Interview mit Burden Of Grief

07.07.2010
 

 

Hi BURDEN OF GRIEF! Mit wem habe ich das Vergnügen?

Hallo Clement, Philipp von BURDEN OF GRIEF hier. Ich freue mich über Dein Interesse an unserer Band und dass Dir unser neues Album gefällt.


Kannst du euch kurz vorstellen. Seit wann seid ihr aktiv? Spielen noch Gründungsmitglieder in der aktuellen Formation? Was macht ihr neben der Band?

Nun, die eigentliche Gründung der Band geht zurück auf das Jahr 1994. Wir waren allerdings blutige Anfänger, und für jeden von uns war BURDEN OF GRIEF die erste Band, in der wir jemals gespielt haben. Da war es also ganz normal, dass es einige Jahre dauerte, bis wir uns einen gewissen Standard "erspielt" haben. Unser erstes Album erschien dann im Jahr 2000, und von da an würde ich auch von einer halbwegs ernstzunehmenden Band sprechen. In dieser langen Zeit gab es natürlich auch einige Besetzungswechsel, allerdings sind unser Sänger Mike und ich bereits seit Anfang an dabei. Unsere aktuelle Besetzung besteht aber mittlerweile auch schon seit 4 Jahren und 2 Alben. Neben der Band gehen wir natürlich alle geregelten Jobs nach und sorgen dafür, dass die Menschen maßangefertigte Küchen bekommen, dass Aufzüge funktionieren, dass die Abrechnungssysteme der Stromgesellschaften einwandfrei programmiert sind und dass die Leute auch mal ab und zu in den Urlaub fahren können, hehe...


Wer sein Album "Follow The Flames" nennt und einen Song darauf "Mirror Of Truth", scheint zu viel IN FLAMES und "The Mirror'S Truth" gehört zu haben. Passt das?

Um ehrlich zu sein, wusste ich bis zu Deinem Review gar nicht, dass es einen Song von In Flames mit dem Namen "The Mirror's Truth" gibt. Es gibt zwar einige in der Band, die In Flames ab und zu ganz gerne hören, ich selber kann allerdings mit dieser Band überhaupt nichts anfangen. Ich finde auch die Vergleiche mit In Flames werden unserer Musik nicht wirklich gerecht. Wenn man harte Riffs mit vielenMelodien verbindet, wird man natürlich schnell in den "Melodic Death Metal" Topf geworfen. Dasist ja prinzipiell auch nicht verkehrt, allerdings finde ich, dass es bei uns viele, viele Elemente gibt, die die Grenzen dieses Genre sprengen. Songs wie "Doomed To Fail", "Fallen" oder "Rise Like A Phoenix" haben musikalisch nichts mit Göteborg zu tun. Sicherlich trägt aber Mike's Gesang dazu bei, dass man uns immer wieder in diese Ecke stellt. Aber dies ist nunmal seine Art zu singen, und das mittlerweile schon seit 1994


Ihr zockt melodischen Death Metal aus der Elchtodrichtung. Dieses Genre ist mehr als überlaufen. Was fasziniert euch so an dieser Metalspielart?

Wie gesagt, ich selber sehe unsere Musik nicht als "schwedischen" Melodic Death Metal. Meine Einflüsse beim Songwriting kommen aus ganz anderen Richtungen. Die einzigen Bands dieser Musikrichtung, die ich gerne höre, sind Arch Enemy und Soilwork. Und ich denke, dass gerade Arch Enemy eine ähnliche Herangehensweise an ihre Musik haben wie ich. Wir lieben die großen alten Hardrock und Heavy Metal Bands und versuchen, den Spirit ihrer Musik, ihrer Riffs und Melodien mit einer aggressiveren und heftigeren Spielweise zu verbinden. Und wenn die Leute die Verbindung in unserer Musik erkennen, dann freue ich mich darüber. Wenn die Leute hingegen voreilig etwas von In Flames-Nachahmerei erzählen, dann weiß ich, dass sie sich nicht wirklich mit der Musik beschäftigt haben.


