30.08.2009: Rise Against, The International Noise Conspiracy, Mad Caddies - Pinneberg Wasserski-Arena - T-Mobile Extreme Playgrounds

30.08.2009
 

 

Sport? Am Sonntag? Zum Glück nur passiv! Nach zweifach Stau aber einem Parkplatz direkt vor dem Einlasstor (bei über 6000 Besucher eher unwahrscheinlich) die gute Nachricht: Die MAD CADDIES verschieben ihr Set um 30 Minuten. Ein Blick gen Himmel offenbart die schlechte Nachricht. Die ersten Tropfen auf die Glatze ebenso. Nichtsdestotrotz legen die MAD CADDIES pünktlich auf die Minute mit Verstärkung an Orgel und Percussion los. Sofort scheint der Regen vergessen, Hände schweben durch die Luft, es riecht nach Sonne und dem Strand von Santa Barbara. Die Kalifornier bieten ein durchweg sehr entspanntes und lässiges Sommer-Set ohne grossen Distortion-Anteil - aber mit bester Laune und Urlaubs-Mixtape-Musthaves wie „Leavin´“, „State Of Mind“ oder „Days Away“. Als eine der wenigen Fatwreck-Bands mit ehrlichem und langjährigem Charakter macht allein die Live-Routine der Band unglaublich Spaß. Eine Killerversion von „Monkeys“ (mit Banjo als „White Trash-Invention“) und ein leider zu frühes Finale lassen auf baldige neue Songs der vorbildlichen Amis hoffen.

Die Zeit nach dem CADDIES-Set nutzen wir, um uns einen Überblick über das Festivalgelände und die sportlichen Aktivitäten der zahlreichen Profi-BMXer und –Wakeboarder zu verschaffen. Vom eiskalten Cocktail über Nutella-Crepes bis hin zum Skateboard-Zipper bleiben (bei entsprechendem Festival-Geldbeutel) keine Wünsche offen. Zum Glück bleibt nicht viel Zeit für Konsum, denn der schwedische Revolutions-Fünfer THE (INTERNATIONAL) NOISE CONSPIRACY bittet zur Audienz.

Vom überdurchschnittlich jungen Publikum wohl nicht ganz verstanden, widmen sich Ex-REFUSED-Sänger Dennis Lyxzen und Co. mit sympathischen, (zwanghaft?) anarchistischen Verhalten und jeder Menge einmaliger Tanzbewegungen ihrem Arschtritt-Rock´N Roll, feuern Hits wie „Hiroshima Mon Amour“, „Smash It Up“ oder „Reproduction Of Death“ um sich und klären die Menge über den Unterschied von Songs „to fight“ und Songs „to fuck“ auf. Stimmungsmäßig geht der eigentlich mitreißende Auftritt von T(I)NC leider etwas unter - passt allerdings vom feeling her nach dem karibischen Stageflair bei den MAD CADDIES eher in einen stinkigen, versifften Kellerclub.

Nochmals gilt es nach einer knappen Stunde Schweden-Rock die Zeit zu überbrücken, bis der Headliner RISE AGAINST sich zu beweisen hat. Man setzt auf BMX-Miniramp Finals und gefüllte Pizza á la Festival. Sprich gefüllt mit Fett. Es wird dunkel und auffällig mehr Menschen (oder Kinder?) zieht es in Richtung Bühne, die einmalig direkt neben dem Strand der Wasserskianlage liegt. MTV verspricht eine Live-Übertragung. Lustiger Gedanke, gerade auch nachdem man T(I)NC – eine Vorzeige-Revolutionsband – neben all den T-Mobile, XBOX und Sony Ericsson Bannern erleben durfte, ha! Konsum 2009.

Ebenso penibel pünktlich dann das Stadion-like-Intro der 4 Chicagoer Hardcorepunker um Sänger Tim McIlrath, welches sich straight in „Collapse“ verwandelt. Hummeln im Arsch ab der ersten Sekunde geht es nahtlos weiter mit „State Of The Union“. Nach dem Hype um die Band und deren ausverkaufte Hallentour im Februar diesen Jahres werden RISE AGAINST aber auch heute Abend ihrem Ruf als ausgezeichnete Liveband gerecht. Ein professionell reibungsloser Ablauf wirkt zusammen mit der Spielfreude, die jedes der 4 Gesichter von Tim, Zach, Brandon und Joe ziert, einfach zu echt und herzlich. Auch wenn man die szene-typschen Ansagen wie „Macht mal Circlepit“ oder „Ihr und wir sind die Musik...“ mittlerweile nur noch belächeln kann – RISE AGAINST geben sich alle Mühe und bieten über eine Stunde Hits am laufenden Band. Auf dem Zettel stehen sogar alte Songs wie „Blood-Red, White and Blue“ und runden einen musikalisch und sportlich einmaligen Sonntag ab. Leider gibt die Stimme von Tim teilweise in den höheren Lagen auf, aber bei dem Tourplan sollte auch eine solche Lappalie zu verzeihen sein. Statt das Publikum wie viele andere politisch involvierte Bands mit Propaganda zu langweilen, lassen RISE AGAINST nicht mal Stimm- oder Verschnaufpausen zu, sondern langen gesund und munter immer wieder tief in den Hitkessel.
Nach dem Überhit „Give it All“ verlassen wir leider vor der Zugabe das Festivalgelände, weil wir uns dem Verkehrchaos der zahlreichen MySpace-Jünger entziehen wollen. Unser Plan geht auf und mit auffällig viel frischer Luft in den Lungen (für einen Sonntag!) und besten Erinnerungen im Hirn trägt uns die A7 sicher gen Festland. Dickes Lob an T-Mobile: So ein Line-Up als Rahmenprogramm muss erstmal jemand zusammen buchen. Oder waren das lediglich die glücklichen Ausschweifer der Festivalsaison? Weiter so...

Ca. 6500 Besucher
Moppi/Maik