Interview mit Dead Flesh Fashion

13.08.2009
 

 

Ohne mich bei den Jungs einschleimen zu wollen: „Anchors“ war ein grandioses Debüt und gehört wohl neben Gazas „I Don’t Care Where I Go When I Die“ zu den bis Dato stärksten Kombinationen aus Sludge und Mathcore – aber auch zu den belächeltesten. Ein Potenzial, welches den Underground irgendwie noch nicht so recht erreicht hat. Grund genug also mal etwas die Werbetrommel für die Jungs zu schwingen und mich mit ihnen auf geeigneter Plattform zu unterhalten.

Hallo Jungs! Ihr seid sicherlich den meisten unserer Leser noch kein Begriff, also erzählt mal: Wer seid ihr, wie seid ihr entstanden, was spielt ihr für Musik und überhaupt…?

Diez: Unser Sound ist schwer mit ein wenig Chaos, hat meiner Meinung nach aber auch viel Wärme. Ich würde es also nicht nur als böse bezeichnen. }

Letzten Sommer habt ihr gemeinsam mit den mittlerweile doch recht manifestierten WAR FROM A HARLOTS MOUTH eine Split-EP auf den Markt gebracht, was sicherlich den Bekanntschaftsgrad pünktlich zum wenig später erschienenden Debüt-Album „Anchors“ ordentlich gesteigert hat. Wie kam es zu dieser Veröffentlichung? Welche Beziehung habt ihr zur Band?

Patrick: Uns verbindet eine innige Freundschaft mit den Jungs. Man verliert sich nicht aus den Augen und die Split ist ein Ergebnis dessen.
Basti von Sharkmenrecords hatte uns den Release ermöglicht und wir freuen uns, dass es so gekommen ist.

Euer Debüt-Album „Anchors“ zeigt einen eindrucksvollen Stilmix aus Genres wie Mathcore oder Sludge. Welche Bands haben euch für diesen dissonanten Sound am meisten beeinflusst?

Flo: Ist etwas schwieriger zu sagen, da bei uns jeweils viel Verschiedenes durch die Plattenteller läuft. Mich persönlich haben Bands wie Zao, Norma Jean, Converge und vor Allem Deftones sehr geprägt. Mir sind solche Bands unheimlich wichtig und haben mit Sicherheit viel Einfluss auf unseren Sound. Aber wir versuchen eigentlich nie speziell jetzt nach der oder der Band zu klingen. Es ist eher bei jedem Song ein Gefühl, ein gewisser Moment oder oft auch ein bestimmtes Bild im Kopf von Patrick (Sänger) wenn er Texte schreibt, was wir dann versuchen durch einen Song auszudrücken.

Was habt ihr eigentlich mit eurem Equipment gemacht, um „Carcass1 And Vulture2 In Love“ zu, ehm…“erschaffen“?

Flo: Also wir haben das Album live eingespielt, weil wir einen möglichst rohen und ehrlichen Sound haben wollten, der einfach nach UNS klingt, zugleich aber auch Druck und Brachialität besitzt.
In dem Song geht es um eine Wechselbeziehung, in der der eine Part alles gibt und vom Anderen langsam aber sicher nur ausgenommen wird, dieses aber weiß und sogar in Kauf nimmt weil er nicht anders will und kann, bis diese Person dann schließlich buchstäblich zusammenbricht und in sich zerfällt. Uns war von vornherein klar, dass wir diesen Song als schlusslicht auf unserer Platte haben wollten und dass der Song zerbröckeln muss um dieses Bild eines ausgeweideten Kadavers, der unter der glühend heißen Wüstensonne regungslos in sich zerbröckelt, auszudrücken. Und so was geht am besten mit vielen vielen Rückkopplungen, kaputten Kabeln und Tonnen an Verzerrung.
Wir haben das Alles in einem Rutsch aufgenommen und mit den beiden Jungs in der Tonmeisterei einfach genau das gemacht, wie wir uns das vorgestellt haben.

Patrick: Der Song erzählt seine ganz eigene Geschichte und das Ende passt als Outro genau zu der Chronologie des Albums. Es wirkt alles zusammen.

Eure Texte haben etwas doch recht abstraktes. Was könnt ihr uns über sie im groben erzählen?

Patrick: Jeder schreibt anders. Ich drücke mit meinen Texten aus, was sich vor meinem inneren Auge abspielt. Sie sind persönliche Interpretationen vieler Dinge. Oft sehr bildlastig und mir extrem wichtig. Ich lege alle was ich habe in meine Texte.