Seit 1994 gibt es BURDEN OF GRIEF, dennoch hält sich euer Bekanntheitsgrad in Grenzen. Und das, obwohl ihr meiner Meinung nach bisher sehr gute Alben veröffentlicht habt. Ist das nicht auf Dauer desillusionierend?

Es gibt durchaus Momente, in denen ich mich darüber ärgere, wie andere, jüngere Bands deutlich mehr Erfolg haben mit einer Musik, die so offenkundig an irgendwelche gehypten Trends und Images angelehnt, sei es am Metalcore oder auch am Viking-Metal. Ich selben Moment denke ich mir aber, dass ich mit keiner dieser Bands tauschen wollen würde, weil mir ihre Musik einfach nicht gefällt. Der Grund, warum wir Musik machen, ist die Freude an unserer eigenen Musik. Ich finde, es gibt nichts Peinlicheres als Bands, die sich frustriert auflösen, wenn sie ihren erhofften Erfolg nicht erreicht haben. Vielleicht hat es einfach etwas damit zu tun, wie man den eigenen Erfolg definiert. Für uns ist es ein Erfolg zu sehen, wie lange wir mittlerweile durchgehalten haben und wie viele andere Bands wir kommen und gehen gesehen haben. Für uns ist es ein Erfolg, dass wir seit mittlerweile 10 Jahren auf einer professionellen Ebene unsere Musik produzieren und veröffentlichen können. Für uns ist es ein Erfolg, dabei mit renommierten Musikern, Produzenten und Labels zusammenarbeiten zu dürfen. Für uns ist es ein
Erfolg, dass uns unsere Musik schon in die unterschiedlichsten Länder Europas geführt hat. Ich denke, dass es wichtig ist, sich über das zu freuen, was man bisher erreicht hat, anstatt sich über das zu ärgern, was man bisher nicht erreicht hat.


Kommen wir zu eurem neuen Album "Follow The Flames". Angetan war ich neben den guten Songs vor allem durch die Hammond und der rotzigen Attitüde. Ihr habt euch definitiv weiterentwickelt und klingt auch moderner. Stimmst du mir da zu?

Voll und ganz, wobei ja eigentlich eine Hammond-Orgel kein Synonym für 'modern' ist, haha... Aber ich denke, ich verstehe was Du damit meinst. Und das ist auch genau das, was ich mir erhoffe, was die Leute in unserer Musik entdecken. Selbst wenn viele Leute in unserer Musik den bereits angesprochenen Melodic Death Metal hören, denken wir nicht innerhalb der Strukturen dieses Genres. Unsere musikalischen Einflüsse gehen weit darüber hinaus, bei mir persönlich bis in die frühen Siebziger Jahre. Und die Einbindung von klassischen Hammond-Sounds in diese Art von Musik, die wir machen, fand ich selber sehr spannend und interessant. Von mir aus hätten wir noch viel mehr davon auf das Album packen können, haha...


Auch lassen sich eine Sleaze und Hardrock Elemente finden. Das zeigt euren vielgefächerten Geschmack innerhalb der einzelnen Bandmitglieder. Ist sicher schwierig, das in homogene Songs zu gießen?

Ich denke, mit 'Sleaze'-Elementen würde man einen Schritt zu weit gehen. Aber viele klassische Hardrock Elemente sind mit Sicherheit in der Musik, und das auch wie gesagt, völlig beabsichtigt. Allerdings muss ich dazu sagen, dass wir bei "Follow The Flames" so viel wie noch nie zuvor im Team an den Songs gearbeitet haben. Während beim letzten Album "Death End Road" ein Hauptteil der Songs auf meine Kappe gingen, haben sich dieses Mal Joe und Robb sehr stark mit eingebracht. Und dann kommen
natürlich eine ganze Menge weitere Einflüsse und Ideen dazu, auf die man selber nie gekommen wäre. Erstaunlicherweise klappte das Songwriting aber ohne große Kompromisse. Im Gegenteil, ich denke, wir waren alle begeistert von dem Input der jeweils anderen in der Band und haben gemerkt, dass dadurch unsere Musik viel vielschichtiger wurde als das bisher das Fall war.


