Interview mit BEACH SLANG

12.02.2017
 

 

Ihr seid zum dritten Mal hier in Europa. Als erstes Mal wart ihr ja Support von Knapsack vor zwei Jahren. Ihr habt quasi die weniger besuchten Shows einfach übersprungen oder nie gehabt. Stimmt das, und wie ist denn die momentane Tour so?

 

Ja, wir hatten da unglaublich Glück. Ich weiß nicht mal richtig, wie es zu der Groezrock-Sache gekommen ist. Knapsack haben da auch gespielt und uns im Vorfeld gefragt, ob wir ein paar Shows mit ihnen spielen wollen. Ich dachte mir nur: „Willst du mich verarschen?“, weil ich diese Band einfach liebe. Wir haben sicherlich die kleineren Shows ausgelassen, ja. Die momentane Tour war auch sehr solide. Ich glaube es waren bisher ungefähr 10 Shows. Jetzt ist es so, dass viele Leute rauskommen und mitmachen aber was noch viel wichtiger ist: Wir haben jetzt auch Freunde in all diesen Orten. Das ist einfach cool.

 

Ihr habt die Tour ja einige Monate verschoben, da sich an eurer Besetzung etwas geändert hat. Wie fühlt es sich denn nun an, mit einer neuen Gitarristin und einem neuen Schlagzeuger zu spielen und zu touren?

 

Es ist unsere erste Tour. Den Schlagzeuger hatten wir schon bei der Festivalsaison im Sommer mal dabei, als wir Reading und Leeds und so weitergespielt haben. Mit diesem Lineup ist es aber die erste Tour. Es hat sich von Anfang an natürlich angefühlt, aber jetzt kriegen wir langsam schon einen richtigen Vibe miteinander auf der Bühne. Mit Aurora hatten wir auch vorher schon getourt. Das war ja das Coole, wir waren vorher schon Freunde. Wir mussten eigentlich nur lernen, miteinander zu spielen. Wir kannten uns schon.

 

THE DEADNOTES aus Deutschland eröffnen vier Shows für euch. Kanntet ihr sie schon vorher und habt ihr sie ausgewählt?

 

Ich rede ständig mit unserem Booker. Und normalerweise wollen wir es so, dass wir mit Locals spielen. Wir wollen sie damit unterstützen und auch tiefer in die Szenen vor Ort eintauchen. Er hatte mir also einen Link von der Band geschickt und ich fand es super und dachte mir, wir sollten mehr zusammen machen. Unser Booker hat da immer ein gutes Händchen und ich fand seinen Vorschlag super. In Großbritannien, ich glaube in Glasgow, hat er auch eine lokale Band vorgeschlagen und die waren einfach super und wir konnten sie auch kennenlernen im Rahmen der Show.

 

Wie ist eure neue Platte „A Loud Bash of Teenage Feelings“ so angekommen, vor allem im Vergleich mit eurer ersten LP?

 

Für mich, der ja mittendrin ist, hat sich das einfach nur wie eine Weiterführung angefühlt. Seitdem wir mit dem ersten Album angefangen haben, haben wir ständig weitergemacht und es gab da eigentlich keine Pause oder sowas. Wir hatten unseren Fuß ständig auf dem Gaspedal. Ich weiß nicht, ob ich es großartig beurteilen kann. Laut dem Label läuft es mit den Plattenverkäufen gut. Ich sehe das ja dann auf den Shows, und die liefen gut. Die Leute sind noch nicht gelangweilt von uns, das ist gut so.

 

Ja, es war ja wirklich eine sehr kurze Zeit zwischen den Alben. Vielleicht waren ein paar Leute auch überfordert damit.

 

Ja, ich denke auch, dass das so ist. Deshalb werden wir in 2017 wahrscheinlich kein ganzes neues Album herausbringen, aber sowas wie eine 7 Inch oder sowas. Wir haben auch ein Mixtape, das gerade herausgekommen ist. Aber ansonsten wollen wir jetzt erstmal etwas Ruhe einkehren lassen. Und ich will mir auch etwas Zeit beim Schreiben verschaffen. Ich war da schon sehr im Rausch beim letzten Album. Daher kann man das jetzt mal genießen. Wir haben jetzt damit auch genug Songs im Katalog, mit denen wir bei der Live-Show hantieren können. Vorher war es schwer, mehr als 40 Minuten zu füllen.

 

Ich erinnere mich, dass du in einem Interview mal meintest, dass es für dich als Musiker dein Job sei, jedes Jahr etwas Neues zu veröffentlichen.

