23.02.2010: Polar Bear Club, Shook Ones, Title Fight, Glasses - Gießen - MUK

23.02.2010
 

 


Heute liegen wir uns alle in den Armen und recken die Hände in die Luft. Gestern, vorvorgestern und gewiss auch überübermorgen wird es ähnlich gewesen sein. POLAR BEAR CLUB, SHOOK ONES und TITLE FIGHT sind auf Tour durch Europa und malen uns ein Lächeln aufs Gesicht. Ganz Allschools.de strahlt.
Aber was davon bleibt?

Zunächst und auf immer: Die verborgene Wiege des Sludge liegt in Gießen. Der Sound im MUK ist wieder mal erinnerungswürdig pampig.

Diesmal eröffnen GLASSES (sagen wir mal: aus Deutschland) den Abend und beginnen umstandslos nicht zu passen: nicht zu dieser Laune, nicht in dieses Line-up, nicht in diesen Laden, nicht zu diesem Publikum. Die Band will für sich sein in ihrer halben Stunde, ihre Misanthropie und Verzweiflung sitzt tief. Ohne einen zutraulichen Blick spuckt Sängerin Sam den nackten Hass. „Disaccords“ heißt ihr heimlicher Hit: Die Gitarre schält die Haut vom Knochen, die Stimme trifft ins Mark. Ich beginne Tage später den Text in mich hineinzuflüstern.

Die folgenden TITLE FIGHT haben – das wird schnell klar – die erste Glanztat (von vielen) mit der Wahl ihres Bandnamens vollbracht. Ungestüm randalieren die auffallend jungen Herren durch ein Set voller Hits. Hyperaktiv weigert der Bassist sich immer wieder, seinen Mund vors Mikro zu klemmen. Alles bewegt sich, der Schlagzeuger wütet und TITLE FIGHT versprühen den naiv-ungestümen Esprit guter US-Highschoolfilme. Hier ist Jugend unvergänglich.

Die etwas älteren Herren von SHOOK ONES und POLAR BEAR CLUB tun in den folgenden anderthalb Stunden eines sehr konsequent: niemandem was zu leide. Wohl seit Jahr und Tag arbeiten sie hart dafür, dass all das locker aussieht.
„Ich wusste gar nicht, dass so Musik noch gemacht wird“ brüllt mir mein Freund bei SHOOK ONES ins Ohr. So wohlig klang das bei „Tony Hawk“ auf der Playstation 1. Mehr denn je ein Spiel für den Proberaum.
„Chasing Gießen“. Meine Fresse, das ist jene Abend-für-Abend-Witzigkeit, die einem Detlef Soost eintrichtert. Junge Zwangshedonisten singen da bestenfalls alte, traurige Songs. Hier ist keiner traurig.

“No one stays at the top forever”. Eine weise Einsicht, die die jüngste Band des Abends hinauskrakeelt hat. Sie wird gewiss auch manchem an diesem Abend zu pessimistisch erscheinen. Kaum etwas könnte besser zu diesem Abend passen.

Ich will mein Leben zurück.