Interview mit BEACH FOSSILS

07.09.2017
 

 

Bitte stellt euch doch erstmal vor.

Dustin: Ich bin Dustin und ich bin die coolste Person der Welt. Ich spiele Gitarre und singe bei Beach Fossils.

Anton: Ich bin Anton, ich bin die uncoolste Person der Welt. Ich spiele Schlagzeug.

Jack: Mein Name ist Jack und ich spiele Bass.

Daniel: Ich bin Daniel. Ich spiele Keyboard und Trompete.

 

Laut Facebook seid ihr ja nur drei Leute. Habt ihr eine Art harten Kern und eine tourende Band, oder wie läuft das? Auf dem Album sind ja eine Menge Instrumente zu hören, was live nicht so gut reproduzierbar ist.

Dustin: Ja, das ist etwas verwirrend. Also, was die ersten paar Alben und Platten angeht, habe ich alles eingespielt und geschrieben. Bei „Somersault“ war das jetzt anders. Tommy, der nicht hier ist und die andere Gitarre spielt sowie Jack sind dazu gekommen und haben daran mitgeschrieben. Daniel spielt dann live mit, Anton hat auch im Studio das Schlagzeug eingespielt.

Daniel: Tommy und ich spielen die Parts, die das Streichertrio auf dem Album eingespielt hat. Wir versuchen, das Ganze so nah dran wie möglich zu halten, müssen jedoch dafür mit Samples auf dem Keyboard arbeiten.

Dustin: Wir hatten überlegt, vielleicht mit einem Streicherquartett in New York das Konzert für den Tourabschluss zu spielen. Da würde dann auch jemand noch Flöte spielen.

 

Cool. Ich hatte auch bei Wikipedia gelesen, dass euer vorheriger Schlagzeuger nach China gezogen ist.

Dustin: Ja, er war irgendwie an einem Punkt, wo er Entscheidungen zu treffen hatte. Ihm waren andere Dinge wichtiger. Er wollte ein buddhistischer Mönch in China werden. Das hat er dann aber doch nicht gemacht. Er ist dort hingezogen und hat ein Mädchen gedatet, ist aber irgendwann zurück nach Amerika gezogen. Ich weiß nicht, was er im Moment macht.

 

Die Hälfte der Tour ist rum. Wie läuft’s?

Dustin: Ziemlich gut. Das ist glaube ich unser viertes Mal in Europa oder so. Aber das letzte Mal ist echt lange her, so drei oder vier Jahre. In dieser Besetzung sind wir also das erste Mal hier, und es fühlt sich deshalb auch irgendwie an wie ein erstes Mal. Wir haben hier aber damals auch für „Clash the Truth“ getourt.

 

War das dann kleiner? Heute ist ja ausverkauft, und auch in Großbritannien waren einige Shows ausverkauft und ihr habt ein paar Festivals gespielt.

Dustin: Nein, das war ungefähr dieselbe Größenordnung.

 

Es ist eine ziemlich lange und engmaschige Tour. Macht ihr das immer so? Ist das nicht anstrengend?

Dustin: Es kommt drauf an. Normalerweise halten wir uns schon sehr beschäftigt mit Konzerten. Jetzt wo das Album raus ist, ist es aber sogar nochmal mehr geworden.

Jack: Ja, normalerweise haben wir immer mal ein paar Wochen frei, aber nicht sehr lange.

Dustin: Also wenn wir nicht gerade ein neues Album draußen haben, machen wir normalerweise eher Touren die eine Woche lang sind und auch ein paar Gigs für die wir dann drei Tage in die jeweilige Region fliegen. Eine so lange Tour haben wir glaube ich mit diesem Lineup noch nicht gehabt. Das kann einen dann schon fertigmachen. Aber normalerweise lassen wir es etwas sanfter angehen.

 

Und was macht ihr so? Jeden Tag stundenlang im Van rumsitzen ist ja nicht so unterhaltsam.

