Interview mit Findus

17.03.2011
 

 

Passend zum Heimspiel findet hier vor dem Konzert noch eine Austellung des Künstlers und Tätowierers BERND MUSS statt, welcher das Cover der aktuellen Platte entworfen hat. Der Soundcheck hat länger gedauert als erwartet und so gibt es Nulden mit Tomatensoße zum Interview und auf “mit vollem Mund spricht man nicht” wird geschissen.

Man liest immer, dass ihr vom kleinen Dorf in die große Stadt gekommen seid. Von welchem Dorf ist dort die Rede?
Lüam: Also eigentlich von verschiedenen, aber als Band von Kröß. Das ist das Findusheadquarter. In Ostholstein ist das.

Wie sieht es dort aus? Welche Einflüsse hatte das „beschauliche“ Landleben auf euch und eure Musik?
Lüam: Also ich glaube man hat da einfach nicht soviel mitgekriegt von Szene- und Stadtdingern. Man hatte da quasi so ein bisschen eine eigene Sozialisation was Musik, Kultur und auch Nichtkultur angeht oder das was man für Kultur hält.
Trent: Ich glaube nicht, dass man sich auf dem Land zu einem total unkulturellen Menschen entwickelt, aber man hat halt weniger Einflüsse von Außen. Darum ist man bei allem was man macht, mehr auf die eigenen Ideen angewiesen.
Lüam: Man entwickelt da auch so eine eigene Intuition, was man gut findet und was eben nicht.

Bernd Begemann sagte einstmals „In Städten mit Hafen haben die Menschen noch Hoffnung“. Hat sich eure Situation in die erhoffte Richtung entwickelt?
Trent: Also ich bin in Tönning geboren, von daher ist das für mich alles keine Neuheit.
Lüam: Ich finde das stimmt schon ein bisschen, Bernd Begemann lügt da nicht ganz.
Trent: Aber Karl Lagerfeld hat mal gesagt, Hamburg ist halt nur das Tor zur Welt und nicht mehr und über den Status wird Hamburg auch niemals hinauskommen.

Aber es kommt ja durch das Tor auch ganz viel rein, Hoffnung zum Beispiel.
Trent: Ja, das stimmt.

Aus euren Texten hört man eine Menge Tristesse heraus. Ist das die Erkenntnis, welche ihr aus eurer Zeit in Hamburg zieht?
Lüam: Also ich finde schon. Stadtleben hat bei all dem Guten auch viel von so einer Isolation. Der Begriff ist vielleicht ein bisschen zu stark dafür.
Trent: Diese Anonymität.
Lüam: Genau, dieses anonyme Ding der City.
Trent: Also ich hab das schon so gemerkt. Ich bin mit 18 nach Hamburg gezogen und erstmal so richtig abgesoffen. Ich hab für mich gemerkt, dass das für mich einfach viel zu groß war und ich damit gar nicht klar kam. Danach bin ich erstmal nach Kiel gezogen und konnte mich da so als Städtler entwickeln. Dann habe ich aber doch gemerkt, dass Kiel viel zu klein ist und bin nach Hamburg gegangen und seit dem funktioniert es. Aber direkt nach der Schule aus Tönning nach Hamburg, das war mir ein bisschen zu krass, weil man gerade dann ja eigentlich irgendwie noch seine Gesichter und Freunde braucht.

Auf der anderen Seite ist die musikalische Seite ja sehr auf Abfeiern getrimmt. Wie kommt es zu diesem Widerspruch?
Lüam: Also ich glaube das ist gerade auf der Platte jetzt durch das viele live Spielen gekommen. Wir haben die Platte quasi immer zwischen den Konzerten geschrieben. Das hat vielleicht damit zu tun, dass man dieses Energie von der Bühne mit in den Proberaum bringt und dort die neuen Sachen entstehen.

Die Musik gibt euch also die Hoffnung zurück, dass doch alles in Ordnung ist?
Lüam: Das ist tatsächlich so. Bei der Musik ist das so, dass wir damit aus dem Dorf rausgekommen sind und dass uns das diese Hoffnung gibt. Wir sind seit Jahren nicht in den Urlaub gefahren, haben aber trotzdem ein bisschen was von Deutschland gesehen, also nur durch dieses Bandding.

