TERROR - Interview mit Gitarrist Martin Stewart

26.04.2017
 

 

 

Hey Martin, wie geht’s?

Prima, die Tour läuft gut, wobei es heute erst die dritte Show ist. Wir spielen auch nur 6 Shows, 5 davon in Deutschland, eine in Belgien. Das ist glaube ich die kürzeste Tour, die ich je gespielt habe. Wir promoten unsere neue EP, die Ende des Monats kurz nach der Tour herauskommt. Wir haben auch einige 7“ von „The Walls Will Fall“ hier mit auf der Tour dabei.

 

Kommt ihr gerade von zuhause?

Ja, wir haben in Virginia das United Blood Festival gespielt und sind von dort nach Europa geflogen. Davor haben wir eine Auszeit genommen und waren eine lange Zeit zuhause.

 

Was bedeutet für dich denn eine lange Zeit?

Es war fast ein ganzes Jahr, ich habe in der Zeit einige Touren gespielt, da ich auch in anderen Bands spiele, aber TERROR war zuhause am Chillen. Scott musste sich von seiner Operation erholen und Physiotherapie machen. Aber soweit ich das beurteilen kann, geht es ihm jetzt wieder gut. Die ersten 3 Shows, die wir gespielt haben, waren wirklich gut.

 

Waren das wirklich die ersten Shows, die ihr seit Mitte letzten Jahres gespielt habt? Wie war denn die Tour ohne Scott, mit David an den Vocals?

United Blood war die erste Show seit letztem Sommer. Die Tour mit David an den Vocals war gut, er hat den besten Job gemacht, den Jemand als Vertretung für Scott machen konnte. Die Tour hat auch jede Menge Spass gemacht, aber es fühlt sich jetzt natürlich besser an wieder als komplette Band zurück zu sein.

 

Im Juni in der Festivalzeit kommt ihr ja schon wieder auf Tour nach Europa. Gibt es eine ähnliche Festival Kultur in den USA wie hier in Europa?

Es gibt eine Festival Saison in den USA, aber das sind eine komplett andere Art von Festivals, wie z.B. das Coachella Festival, von dem ihr sicher auch schon gehört habt. Das ist ein wirklich riesiges Festival auf dem Bands wie wir jedoch gar nicht spielen. Ab und an gibt es schon einige wenige kleinere Festivals, aber nicht vergleichbar wie hier, wo es große Festivals nur mit Punk, Hardcore und Metalbands mit mehr als 20.000 Zuschauern gibt. Es gibt in LA das „Sound and Fury“ Festival, das geht zwei Tage, ist in einer Halle und es kommen vielleicht 1000 Leute. Da ist einfach ein riesen Unterschied, auf der einen Seite die eher kleinen Hardcore Festivals, wie z.B. auch das United Blood und auf der anderen Seite die wirklich großen Festivals, auf denen keine Hardcore Bands spielen.

 

Dieses Jahr spielt ihr das „This is Hardcore“ Festival in Philadelphia mit einem wirklich großartigen Line Up bei dem man echt neidisch werden kann.

Ja, das Line Up ist wirklich abgefahren. Es ist nicht auf einem Level, wie z.B. das „Ressurection Festival“ in Spanien, aber für amerikanische Verhältnisse ist es wirklich groß.

 

Was kannst du uns über die neue EP sagen?

Es sind 4 neue Songs und ein MADBALL Cover.

 

Wie kam es zu dem MADBALL Cover?

Wir hatten einfach Lust darauf, es ist ein alter Song, den wir alle mögen und MADBALLwiederum spielen den Song nie live.

 

Die „neuen“ Songs sind wirklich neu oder schon länger bei euch in der Schublade?

Es ist so, dass Nick, unser Drummer, der Hauptsongwriter ist. Er und Jordan (Gitarre) sind immer am neue Songs schreiben.

 

Das heisst Nick spielt auch andere Instrumente?

Es ist einer dieser Genies, die vermutlich morgen auch Saxophon spielen könnten, wenn er wollte. Er spielt sehr gut Gitarre und schreibt die meisten Riffs. Wie gesagt, er und Jordan sind immer am neue Songs schreiben, die Songs sind schon neu, ich kann dir aber nicht genau sagen, wann sie das erste Mal mit diesen Songs um die Ecke kam.Wir haben uns einfach entschieden eine kurze EP rauszubringen, quasi als Überbrückung bis zum nächsten Album.

 

Die 7“ kommt auf Triple B und die Cd auf Pure Noise Records raus?