Dustin: Wir trinken viel. Ich selbst esse viel schlechtes Essen. Schlafen, Podcasts hören, Audiobooks hören.

Jack: Ich habe ein Ipad und spiele Dream League Soccer.

Dustin: Er ist sehr gut darin. Ich spiele viel Soda Crush. Das ist das beste Spiel der Welt. Candy Crush Soda Saga.

 

 

 

Könnt ihr uns was über die Supportband (Nervous Conditions) erzählen und warum ihr sie ausgewählt habt?

Dustin: Ich weiß gar nicht mehr, wie ich zum ersten Mal von ihnen gehört habe. Ich glaube, jemand hat sie uns geschickt. Uns wurden eine Menge Bands von der Bookingagentur vorgeschlagen und ich war von dem meisten Zeug ziemlich enttäuscht. Nervous Conditions mochte ich aber sehr. Ich wollte unbedingt live mit ihnen spielen. Sie sind sehr experimentell. Ich hasse, wenn unsere Vorbands so klingen wie wir selbst. Das ist das Schlimmste.

 

Was sind denn die Unterschiede zwischen Amerika und Europa, die euch auffallen?

Dustin: In Amerika gehen die Shows irgendwie körperlicher zu. Da moshen viele Leute wenn wir spielen, oder sie crowdsurfen und stagediven. In Europa ist es irgendwie steifer, die Leute stehen eher rum. Was auch cool ist, es sind nur verschiedene Arten, die Musik zu genießen. Gestern Abend in Brighton war es echt geil, die Leute sind am Ende auf die Bühne gestürmt und haben sehr viel gestagedivet.

 

Irgendwie würde das aber auch nicht passen mit dem moshen, zumindest zum neuen Album.

Jack: Ja, wir haben eine Menge neue Fans dadurch gewonnen, die vielleicht nicht so auf diese körperliche Weise stehen, um das Konzert zu genießen. Aber gestern hatten wir unseren ersten Stagediver zu „This Year“.

 

Warum habt ihr euch entschieden, “Somersault” auf deinem eigenen Label zu veröffentlichen? Ihr hättet ja sicher auch auf einem großen Label rauskommen können. Denkt ihr, dass das nicht mehr notwendig ist?

Dustin: Wir haben eigentlich ganz gute Kontakte. Wir waren ja vorher auf Captured Tracks, und wir haben mit unserem eigenen Label den selben Vertrieb (Secretly Canadian). Mich interessiert die Sache mit größeren Labels nicht wirklich. Ich will die Kontrolle über das haben, was ich mache. Ich mag es nicht, wenn andere Leute etwas für mich machen. Die Leute kommen auch so zu unseren Shows, also sehe ich nicht wirklich einen Grund dafür, irgendwas anders zu machen. Labels sind sehr gut für neue Künstler, die ihre ersten Sachen rausbringen. Damit die etwas bekannter werden. Viele Leute wollen sich aber auch einfach nicht selbst die Arbeit machen, ihren Kram rauszubringen. Es ist sehr anstrengend.

 

Ich finde euren Instagram-Account und die Art und Weise wie ihr euch als Band generell präsentiert ziemlich unterhaltsam und witzig. Das kommt mir sehr anders vor als bei vielen anderen Bands, die versuchen, eine Art Image zu erzeugen und die Sache sehr ernst angehen. Ist das eine bewusste Entscheidung von euch?

Dustin: Nein, nicht wirklich. Das sind einfach wir.

Jack: Es könnte nicht wirklich anders sein.

Dustin: Ja, wir sind einfach ein bisschen bescheuert und sehr unreif. Stehen auf blöde Witze und so. Ich glaube das dümmste was eine Band machen kann, ist um sich herum diese Art Aura zu erschaffen. Denn man kann der Sache ja nicht immer gerecht werden, erst recht nicht, wenn man älter wird und sich ändert und so weiter.