Ihr deckt das Spektrum des melodischen Death Metals vollumfänglich ab und macht auch vor leicht poppigen Sequenzen keinen halt. Kannst du dir vorstellen, auch mal was ganz anderes mit BURDEN OF GRIEF zu machen?

Uh, 'poppig' ist natürlich ein fieser Begriff, haha... Ich versuche ihn aber positiv zu werten für die vielen, eingängigen Parts, die wir auf der Platte haben. Ich glaube, dass wir mit BURDEN OF GRIEF keine allzu engen musikalischen Grenzen haben, innerhalb dessen wir uns nur bewegen 'dürfen'. Wir sind nicht Cannibal Corpse oder AC/DC, bei denen die Fans keine Stiländerungen erlauben. Wir achten beim Songwriting auch nicht darauf, was die Leute von uns musikalisch erwarten, sondern wir machen
das, worauf wir gerade Lust haben. Ich denke, das kann man auch einem Song wie "Fallen" ganz gut anmerken. Sobald aber der Gesang von Mike zu den Songideen hinzukommt, bekommt die Musik wieder den typischen BURDEN OF GRIEF Stempel, was ich auch gut finde. Ein Sänger ist immerhin das wichtigste Erkennungsmerkmal einer Band. Bisher hatte ich noch nicht den Anreiz, Musik zu machen, die ich nicht mit BURDEN OF GRIEF umsetzen könnte. Denn wie gesagt, auch für ungewöhnliche und unerwartete Ideen haben wir durchaus Platz in unserer Musik.


Wie kam der Kontakt zu eurem Produzenten Dan Swanö zustande? Wie ist diese Legende eigentlich als Produzent/Mensch?

Ich habe vor knapp 2 Jahren gelesen, dass Dan Swanö wieder als Produzent aktiv ist, nachdem er sich ja zuvor einige Jahre aus der Studioarbeit zurückgezogen hatte. Allerdings betreibt er heute kein eigentliches Recordingstudio mehr, sondern macht nur noch Mix- und Mastering-Arbeiten. Das hat aber den Vorteil, dass er kein teures Studio mehr unterhalten muss und er dadurch deutlich günstiger arbeiten kann. Die Entwicklung der Studiotechnik führt ja immer mehr dazu, dass Bands viele der zeitraubenden Aufnahmen selber erledigen können. Ich habe dann, nachdem wir mit der Produktion des letzten Albums nicht sonderlich zufrieden waren, Dan kontaktiert und mit ihm unsere Vorstellungen ausgetauscht. Er ist natürlich in erster Linie bekannt für seine Old-School Schweden-Death Produktionen vom Kaliber Bloodbath. Aber jeder weiß ja nun, dass er selber musikalisch viel offener ist. Wir haben ihm auch dann zu Beginn gesagt, dass uns ein ganz anderer, viel natürlicherer und dynamischerer Sound vorschwebt, der nicht zuletzt durch den Einsatz einiger Hammond-Parts ein gewisses Maß an Rock-Vibes versprühen soll. Es war sofort begeistert und freute sich auf diese Herausforderung. Ich war begeistert davon, weil ich in der Vergangenheit eher das Gegenteil kennengelernt habe, nämlich Produzenten, die ungern von ihrem Standardsound abweichen wollen. Dan hingegen war völlig offen gegenüber unseren Ideen, und freute sich darüber, eben nicht seinen Standardsound produzieren zu sollen. Darüberhinaus war es dann eine große Ehre für uns, dass er auf unserem Album auch bei einem Song mitgesungen hat.


Wer war eigentlich für das sehr gute Artwork verantwortlich?

