Interview mit ANY GIVEN DAY

09.12.2016
 

 

Interview mit ANY GIVEN DAY - 07.12.2016, Backstage München

Ein Interview mit ANY GIVEN DAY – das wollte ich schon immer. Kurzfristig ergab sich dazu die Möglichkeit: Am zweiten Tag der momentanen Europa-Tour von CALIBAN, SUICIDE SILENCE, ANY GIVEN DAY und TO THE RATS AND WOLVES standen mir die Jungs Rede und Antwort. Wie die Zusammenarbeit mit TRIVIUM-Frontmann Matt K. Heafy beim Song „Arise“ zustande kam, welche Bierlaune die Jungs dazu bewegte, ihr bekanntes RIHANNA-Cover zu produzieren und was die Band kommendes Jahr noch geplant hat, erzählten mir Midge (Gitarre), Andy (Gitarre) und Dennis (Vocals) am 07.12.2016 im Backstage in München.

Es freut mich total, dass ihr mir so kurzfristig noch die Chance gegeben habt, euch heute ein paar Fragen zu stellen – wer hätte es gedacht. Da meine Vorbereitungszeit eigentlich alles andere als ausreichend war, dachte ich mir, dass ich euch einfach genau die Dinge frage, die mich persönlich am meisten interessieren.

Andy: Ja, das klingt doch total gut, mach mal!

Heute ist der zweite Tag eurer Tour, ihr seid ja noch bis zum 22. Dezember unterwegs. Wie sieht euer Alltag währenddessen aus? Wie haltet ihr euch fit?

Midge: Ich würde sagen, dass jeder seinen eigenen Weg hat, fit zu bleiben. Man weiß ja mittlerweile, auf was man sich da einlässt. Es kann durchaus mal hart werden, man feiert zu lange und schläft zu wenig – wir kennen das alle. Dennis z.B. macht Sport und schmeißt dann ab und zu mal die Hanteln durch die Gegend – oder geht laufen. Der andere schläft einfach bis 15 Uhr. Es wird natürlich gerne auch das ein oder andere Bierchen getrunken, wir sind ja alle sehr gesellig. Gerade auf dieser Tour sind wieder unglaublich coole Leute dabei, alte Freunde sozusagen. Das ist wie eine Art Klassentreffen oder ein Familienurlaub. Ich denke, dass alleine die Atmosphäre untereinander und der Spaß an der Sache einen automatisch fit hält. Egal, wie hart die Nacht auch war: Man steht trotzdem jeden Tag auf und freut sich, am Abend wieder vor Publikum zu spielen und neue Leute kennenzulernen. Das ist wohl das Geheimrezept. Wir sind leidenschaftlich bei der Sache und sehen die Tour nicht als Arbeit an, obwohl es das natürlich ist. Von außen sieht man meistens nicht, wie viel Aufwand tatsächlich hinter einer Show steckt, die dann vielleicht 30 Minuten dauert. Wenn du mich fragst, könnte ich das wirklich 360 Tage im Jahr machen, bräuchte dann aber vielleicht ein oder zwei Off-Days dazwischen. Und viel Bier natürlich.

Wie kam denn eigentlich eure Kooperation mit Matthew K. Heafy von TRIVIUM bei eurem Song „Arise“ zustande? Schreibt man da einfach eine Mail und fragt?

Andy: Im Endeffekt: Ja. Kennengelernt haben wir TRIVIUM auf dem Summer Breeze Festival, dort spielten wir am gleichen Tag. Es wurden ein paar Fotos gemacht und ein bisschen geschnackt. Währenddessen haben wir eigentlich recht schnell gemerkt, dass die Jungs super cool und easy sind. Für das neue Album war zu diesem Zeitpunkt schon länger geplant, eine Zusammenarbeit mit einem anderen Musiker zu starten.

Midge: Es war uns vor dem Festival aber noch nicht bewusst, dass es Matt sein sollte. Andy und ich haben uns allerdings direkt nach dem Gespräch in die Augen gesehen: Für uns stand einfach fest, wer das Feature auf unserer Platte machen sollte. Der Song passte perfekt zu ihm.

Andy: Natürlich war das aber erst einmal nur Wunschdenken, darauf konnte man sich ja nicht verlassen. Wir dachten uns dann einfach: „Lass uns mal anfragen, vielleicht klappt es ja.“ Wir wussten nicht, dass Matt unsere Band tatsächlich auf dem Schirm hatte. Über die Anfrage freute er sich wirklich und gab uns prompt eine Zusage, ohne den Song vorher überhaupt gehört zu haben. Das war schon wirklich genial.

