit. Die regional verankerten BUTTERFLY COMA legen gerade auf der Bühne los und das doch recht junge Publikum nimmt den Metalcore Sound der Jungs mit ordentlichem Enthusiasmus auf. Ein erster Pit eine erste Windmill und die ersten Griffe nach dem Mikrofon. "Krasse Oberarme" schreit mir Richie ins Ohr und deutet mit einem Nicken zum muskelbepackten Frontkoloss, "aber ganz schön dünn die melodischen Vocals für so einen Brustkorb" resümiert er.

Ein ordentliches Set endet mit den ersten schwitzenden Leibern, die nun weiter in Richtung Bühne vordringen, denn die Bulldoggen Brutalo-Mosher von EMMURE stehen als nächstes auf dem Programm. Mit den ersten Takten ihres Sets stürmt dann gleich noch eine bunte All-Star Meute aus MISERY SIGNALS, AUGUST BURNS RED und Crew-Mitgliedern für ein wenig Spielmannszug-Action auf die Bühne bevor das Gespann aus Connecticut seine geordneten und tödlichen Slow-Mo Salven unter die Meute bringt. Natürlich ist der Sound der Jungs prädestiniert für gesunde Pitakrobatik und auch Richie verschwindet mit einem "Bis gleich" bei "When Keeping It Real Goes Wrong" in der Menge. Vokalist Frank ist bester Laune, gut am Posen und verliert seine Fasson auch nicht, als er von einem emporkrabbelnden Fan unsanft zu Boden gerissen wird. Es wird ordentlich gedivt, gelegentlich taucht Richies Kopf irgendwo in der Menge auf und im Pit wird sich dem kurzweiligem Testosteronrausch hemmungslos hingegeben. "Geile Scheisse" hechelt Richie als er mit blutender Oberlippe aus dem Pit taumelt "die CD muss ich mir unbedingt zulegen..". Nach der Show trottet einer der Gitarristen noch einmal auf die Bühne um sich in den vorderen Reihen Rauchgut zu erschnorren...

"Jetzt kommen AUGUST BURNS RED" freut sich Richie wenig später, "die find ich echt noch n Tick geiler als PARKWAY DRIVE, obwohl mir die australischen Sunnyboys sympathischer sind." In der Tat scheint ein Großteil des Publikums primär wegen der Solid State Discomosher aus Lancaster, Pennsylvania angereist zu sein, die sich erstmals in unsere Gefilde begeben. "Was machen die denn jetzt?" schaut mich der Gute stirnrunzelnd an, als sich die Band vor ihrem Auftritt kollektiv und Arm in Arm vorm Schlagzeug versammelt. "Scheiße, die beten ja. Wusste gar nicht, dass das auch so eine Christencombo ist. Aber bei Solid State hätte man es sich ja denken können.." Weitere Ausschweifungen sind dann auch nicht mehr möglich, denn die Jungs haben fertiggebetet und starten den infernalen Abriss, bei dem die ganze Matrix ganzheitlich ausrastet. Während die Gitarrenfraktion fleißig das Haupthaar schüttelt und in Flipflops vor sich hin mosht, gibt sich Frontmann Jake publikumsnah und übt sich in ausdruckstarken und theatralischen Posen. Das Publikum fühlt sich durch Hits vom aktuellen Album "Messengers" zu Höchstleistungen animiert und abermals wird die Bühne fleißig in Beschlag genommen. "Großartig!" fasst mein Kollege das schweißtreibende Set zusammen. Sein Shirt hat auch schon mal bessere Zeiten erlebt und der eine Träger ist angerissen. "Könnte glatt zu einer der Shows des Jahres werden!" strahlt er.

Der offizielle Headliner dieser Avocado Tour, MISERY SIGNALS, betritt die Bühne und sieht sich mit deutlich gelichteten Reihen konfrontiert. Bestimmt ein Drittel des Publikums hat bereits nach ihrem persönlichen Highlight den Heimweg angetreten und verpasst somit ein wirklich ansprechendes Set. Der Wisconsin Fünfer um einige ex 7 ANGELS 7 PLAGUES Mitglieder lässt sich nicht beirren und serviert ihren deutlich komplexeren Metalcore mit einer geballten Ladung Wut und Ambition. Die etwas ältere Fraktion des Publikums findet sich nun in den vorderen Reihen ein und feiert den Backkatalog der Jungs um Frontmann Karl Schubach der sich schön die Seele aus dem Leib kotzt. Auch ein neuer Track vom anstehenden Album "Controller" wird an diesem Abend präsentiert und positiv angenommen. "Ganz schön asozial, dass die ganzen Fashion Kids schon abgehauen sind" kommentiert Richie die Situation. "Die haben echt zu viel Geld. Erst die fairen 12 Euro für das Ticket, dann sich mit tonnenweise Merch eindecken - wobei der Merch des Headliners noch am günstigsten war - und sich dann vor dem Ende der Show verpissen...".

Ein famoser Tag geht zu ende an dem sich AUGUST BURNS RED als klarer Höhepunkt herauskristallisiert haben. "Würd' mich ja nicht wundern, wenn die in ein paar Monaten direkt auf Headlinertour kommen würden." Schließt sich auch die verschwitzte Mitfahrgelegenheit auf dem Fahrersitz an und schmeißt die "HookedLungStolenBreathCunt" in die Anlage. "Im Juli kommen Dwid und Co. mit CONVERGE auf Tour, da müssen wir unbedingt hin. Aber bis dahin gehst Du wirklich mal zum Frisör..."