Die Idee zu dem Covermotiv stammt von uns und ist natürlich an den Titel "Follow The Flames" angelehnt, welcher schon seit längerer Zeit feststand. Natürlich ist die Idee nicht übermäßig kompliziert, denn wichtig war uns in erster Linie nur, dass unser Logo groß auf dem Cover abgebildet ist, umringt von Flammen. Aber je einfach sich eine Idee anhört, desto schwieriger ist manchmal dessen professionelle Umsetzung. Wir hatten einige Coverkünstler zuvor beauftragt, die uns über Monate hinweg immer wieder Entwürfe lieferten, die uns leider überhaupt nicht zusagten. Irgendwann bin ich dann auf Gustavo Saves gestoßen, der in der Vergangenheit schon Artworks für Arch Enemy, God Forbid und sogar Manowar gemacht hat. Nicht alle seine Bilder gefielen uns von den Motiven her. Aber alle Bilder waren sehr professionell umgesetzt. Also baten wir ihn, uns Entwürfe für unsere vermeintlich einfache Idee anzufertigen. Und siehe da, gleich die erste Entwurfreihe war schon nahezu perfekt. Er schickte uns das Coverartwork in einigen Farbvariationen, wo wir uns dann für eines entschieden haben. Aber das Layout an sich war so gut, dass wir nichts dran auszusetzen hatten.


Kannst du noch kurz auf eure Texte eingehen? Transportiert ihr eine Mainmessage?

Nein, so unterschiedlich wie unsere Songs sind, so unterschiedlich sind natürlich auch die Texte. Viele unserer Texte behandelten immer schon die Abgründe der menschlichen Seele, von verstörten Persönlichkeiten und von Gedanken über den Tod. Allerdings stelle ich fest, dass viele unserer Texte mit unserem fortschreitenden Alter und unserer Lebenserfahrung immer persönlicher werden, während viele unserer älteren Texte doch eher fiktiver Natur waren. Vielleicht sollte ich mir langsam Sorgen um unseren Sänger Mike machen, haha... Aber ich denke, es ist eine ganz natürliche Entwicklung. James Hetfield meinte auch einmal, dass er heute teilweise erst wirklich versteht, worüber er früher gesungen hat. D.h. viele der alten Texte behandelten fiktive Erfahrungen, die man in der Zwischenzeit dann doch selber erlebt hat.


Wie sieht euer Tourenkalender 2010 aus?

Es stehen bereits einige Konzerte in Deutschland und in der Schweiz fest, allerdings wollten wir bewusst auf die Veröffentlichung des Albums und die Reaktionen darauf warten, um danach die nächsten
Live-Möglichkeiten zu planen und zu koordinieren. Dieses Jahr werden aber wohl keine Open Airs mehr hinzukommen, aber ich denke, dass wir im Herbst/ Winter wieder deutlich mehr unterwegs sein werden.


Welche Bands sollten unbedingt im Auge behalten werden? Welche Bücher und Filme gelesen bzw. angeschaut werden?

Hm, großartige neue Bands fallen mir spontan gar nicht wirklich ein. Ein Geheimtipp sind sie natürlich nicht mehr, ich bin mir aber sicher, dass Black Stone Cherry noch eine große Zukunft vor sich haben werden. Die Band ist noch so jung und hat jetzt schon alles verinnerlicht, was für eine Rock-Band wichtig ist. Sie sind großartige Musiker mit viel Respekt vor den Vorreitern des Hardrocks und des Heavy Metals, und schaffen es, diese Einflüsse mit viel Leidenschaft zu einer zeitgemäßen Variante des Hardrock zu verschmelzen. Wenn sie so weitermachen, wird diese Band noch eine lange Karriere vor sich haben.


Das ist noch zu sagen:

Ich danke Dir für dieses Interview und dafür, dass Du Dich mit unserer Musik ernsthaft auseinander gesetzt hast. Das weiß ich wirklich zu schätzen, ich hoffe, dass sich viele Eurer Lesern ebenfalls die Zeit nehmen, um "Follow The Flames" für sich zu entdecken. Es lohnt sich, das kann ich versichern, haha...