 

Mir kommt es so vor, als ob ziemlich viele Hardcore-Kids heutzutage Shoegaze und Indie hören. Wart ihr auch mal Hardcore-Kids?

Dustin: Ja, auf jeden Fall. Hardcore aus den 80ern und den 90ern waren ein Riesending für mich und haben mich früher sehr beeinflusst. Aber ich finde, dass Hardcore in dieser Zeit fast schon perfektioniert wurde. Man kann nicht mehr viel dazu hinzufügen, um es noch besser zu machen. Ich würde uns auch nie als Shoegaze-Band bezeichnen, denn da sehe ich das ähnlich. Dieser Musikstil ist auch schon nahezu perfektioniert worden. Da kann man nichts viel Neues mehr beisteuern. Ich halte nichts von diesen ganzen Schubladen, letztendlich nimmt man sich damit nur Freiheiten. Und ich mag es einfach mehr, wenn ich mit allen möglichen Einflüssen herumspielen kann, ohne mich dabei irgendwie zu beschränken.

 

Welche Bands würdet ihr den Leuten empfehlen, die sich mit diesen Genres nicht auskennen? Die „Klassiker“?

Dustin: Schwer zu sagen. Ich will jetzt nichts nennen, was eh jeder schon kennt. Und auch nichts, was zu abgefahren ist und die Leute vergraulen könnte. Ich versuche es mal mit Ornette Coleman, Ben Webster, John Coltrane und seiner Tochter Alice Coltrane und Pharaoh Sanders.

 

Was sind eure Lieblingsalben des Jahres bisher?

Dustin: Die Frage passt gut, ich habe nämlich gerade diese Liste auf meinem Handy dafür angefertigt: Vince Staples – Big Fish Theory. A$AP Ferg – Still Striving. Corbin – Mourn. Wiki – No Mountains in Manhattan. Playboi Carti – Playboi Carti. Gucci Mane – Droptopwop. Sampha – Process. Lorde – Melodrama. Kendrick Lamar – DAMN. Drake – More Life. A$AP Mob – Cozy Tapes Vol. 2: Too Cozy.

 

Jetzt wo ihr ein so gutes Album hingelegt habt, was ist der nächste Schritt? Ich habe manchmal den Eindruck, als ob es für Bands sehr schwierig ist, nach einem Album nachzulegen, dass ihnen viel Aufmerksamkeit verschafft und von der Öffentlichkeit sehr gut aufgenommen wird. Und „Somersault“ kommt mir für euch so vor.

Dustin: Um ehrlich zu sein, will ich mir gar keine Gedanken darüber machen, wer meine Musik hört. Und wie viele Leute das sein könnten, was sie erwarten könnten. Das ist wie wenn du meditierst, und dann darüber nachdenkst, dass du gerade meditierst. Zack, bist du raus aus der Sache.

Jack: Es killt den Vorgang an sich.

Dustin: Ja, ich kann so nicht kreativ sein. Deshalb brauchen wir unsere absolute Ruhe und unseren Abstand von allem, wenn wir für ein Album schreiben.

 

Trump ist jetzt schon seit einiger Zeit Präsident in Amerika. Was hat sich in der Mentalität der Amerikaner verändert? Was denkt ihr wird die Präsidentschaft für langfristige Folgen haben?

Dustin: Er hat in dieser kurzen Zeit schon genug Schaden angerichtet. Aber er hat auch sehr viele Dinge durch seine Präsidentschaft klarer gemacht, als sie vorher waren. Zum Beispiel, dass wir in Amerika ein Riesenproblem mit Rassismus haben, das vorher jahrelang totgeschwiegen wurde. Ich muss sagen, dass seine Regierung definitiv wenigstens dazu dient, die jungen Leute wieder etwas mehr zusammenzubringen und eine gemeinsame Vision zu entwickeln. Nämlich eine, die gegen solche Missstände vorgeht und dabei produktiv wird.

 

Vielen Dank euch!