21.08.2013: Alkaline Trio, The Bronx - Fabrik, Hamburg

21.08.2013
 

 

„Jo“. ADOLAR sind knapp angebunden, ihren heutigen Support mit einer kleinen Träne im Auge zu den Akten zu legen. Die Autobahn in Richtung Hamburg ist dicht – um einiges dichter zumindest als Matt Caughthran, der mit der frisch aufgerückten Spielzeit im Nacken heute gesünder und zurechnungsfähiger wirkt als beim letzten Besuch von THE BRONX in Hamburg.
Der glasige Blick des Glatzkopfes verspricht Bock auf ein Konzert im „kleineren“ Rahmen, genau wie es der Sänger zwischen „Knifeman“, „White Guilt“ oder dem neuen „Too Many Devils“ anprangert. Noch bevor Hamburg richtig aufgewärmt ist, rollt Caughthran bereits über Köpfe und Hände, brüllt sich durch die gut gefüllte Fabrik und verspricht allen „Motherfuckers“ „to fuck shit up“. Gegen ein kaltes Bier aus den Publikumsreihen spendieren THE BRONX im Tausch (und unter Gelächter) einen Lolli - zur Beibehaltung der Feierlaune im Anschluß „Youth Wasted“ und natürlich „Shitty Future“. „Letztes Mal floss das Bier von der Decke!“ kündigt die Frontsau das Finale an, welches man mitsamt zwanzig Metern Mikrofonkabel im persönlich angezettelten Moshpit verbringt. Die übrigen vier Fünftel der Kalifornier verweilen über die dreiviertel Stunde brav und manchmal unscheinbar aber mit gesunder Kondition auf der Bühne - und kümmern sich um aalglatte Schlagzeugpower und das notwendige Headbangen am Bass. Sollten etwa die Veranstalter des "Iron Man"-Wettkampfes noch einen passenden Namen für ihren hauseigenen Energieriegel suchen – THE BRONX wäre eine Referenz. Solange stehen sie als Gewinner auf dem Hardcorepunk-Siegertreppchen ganz weit oben.


Licht aus, Kerzen an – und das zweite (unspektakuläre) Intro rollt vom Band. Für das ALKALINE TRIO wirkt die Bühne der Fabrik nahezu perfekt, übersichtlich und gemütlich. „Private Eye“ eröffnet die einzige Clubshow der Deutschlandvisite und reanimiert zugleich dutzende Kehlen in den ersten Reihen. Auch Matt Skiba, Dan Andriano und Derek Grant waren eine Weile nicht in der Stadt und gießen ordentlich Material ihres aktuellen Albums „My Shame Is True“ in die heutige Setlist. „The Torture Doctor“ oder „I´m Only Here To Dissapoint“ finden Anklang, durchaus enthusiastischer angenommen werden jedoch „She Took Him To The Lake“ oder „Cringe“. Während sich Andriano am Bass skeptisch gibt und aufgrund des die Bühne umzingelnden Balkons besorgt zu sein scheint hat sein Kollege an der Gitarre offenbar Hummeln gefrühstückt. Es warten gewagte Tanzeinlagen, Flirts mit dem Publikum und stimmliche Ausflüge durch „I Found A Way“, „I Wanna Be A Warhol“ und das brilliante „Crawl“ – bei dem alle drei Mitstreiter des Trios zur Höchstform auflaufen.
Dazu grinst Skiba benebelt und versucht wiederholt, den einen oder anderen Witz ins Rampenlicht zu rücken. Die Chicagoer entscheiden sich für einen Rundumschlag von „Crimson“ über „Agony & Irony“ bis zu „Dine, Dine My Darling“ vom 2010er Album „This Addiction“ – lassen über die ungefähren 70 Minuten Spielzeit jedoch einige gängige Großwerke aus. Nicht etwa, weil sich ALKALINE TRIO dem spitzenmäßigen Warmup von THE BRONX unterwerfen. Skibas „Shitty Future“-Zitat wäre zwar ein Hinweis darauf – bevor „Radio“ als finale Zugabe allerdings fett unterstreicht, dass sich Los Angeles und Chicago heute in Hamburg sehr gut miteinander vertragen haben.