28.08.2010: Thoughts Paint The Sky, Longing For Tomorrow, Spaceman Spiff - JKC, Troisdorf

28.08.2010
 

 



Dunctonwood ist mehr als bloß ein weiteres Webradio. Es ist die Heimat einer „Familie“ – eine Familie aus Nerds und „Freigeistern“, wie man sie ja mittlerweile gerne nennt, aus Leuten mit speziellen, aber stets interessanten Musikvorlieben. Eine Familie, wo das Wort „uns“ oder „Freunde“ so ziemlich in jeden Satz fällt, und wo sowas wie eine Community fast genauso wichtig ist wie die Musik selbst. Manchmal erhebt sich da der Eindruck, das Ganze sei bloß aufgesetzt, als müsse man sich gezielt einen solchen Ruf und solche Sympathiepunkte erarbeiten. Doch wer die Leute hinter all dem kennt, der weiß: Die sind auch in echt so. Freaks. Und echt nette Menschen.

Einer davon heißt Torsten. Und neben dem Radio veranstaltet er auch mittlerweile Konzerte, welche diese „Community“ – oder in seinen Worten, Familie –, aber natürlich auch die eher unbekannten, als „Geheimtipp“ oft bezeichneten Bands, die da in seinem Radio laufen, wieder dahin zurück bringt, wo alles seinen Ursprung fand: nämlich vor und auf die Bühne. Letzten Samstag ging das Ganze in die fünfte Runde, wie immer – nur diesmal mit dem Zusatz „Sommer“ (auch, wenn dieser Abend eher durch Regen als durch Sonne geprägt war) – unter den Dunctonwood-typischen Namen „Ein Abend mit Freunden“. Besonders diesmal (mal abgesehen davon, dass der gute Torsten an diesen Abend auch seinen Geburtstag feiert): Es ist das letzte Mal im kuscheligen Troisdorfer JKC. Stattdessen geht’s ins Köln-Ehrenfelder Aetherblissment, früher auch bekannt als „Club Scheiße“ (ja, der Laden mit der Mülltonne als Kasse und der Wohnung als Location!). Premiere feiert das Ganze übrigens mit nicht geringeren als (u.a.) CAPTAIN PLANET und I NOT DANCE, welche ja szeneintern alles andere als Unbekannte sind. Doch zunächst geht’s um dieses Mal, um dieses letzte Mal im JKC.

Auftakt: LONGING FOR TOMORROW. Deutsche Texte, stilistisch grob im Screamo-Sektor (oder allem Artverwandten) einzuordnen und… nichts und! Sowohl in Punkto Auftritt als auch Musik gibt es auf den ersten Blick (und für mehr reicht es erstmal auch nicht) nichts außergewöhnliches zu vermelden, dafür kommt das Ganze äußerst tight, energisch, aber auch stilsicher rüber. Ein guter, ein passender, und ein Opener vor allem – mehr muss ja nicht immer sein.

Aber dann: THOUGHTS PAINT THE SKY. Wer außergewöhnliches sucht wird schon eher bei diesen Jungs fündig, obwohl „außergewöhnlich“ dann vielleicht schon etwas zu weit hergeholt ist. Also in Punkto Innovationen. Was THOUGHTS PAINT THE SKY nämlich Besonderes haben sind zwei Gitarristen, die ihren postrockig angehauchten Screamo ausgerechnet – und komplett – auf Akustik-Gitarren spielen. Und das klappt – selbst in den härteren Passagen. Highlight innerhalb der Instrumentalfraktion ist aber mehr der Drummer. Rhythmisch, treibend, brachial, hypnotisch – sein Stil sticht definitiv heraus, und kommt Live sogar noch einen ganzen Tick besser zur Geltung als auf Platte. Das alles ist dann in seiner Symbiose doch irgendwie „außergewöhnlich“, oder zumindest aufregend in seiner Wirkung. Was es sonst noch gab? Nen leicht deplatziert wirkenden, da mit Black-Metal-Shirt und langen Haaren bestückten, aber seinen Job ebenso gut machenden Bassisten sowie Ansagen, welche ja auch schon bei LONGING FOR TOMORROW vor allem in einerlei Hinsicht punkteten: Sympathie. Entspannt wird da mit dem Publikum geplaudert, aufmerksam wird da dem Geburtstagskind gratuliert, locker wird da nach eines der vielen kostenlosen Wassereise (das kann doch unmöglich der Plural sein?!) gefragt, welche man beim Kauf eines der gerade mal 4 Euro kostenden Tickets gratis dazu bekommt bzw. am Merchstand von Dunctonwood abholen kann. Generell – und das trifft auf alle anwesenden Musiker zu – merkt man, dass auch sie Teil dieser Familie sind, und dass auch sie nur Freunde sind, welche zu dieser „Geburtstagsparty“ eingeladen wurden. Keine Hierarchie – sie stehen halt nur am anderen Ende der Location. Entsprechend dankt man sich dann auch bei Torsten für die Auftrittsmöglichkeit. Und nicht anders soll‘s schließlich sein.