Genau, Triple B bringen die Vinyl Version raus und sind ein wirkliches DIY Label. Sie sind auch eines meiner Lieblingslabes, welche aktuell einige sehr gute Bands herausgebracht haben. Beim nächsten Album, wann auch immer das erscheinen wird, wird Pure Noise dann alles machen. In Europa wird das Album dann wohl auf Nuclear Blast erscheinen.

 

Wow, Nuclear Blast machen mehr und mehr Hardcore.

Ja, BROKEN TEETH zum Beispiel.

 

MADBALL und AGNOSTIC FRONT ja auch.

Nuclear Blast sind einfach ein Kultlabel, die haben schon so viele gute Alben veröffentlicht und wir wissen, dass sie hier eine sehr starke Präsenz haben. Ich freue mich drauf.

 

War denn von vorne rein klar, dass ihr nur 2 Alben auf Victory Records veröffentlicht?

Ja, das war schon immer so geplant. Ich weiss, dass viele Bands Probleme mit Victory Records haben, aber wir können uns nicht beklagen. Ich meine, es liegt doch auch an den Bands, die verhandeln den Vertrag und unterschreiben diesen dann.

 

Ich erinnere mich noch, als ich angefangen habe Hardcore zu hören, damals waren Victory eines DER Hardcore Labels mit Bands wie SNAPCASE, STRIFE oder EARTH CRISIS.

Ich weiss noch, dass die Victory Website, die erste Website war, auf die ich als Teenager gegangen bin. Ich erinnere mich, wie ich den ersten „Victory Style“ Sampler bestellt habe. Der „Victory Style 1 + 2“ Sampler war meine Kindheit, die Songs darauf haben mich geprägt. Ich habe Victory Records immer geliebt, ich weiss nicht wirklich was das Label heutzutage macht, damals Mitte der 90er haben sie einfach richtig gute Platten rausgebracht.

 

Ihr habt also keinerlei schlechte Erfahrungen mit Victory Records gemacht?

Nein, absolut nicht. Tony Victory ist schon ein verrückter Kerl, wir sind ein paar Mal zusammen abgehangen. Sie haben uns in vielen Dingen geholfen.

 

Du hast gesagt, dass ihr fast ein Jahr Pause mit TERROR gemacht habt, wobei das ja quasi eine Zwangspause war. Ich habe den Eindruck, dass ihr eine der Bands seit, die permanent auf Tour sind. Ihr tourt in Europa zwei bis dreimal im Jahr, hier in der Stadtmitte seit ihr ja nun auch schon das dritte oder vierte Mal, im Substage habt ihr auch schon gespielt. Könnt ihr die Shows noch zählen, die ihr gespielt habt?

Ich kann die Shows nicht mehr zählen, es sind einfach zu viele. Wobei an dem Punkt an dem wir jetzt sind, werden wir in Zukunft wohl nicht mehr so viel touren wie wir das in der Vergangenheit gemacht haben. Wir werden alle älter....

 

Ist es für euch notwendig so oft zu touren, um Geld zu verdienen?

Nein. Wir haben alle auch andere Dinge, die wir abseits der Band machen. Ich habe einen Job. Ich möchte nicht auf die Musik angewiesen sein, um Geld zu verdienen. Wir spielen in der Band, wir touren und wir können auch davon leben. Ich wollte nie, dass das Einzige ist, was ich tue, denn es wird der Tag kommen an dem wir das nicht machen. Ich meine wir sind nicht die ROLLING STONES.

 

 

Was machst du denn jobtechnisch noch? Welcher Job lässt sich mit einer Band verbinden mit welcher man das halbe Jahr auf Tour ist?

Ich habe schon immer sehr viel mit Computern und Grafiken gemacht. In früheren Bands hatten wir auch kein Geld jemanden für z.B. Shirt Designs oder Cover Layouts zu bezahlen. So habe ich mir das selbst angeeignet, von „Trial and Error“ usw... Mittlerweile bin ich, denke ich ganz gut darin, kriege entsprechende Aufträge und werde bezahlt dafür.

 

Cool, das heisst du kanns eigentlich auch arbeiten, wenn ihr auf Tour seid?

Genau, solange ich eine Internet Verbindung habe, kann ich von überall aus arbeiten.

 

Bleibt neben der Band noch Zeit für Familie?