Bei „Anchors“ merkt man sofort, dass es um einen bestimmten Sound, um eine bestimmte Stimmung geht. Alles wirkt sehr impulsiv, (düster-)atmosphärisch und energiegeladen, aber auch wie aus einem Guss, ja für eine so junge Band doch sehr definiert. War das Songwriting ebenfalls eher eine spontane Angelegenheit? Habt ihr auf diesen Sound gezielt hin gearbeitet oder hat er sich eher so ergeben?

Patrick: Danke! Ich denke schon, dass es eher das Endergebnis dessen ist, wie wir zusammen Funktionieren. Wir haben meist ein sehr konkretes Bild vor Augen, von dem, wie alles sich zusammenfügt.
Was herauskommt sind immer WIR.

Wie schaut’s eigentlich aus, wie haltet ihr euch über Wasser? Sicher könnt ihr von eurer Musik bei weitem noch nicht leben, und wie ich das so verfolgt habe ist es auch nicht immer ein leichtes Unterfangen, allein schon die Spritkosten für die Shows zu decken…

Patrick: Momentan ist es generell eine schwierige Situation für junge Bands. Gerade bei dieser Art von Musik. Vieles geht da nur durch extrem viel Herzblut von vielen Menschen. Wir freuen uns über jede Show, jeden, der zu den Konzerten kommt und sich ein Shirt oder eine Platte kauft und versuchen das so alles aufrecht zu halten.

Diez: Nein, natürlich bleibt bei uns nicht viel hängen. Ich will mich nicht beklagen, aber es ist einfach so. Bis zum Leben als Plattenmillionäre vertreiben wir uns also die Zeit mit Studium, Ausbildung, Jobben und Praktika.

Apropos Shows: Letztens gab’s da doch so eine Proberaumshow mit euch. Aufgrund der Distanz konnte ich mir das leider nicht geben, jedoch ist das Ganze doch an sich eine ganz interessante Idee. Wird so etwas in diesem kleinen Rahmen jetzt häufiger anstehen? Was ist überhaupt so eure Meinung zu Shows, welchen Stellenwert haben sie für euch?

Flo: Nein, das war eine einmalige Sache. Wir brauchten noch eine Show für das Wochenende zusammen mit den Jungs von COMING UP FOR AIR und es war schwer, Donnerstags eine gute Show zu finden. Deshalb kam uns die Idee, einfach eine gemütliche Party in unserem Proberaum zu machen und ein paar Leuten bescheid zu sagen.

Kürzlich gab’s im Hause DEAD FLESH FASHION erneut eine Split-Veröffentlichung, dieses Mal jedoch mit den noch recht ungeschriebenen COMING UP FOR AIR. Könnt ihr uns etwas über diese Kooperation erzählen, wie kamt ihr gerade auf diese (in meinen Ohren durchaus talentierten und mit Potenzial gesegneten) Jungs? Und warum bloß 40 Exemplare, ging euer Debüt so schlecht weg?

Flo: Die Jungs sind Freunde von uns und wir hatten ein Wochenende zusammen eine Mini Tour gemacht. Und da wir jeweils noch Songmaterial über hatten, haben uns gedacht, eine Toursplit zu machen in einer kleinen Auflage.
DIY ist uns sehr wichtig, und es hat Spaß gemacht, dieses Teil rauszuhauen. Es sind übrigens noch ein paar bei uns und den Jungs zu haben!

Wo soll es irgendwann mit DEAD FLESH FASHION noch hingehen? Was sind eure Ambitionen? Und auch stilistisch, können wir eine Weiterentwicklung erwarten?

Flo: Wir wollen auf jeden Fall ein neues Album aufnehmen und arbeiten bereits an neuem Material, was bisher ziemlich viel Spaß macht!

Patrick: Wir würden gern mehr Shows spielen und gern auch etwas ausgiebiger touren. Außerdem schreiben wir an neuem Material. Ein paar neue Stücke kann man bereits bei den kommenden Shows hören. Ich denke, es ist eine Weiterentwicklung und ich freue mich jetzt schon auf die nächsten Songs.

Diez: Die neuen Songs, die bis jetzt herausgekommen sind, schließen eigentlich an den „Anchors“-Sound an. Eine gewisse Weiterentwicklung wird die Zeit auf jeden Fall mit sich bringen, aber es ist jetzt nicht so, dass wir auf einmal völlig neue Elemente versuchen vorsätzlich einzubauen. Neue Ideen finden ganz natürlich ihren Weg in den Bandsound. Wir wollen weiterhin Shows spielen und hoffentlich auch noch eine weitere Platte machen. Viel weiter planen wir eigentlich noch nicht. Hauptsache wir haben weiterhin so eine gute Zeit mit der Musik.

Vielen Dank fürs Gespräch! Hier ist noch bei Bedarf etwas Platz für die berühmten letzten eigenen Worte:

Patrick: Kommt zu den Shows und macht euch einen Eindruck.