Die Location passt da gut ins familiäre Bild: Das JKC ist über einen Hintereingang zu erreichen, wirkt recht klein und überschaubar, bietet Sofas gegenüber der Bühne, ne Bar und Merchstände neben der Bühne und nen Kicker abseits der Bühne, Kerzen hier und da und – an diesem Abend – ne Menge Leute (es war auch tatsächlich relativ voll), die aber trotz ihrer Menge als Masse relativ entspannt waren und in das Bild passen, was man sich so von Dunctonwood abseits dessen macht. Freundliche Menschen, mitunter vielleicht etwas spezielle Menschen, aber Menschen, bei denen man sich wohl fühlt. Das mag zwar jetzt fast schon so klingen als hätte mir Torsten das beauftragt so abzutippen – wer sonst schreibt schließlich so über die „Familie“ seines „Lieblingsradios“ -, aber was soll ich sagen, es ist einfach so. Und wo sonst kann man das schon noch auf Konzerten im groben Gefilde härterer Musik uneingeschränkt behaupten?

Den Abschluss macht – wenn auch leider schon etwas früh – SPACEMAN SPIFF. Hört sich vielleicht auch ein wenig nach Screamo an, diesmal ist’s jedoch „nur“ etwas Singer/Songwriter zum ausklingen. Das klingt auch tatsächlich zunächst ein wenig typisch, ein wenig konventionell, ein wenig nach dem, was man so von nem Singer/Songwriter erwartet. Wenn man dem Herren mit der Teetasse, der dicken, schwarzen Brille und dem, ich glaube es war ein „Back To The Future“-Shirt mal etwas Zeit lässt und genau zuhört, so entpuppt sich letztendlich doch so einiges besonderes. Tolles, filigranes, aber eben auch subtiles Gitarrenspiel (insofern, dass die Schönheit im Detail liegt), dazu schöne Texte und Geschichten, wo mir vor allem „Mit Scherenhänden“ und „Schnee“ gefallen haben. Und dazu ist der Typ einfach nur auf seine Art sympathisch, wie er da aus seiner Tasse trinkt und sich nicht im klaren ist, ob er denn noch eine Zugabe spielen darf oder nicht. Meine Begleitung fand ihn zwar nicht ganz so gut wie ich, aber mich hat SPACEMAN SPIFF doch irgendwo – so leidig das jetzt klingen mag – berührt. Schade, dass ich nicht mehr genug Geld hatte, um bei ihm am Merchstand vorbei zu schauen. Aber vielleicht wird’s nicht das letzte Mal gewesen sein.

…was natürlich auch auf die Dunctonwood-Konzertreihe zutrifft. Und weil’s eh schon genug Lorbeeren geregnet hat, noch ein wenig Schleichwerbung: Am 2.10. kommen I NOT DANCE, am 4.12. CAPTAIN PLANET ins Aetherblissment. Mit Dunctonwood. Und hoffentlich den selben schönen Rahmenbedingungen, wie es sie an diesen Abend gab.

P.S.: Liest sich das wirklich so sehr nach Werbeblatt?!