Ich vermisse schon einige Dinge, ich habe zwar keine Kinder, aber viele meiner Freunde heiraten... Ich bin jetzt 35, nicht sooo alt, aber doch alt genug und ich fange an mein Zuhause zu vermissen. Es ist schon lustig, ich vermisse einerseits mein Zuhause, wenn wir auf Tour sind. Wenn wir dann eine gewisse Zeit zuhause sind, vermisse ich es andererseits Shows zu spielen.

 

Du lebst in Los Angeles? Kommst du auch von dort?

Ja, Nick und ich kommen aus LA und sind dort auch aufgewachsen. Scott kommt ursprünglich aus Buffalo, lebt aber mittlerweile seit einigen Jahren in LA. Jordan lebt in Toronta und Chris (Bass), der mit uns auf Tour ist kommt aus Maine.

 

Wie funktioniert das Songwriting, wenn ihr teilweise so weit auseinander wohnt? Nur auf Tour oder schickt ihr Soundfiles per E-Mail?

Durch das Internet ist das schon sehr einfach geworden, man nimmt etwas auf und verschickt es. Früher war das alles viel komlizierter, heute kann man z.B. auch mit FaceTime überall auf der Welt miteinander kommunizieren.

 

Mein Sohn ist 11 Jahre alt er kennt eine Welt ohne Internet gar nicht.

Es ist schon verrückt, manchmal vermisse ich diese Zeiten auch, damals war es entsprechend schwieriger an Informationen oder auch an Platten zu kommen, aber umso schwieriger es war, umso mehr wusste man diese Sachen zu schätzen. Das hat alles gute und schlechte Seiten.

 

Wie ist es für euch als Band mit all diesen Streaming Diensten?

Ich finde das eigentlich ganz cool. Eine Band wie wir wird nie wirklich Geld mit Plattenverkäufen verdienen. Wenn du Jay Z bist und eine Million Platten verkaufst, dann mag das eine Rolle spielen, weil sie eine Menge Geld damit verdienen. Für uns ist es besser, wenn viele Leute einen einfachen Zugang zu unserer Musik haben und wenn ihnen die Musik gefällt, sie dann zu unseren Shows kommen. Ich nutze sowohl Spotify und iTunes und zahle auch für beides. Es ist schon was anderes als früher, als die Leute die Sachen illegal runtergeladen haben. Bei den Streaming Diensten wird ja gezählt, welche Songs wie oft gestreamt werden.

 

Aber eine Band wie ihr wird dadurch sicher nicht besonders viel Geld bekommen?

Die zählen das natürlich schon, aber ich kann dir nicht sagen, ob wir jemals Geld dafür bekommen haben.

 

Ich habe vor Jahren mal in einem Interview mit Scott gelesen, dass er vor fast jeder Show was trinkt, um „Feuer in den Tank zu bekommen“.

Scott, Jordan und ich, wir trinken Alkohol, unser Schlagzeuger und Bassist sind beide Straight Edge. Ja, es ist schon so, dass wir vor fast jeder Show etwas trinken. Egal, wie oft man schon auf Tour war, bin ich immer noch nervös vor jeder Show. Ich finde, dass die Anspannung auch dazu gehört, ansonsten wäre man irgendwann gelangweilt, wenn nicht etwas Nervosität vor der Show vorhanden wäre. 1-2 Drinks helfen einfach diese Nervosität zu überwinden, auch wenn wir es manchmal etwas übertreiben bevor wir auf die Bühne gehen. Bei mir klappt das eigentlich immer, auch wenn ich was getrunken habe, dann funktioniere ich immer noch, weil ich die Songs schon so oft gespielt habe. Jordan hat da etwas mehr Probleme, weil er dann ziemlich schlapp wird. Scott hatte definitv auch schon einige Situationen, wo er später nicht mehr wusste welche Songs wir gespielt haben und Sachen zu Bruch gegangen sind... Aber er ist mit voller Leidenschaft dabei und das ist doch wiederum das Wichtigste im Hardcore. TERROR ist auch keine Band, bei welcher die Leute nur rumstehen oder sitzen und dich beobachten, ob jeder Ton und jede Note richtig gespielt oder gesungen wird, es ist einfach mehr als das. Ich finde das Wichtigste ist die Stimmung und die Interaktion von Band und Publikum auf einer Show. Du musst die Show fühlen können, ich finde es sekundär, ob du total sauber dein Instrument gespielt hast. Einige meiner Lieblingsbands wissen nicht, wie man das Instrument richtig spielt, aber sie haben einfach eine geile Show gespielt.

 

Ok Martin, vielen Dank für das Interview, ich freue mich auf die Show heute abend.