 

Ja, der Punkt ist halt, dass wir Songs schreiben. Und ich weiß nicht, was damit passieren sollen, wenn wir sie eben nicht rausbringen. Ich will eben den Leuten damit auch nicht auf den Keks gehen. Es ist natürlich besser, wenn sie ein neues Album wollen, anstatt dass man sagt „Hier, nimm unser neues Album!“. Wenn die Nachfrage da sein wird, bin ich mehr als glücklich. Wenn nicht, dann fühle ich mich auch super damit, etwas langsamer zu machen. Ich kann warten, bis die Leute sich fragen, was Beach Slang so machen. Mein Enthusiasmus, neue Sachen zu schreiben und herauszubringen überschreitet vielleicht manchmal den normalen Lauf der Dinge. Aber für mich ist das ja auch eine Lernerfahrung, und vielleicht ist für das neue Album ein bisschen mehr Zeit eine gute Idee.

 

Es gibt also keine Zeiten, in denen du nicht schreibst?

 

Nein, nie. Ich weiß nicht wirklich, was ich mit mir anfangen soll, wenn ich nichts schreibe. Ich muss die Sachen aus dem Kopf herausbekommen, sonst klappt das nicht und geht vielleicht verloren. Ich schreibe also jeden Tag, auch als Übung. Selbst wenn nicht alles immer gut ist, ist es auch ein interessanter Prozess ständig was zu machen, bis etwas Gutes dabei herauskommt.

 

Es sind für Beach Slang ja in relativ kurzer Zeit relativ viele Dinge passiert: Ihr wart für ein paar Stunden aufgelöst, hattet Mitgliederwechsel, Anschuldigungen der sexuellen Belästigung, Diebstahl. Wie bleibst du da cool und positiv?

 

Ja, die zweite Hälfte von 2016 war sicher eine Katastrophe, das stimmt. Ich denke man kann sich halt entscheiden: Entweder man gibt auf, oder man richtet sich wieder auf und macht weiter. Ich wurde von einer starken Frau großgezogen, sie war einfach eine Mutter, die sich nie hat unterkriegen lassen und ich denke, das habe ich von ihr geerbt. Und ich denke mir auch, selbst wenn so viele schlechte Dinge passieren: Wenn man sich mal kurz Zeit nimmt, die Dinge zu überschauen, dann überwiegen nach wie vor die positiven Dinge, die einen umgeben. Wir haben zum Beispiel unseren Kram gestohlen bekommen, aber auf der anderen Seite können wir viele coole Städte sehen und unsere Musik vor Leuten spielen. Und ich habe diesen tollen Sohn zuhause. Ich habe gute Freunde, mit denen ich sogar herumreisen kann. Das hilft, das Negative abzudämpfen.

 

Ist es nicht manchmal anstrengend, so optimistisch und gut gelaunt zu sein?

 

Ich denke, wenn ich mich von außen betrachten würde, würde ich das vielleicht so sehen. Aber mich hält das einfach zusammen. Wenn ich es zulasse, dass aus den Rissen mehr wird und die Negativität reinlasse, dann werde ich davon verschluckt werden. Daher gibt es diesen aktiven Versuch, das Glas halb voll zu sehen. Die Welt hat ständig etwas Schlimmes für einen parat, und ich sehe es irgendwie als meine Aufgabe an, das abzuwehren. Um deine sehr direkte Frage also zu beantworten: Ich finde es nicht anstrengend und ich hoffe das werde ich auch nicht, denn ich wüsste nicht, was ich dann tun würde. Wenn es irgendwann mal so wäre, dass es eine zu schwere Last ist, diesen Optimismus weiterzuführen, dann wäre das für mich wirklich keine berauschende Vorstellung. Das kann ich mir kaum richtig vorstellen.

 

Gab es denn einen bestimmten Zeitpunkt in deinem Leben, an dem sich die Dinge geändert haben oder waren deine Gefühle bezüglich des Lebens und der Kunst immer so? Wenn man eure Lyrics so durchliest, wird es ja offensichtlich, dass du auch mit den dunkleren Passagen im Leben vertraut bist.

 

Ich denke, dass ich durch das Schreiben eben die Dinge verarbeite und einen Sinn darin finde. Dieses ganze düstere Zeug. Durch das Songschreiben und vor allem durch das Showspielen lernt man einfach, das Schlechte rauszulassen und es hinter sich zu lassen. Wenn ich keine Band hätte, wäre ich wahrscheinlich eine viel schlechter gelaunte Person, denn ich hätte ja keinen Weg, mit dem Negativen umzugehen.