War der Song zu dem Zeitpunkt schon fertig?

Andy: Der Song war in der Vorproduktion, der Text schon geschrieben. Ich habe dann einen Part, den ich passend fand, herausgesucht und ihm diesen Vorschlag geschickt. Wir wollten, dass er seine Ideen einfließen lässt und gaben ihm dahingehend auch komplett freie Hand.

Meiner Meinung nach hört man auch, dass die Melodielinie von ihm kommt. Stimmt das?

Midge: Ja, richtig. Genauso wollten wir das auch haben. Matt schickte uns zeitnah sehr viele Spuren, alle Melodien und Mehrstimmigkeiten dachte er sich selbst aus. Da gab er sich wirklich Mühe.

Andy: Die ganze Sache passierte während einer Tour, die er mit TRIVIUM währenddessen noch spielte. Trotz des ganzen Stresses hielt er wirklich Wort.

Ich habe auch mitbekommen, dass Matt richtig in seine Cleanvocals investiert hat. Das hörte man schon 2015 beim TRIVIUM-Album „Silence In The Snow“.

Andy: Er hat seinen Weg gefunden, mit der eigenen Stimme umzugehen. Wir spielten drei Shows mit TRIVIUM. Dabei bekamen wir mit, dass Matt absolut diszipliniert ist und z.B. einige Zeit vor der Show nicht mehr spricht, viel Tee trinkt und seine Stimme sehr schont.

Midge: Man merkt einfach, dass was dahintersteckt. Wir sprechen hier von TRIVIUM – nicht umsonst eine absolut genreprägende Band.

Zu eurer aktuellen Platte „Everlasting“ gibt es mittlerweile zwei Musikvideos, „Endurance“ und „Arise“ sowie ein Lyricvideo zu „Levels“. Habt ihr noch ein weiteres Video geplant?

Dennis: Ja, haben wir tatsächlich. Das wird ein dickes Ding, verraten dürfen wir aber natürlich noch nichts. Die Überraschung kommt dann nächstes Jahr und vielleicht auch eher, als man vermuten würde.

Any Given Day

Wer schreibt denn bei euch hauptsächlich die Texte, macht ihr das zusammen?

Dennis: Durch das „Everlasting“-Album haben wir wirklich unseren Weg gefunden. Mir war es wichtig, dass die ganze Band beim Songwriting dabei ist und jeder seine Ideen einbringt.

Midge: Wenn alle an den Texten beteiligt sind, läuft man auch nicht Gefahr, zu engstirnig in gewissen Dingen zu werden. Wir kombinieren verschiedene Ideen und fügen auch unterschiedliche Schreibweisen zusammen. Diese Art und Weise funktioniert für uns am besten. Über ein Wort wird dann auch gerne mal drei Stunden diskutiert.

Andy: Gerade bei den Aufnahmen merkt man oft, wie wichtig es ist, die jeweiligen Silben richtig zu positionieren. An dieser Stelle wird gerne noch Einiges abgeändert.

Midge: Da wir eine deutsche Band mit englischen Texten sind, ist es natürlich wichtig, die Lyrics gegenprüfen zu lassen. Wir haben trotz künstlerischer Freiheit den Anspruch, gute Texte zu schreiben und lassen alle Zeilen nach Fertigstellung noch einmal von amerikanischen Muttersprachlern verbessern, so bekommen wir guten Input und eine Rückbestätigung.

Aus persönlichem Interesse folgende Frage: Wie schafft man den Sprung aus der lokalen Szene eine Ebene weiter nach oben? Ihr selbst wart dort auch viele Jahre unterwegs, bis es ab 2011 mit ANY GIVEN DAY richtig losging.