 

Naja, aber zwischen deiner ersten erfolgreichen Band Weston und Beach Slang hattest du ja diese Möglichkeit ganz lange nicht.

 

Ja, ich habe aber immer geschrieben in all diesen Jahren. Ich hatte nur nicht eine solche öffentliche Bühne. Durch das Schreiben bin ich eigentlich immer mit den Sachen klargekommen, seit ich ein Kind bin. Für mich war diese Möglichkeit also immer da, ich hatte nur nicht immer den Mut, es den Leuten zu zeigen. Als ich anfing, Platten heraus zu bringen, hat sich auch kaum jemand dafür interessiert. Das ist ja inzwischen anders.

 

Du hast vor dieser Tour ein Album für „Quiet Slang“ aufgenommen, richtig? Kannst du uns darüber Details erzählen? Sind das Akkustikversionen von Beach Slang Songs oder neue Sachen?

 

Ja, das sind Beach Slang Songs. Das passiert quasi im Moment. Das bin also ich, ein Piano und ein Cello. Nach dieser Tour sind wir nochmal zwei Wochen zuhause und ich kann nochmal eine Session aufnehmen, und dann ist es im Kasten. Ich habe es im Prinzip so beschrieben, dass es Beach Slang Songs sind aber ich mir gedacht habe: Wie würden die sich anhören, wenn THE MAGNETIC FIELDS sie gespielt beziehungsweise gecovert hätten? Vielleicht war das nur ein anderer Weg, die Lyrics in einer sanfteren Art und Weise zu umrahmen. Ich mag es zwar sehr laut, betrunken und schwitzig zu sein, aber ich finde es ist genau so kraftvoll und schön, aber eben etwas sachter, wenn man die Songs so vorträgt.

 

Und das werdet ihr auch live so vortragen? Mit Piano und Cello?

 

Ja, definitiv. Vielleicht werden das nicht dieselben zwei Personen sein, aber ich will das definitiv machen. Im Sommer wird das Album herauskommen und danach werde ich mit den Bookern Kontakt aufnehmen und so weiter. Ich kann es nicht abwarten, mal eine Show dieser Art zu spielen und zu schauen, wie das so funktioniert.

 

Was waren 2016 deine Lieblingsalben?

 

Charlie (Tourmangerin): Da ist es echt schwer auf dem Laufenden zu bleiben, weil ihr einfach die ganze Zeit auf Tour wart.

James Alex: Ja, wir sind ein bisschen verloren gegangen dadurch. Ich weiß, dass meine Freunde von SEE-THROUGH DRESSES eine Platte herausgebracht haben, die super ist.

Charlie: Die PIXIES?

James Alex: Ja, ich mag die neue PIXIES-Platte. Um ehrlich zu sein, höre ich wirklich nicht viel neues Zeug. Um ganz ehrlich zu sein, habe ich Angst davor, unbewusst Dinge von meinen Freunden zu stehlen, wenn ich Songs schreibe. Wir könnten ja eine Show zusammenspielen und es könnte ihnen auffallen. Aber vielleicht liegt es auch wirklich daran, dass wir ständig auf Tour sind. Aber ich kann dir die Frage wirklich nicht beantworten.

 

Drei legendäre Bands, die die Jüngeren mal auschecken sollten?

 

Oh, das ist einfacher. THE REPLACEMENTS. JAWBREAKER. HÜSKER DÜ.

 

Und zum Schluss deine drei Lieblingsbands aus Europa?

 

James Alex: Ich liebe diese Band namens ESC LIFE aus Kroatien. Dann gibt es noch THE POOCHES aus Glasgow. Und mein guter Freund Greg aus dem Vereinigten Königreich hat eine Pop-Band.. (überlegt). Wir haben auf der letzten Tour mit gespielt und sie wären phänomenal.

Charlie: Haben wir in Irland mit denen gespielt? Waren die so ähnlich wie Pavement?

 

James Alex: Ich kann wirklich nicht glauben, dass ich mich gerade nicht an den Namen erinnere. Ich war total begeistert. Ich muss wirklich wieder organisierter werden und mehr über solche Dinge nachdenken. Dublin, hmm.. GALANTS, eine irische Band! Die sind wirklich unglaublich gut, es verschlägt einem die Sinne. Ich weiß, dass ich jetzt etwas gebraucht habe, um auf den Namen zu kommen, aber mich hat wirklich lange keine Band mehr so beeindruckt zurückgelassen! Die solltet ihr definitiv auschecken.