Midge: Da gibt es wohl kein Patentrezept. In erster Linie geht es um die Qualität deiner Musik. Eine andere Sache ist es, den Zahn der Zeit zu treffen. Zu unserem RIHANNA-Cover: Wir haben das damals nicht mit dem Hintergedanken gemacht, etwas zu reißen oder damit den großen Durchbruch zu schaffen. Vielmehr hatten wir einfach Bock, „Diamonds“ zu covern. Man hörte diesen Song im Radio rauf und runter, bis es einem schon zum Hals heraushing. Aus einer Bierlaune heraus kam Andy und mir dann eine Idee. Wir waren überzeugt davon, dass man aus diesem Song noch mehr herausholen konnte. Zu diesem Zeitpunkt waren wir in einem Schlagerschuppen und „Diamonds“ lief. Ein Bier später stand der Entschluss für Andy fest, daraus ein Cover zu machen. Ich dachte mir noch, dass er das bis morgen sowieso wieder vergessen hatte. Tja. Drei Tage später kam Andy mit dem fertig aufgenommenen „Diamonds“-Song um die Ecke. Micha, unser Bassist, fand das erst einmal gar nicht so cool. Auch Dennis sträubte sich anfangs dagegen, einen Girlie-Popsong einzusingen. Als er schließlich die ersten Töne aufnahm, war uns klar, dass das super wird. Wir stehen bis heute komplett hinter dem Cover, mittlerweile hat es ja über sieben Millionen Klicks auf YouTube erreicht. Ich würde Newcomerbands aber nicht zwingend empfehlen, selbst ein Cover zu machen. Das kann funktionieren, es gibt aber keine Garantie dafür. Zu viele Faktoren hängen davon ab, ob sowas ankommt oder nicht. Es gehört neben Glück schlicht und ergreifend harte Arbeit dazu.


War das Musikvideo zu „Diamonds“ von vornherein geplant?

Midge: Diese Idee kam uns dann relativ schnell. Wir hatten noch nie ein Musikvideo gedreht und auch Mirko Witzki, unser Filmemacher, stand damals noch ganz am Anfang seiner Karriere. Kohle hatten wir zu diesem Zeitpunkt natürlich auch noch keine. Ich kannte zufällig einen Disco-Besitzer, welche Location ist schon passender für einen Popsong: Eine Metalband umringt von Discokugeln. Gerade, wenn man dann noch so ein Tier wie Dennis hat, der in einer Popdisco komplett durchdreht – das fanden wir cool. Die Location konnten wir kostenlos nutzen und haben das Video einfach gedreht. Über Nacht ging der Song komplett durch die Decke, die Klicks konnte man gar nicht mehr zählen. Da waren wir richtig aus dem Häuschen.

Noch einmal zurück zu euren Anfängen. Wie ergab sich letztendlich die ANY GIVEN DAY-Formation?

Midge: Zusammengerechnet machen Andy, Rapha und ich schon seit 14 Jahren gemeinsam Musik. Es kamen immer wieder andere Musiker dazu, unsere Wege trennten sich auch kurzzeitig. Im Laufe der Zeit stellten wir jedoch fest, dass es in der ursprünglichen Kombination noch immer am meisten Spaß machte. Deswegen riefen wir 2011 ANY GIVEN DAY ins Leben und können uns das bis heute nicht besser vorstellen. Wir haben Jahre lang in sämtlichen Jugendzentren der Welt gespielt. Auch, wenn nur zwei Zuschauer da waren, gaben wir immer Gas. Es ist wichtig, den Leuten das Gefühl zu geben, dankbar zu sein. Egal, ob du vor zwei, 200 oder 10.000 Menschen spielst, solltest du immer 100% geben. Wichtig ist es, nicht aufzugeben. So kann es auch passieren, dass man eines Tages mit CALIBAN oder SUICIDE SILENCE gemeinsam auf der Bühne steht. Vorher hatte man sich noch selbst die Shirts und CDs von ihnen gekauft. Man weiß schließlich nie, wohin der Weg führt.

Meine letzte Frage an euch: Was habt ihr für 2017 noch geplant?

Midge: Wie gesagt werden wir von der „Everlasting“-Platte noch ein Video herausbringen, ein Tour-Update steht ebenfalls an. Das kann ich natürlich jetzt noch nicht verraten, wir dürfen jedenfalls eine sehr coole Band supporten. Außerdem werden wir kommendes Jahr auch eine eigene Headliner-Tour spielen, das hatten wir bis jetzt ja noch nicht. Im Sommer stehen noch ein paar Festivals an. Wir sind wieder fleißig am Schreiben, einige Text- und Songideen sind bereits fertig. Man darf nie stehen bleiben. Das neue Album wird noch etwas auf sich warten lassen, musikalisch wollen wir uns natürlich auch stetig weiterentwickeln.

Die aktuellen Daten der Europa-Tour von CALIBAN, SUICIDE SILENCE, ANY GIVEN DAY und TO THE RATS AND WOLVES findet ihr hier:

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