Thema Hamburg: Wie geht es euch hier?
Lüam: Also uns gehts gut. Aber so stadtmäßig passiert ja auch viel Scheiße muss ich sagen. Ich war auch politisch immer sehr interessiert und aktiv und da gibt es auch in Hamburg einiges was nicht gut geht.

Der Song “Hafencity” zum Beispiel eine Anspielung auf die baupolitische Situation? (Anm. d. Verf.: Hafencity ist ein Bauprojekt der Stadt Hamburg auf dem ehemaligen Hafengelände an der Speicherstadt. Primär werden dort Wohnungen und Appartments der oberen Preisklasse errichtet.)
Lüam: Ja, genau. Ich bin da öfter mal spazieren gegangen und habe immer wieder gemerkt, was für eine krasse Perversion das ein Stück weit auch ist. Denn noch ist es da leer. Wenn du da Sonntags mit dem Skateboard durchfährst, ist das wie Geisterstadt.
Trent: Ich habe gerade gehört, dass von den 360 Appartments in einem Gebäudekomplex gerade mal 90 verkauft sind, obwohl es DAS neue Ding ist.

Was bietet Hamburg für euch so an schönen Seiten?
Trent: Auf jeden Fall unseren Erfolg.
Lüam: Ich finde tatsächlich, auch wenn das immer so kitschig ist: der Hafen! Der Freihafen übt auf mich eine totale Faszination aus. Also dieses Industriehafending und nicht dieser König- der- Löwen- Hafen.

Seid ihr musikalisch und örtlich angekommen oder ist da noch Raum und Bewegungsdrang zu Neuerem und Anderem?
Lüam: Also wir haben auf jeden Fall Bewegungsdrang. Der ist jetzt nicht richtig artikuliert, aber es ist schon so, dass wir alle Bock haben, noch Sachen zu erleben, noch Touren zu spielen, irgendwann nochmal ne Platte aufzunehmen.
Trent: Ich glaube wenn man sagt, dass man komplett in allen Belagen angekommen ist, dann kann man sich gleich hinlegen.

Das heißt also euch steht der Sinn nicht nach etwas Beständigem, sondern eher nach musikalischem Sturm und Drang und ausprobieren?
Lüam: Ja, tatsächlich.

Der Name eurer aktuellen Platte weist auf den Kunstfälscher Edgar Mrugalla hin, was hat es damit auf sich?
Lüam: Also zu einen ist das Ding, dass der Name einfach total gut klingt und auf der anderen Seite ist der Mann wirklich eine total interessante Persönlichkeit. Aber es gibt da so keinen direkten Zugang.

Ihr habt den auch nicht kontaktiert oder getroffen?
Lüam: Nee, leider nicht. Also ich hab den sogar angeschrieben und Kontakt mit ihm aufgenommen und habe ihn gefragt, ob er uns nicht sogar das Cover malen will. Aber der ist nicht mehr in der Lage zu malen und auch nicht so, wie ich das dann erhofft hätte.

Dafür hat euer Cover jetzt der Tätowierer Bernd Muss entworfen.
Lüam: Genau, von dem hängen hier jetzt auch gerade Bilder. Im Original deutlich noch größer und eindrucksvoller.
Trent: Genau, Bernd ist so ein Hamburger Geist.

Eure erste Platte „Sansibar“ habt ihr relativ eigenständig veröffentlicht, was sicher nicht leicht war. Lief es mit „Mrugalla“ entspannter?
Lüam: Also ich fand, es lief genauso schwer, aber das liegt auch an uns.
Trent: Man muss aber auch sagen, dass es im Prinzip die gleichen Leute sind, die Sansibar und Mrugalla gemacht haben. Es ist das gleiche Geklüngel geblieben. Es sind bei Mrugalla noch ein, zwei Instanzen dazugekommen, aber es sind die gleichen Leute geblieben.

Aber ihr habt ja jetzt auch ein Label und eine Promotionagentur im Hintergrund.
Trent: Ja, aber das sind halt auch alles Freunde von uns. Wir haben überlegt, wie man das machen kann und dann ist das so Hand in Hand gegangen.

Jetzt tourt ihr erstmal und was kommt dann?
Lüam: Touren, touren, touren. Immer weiter.
Trent: Und danach Urlaub in Finkenwerder!

Habt ihr zum Abschluss noch etwas zu sagen?
Lüam: Wir würden uns freuen, wenn möglichst nette Leute auf unsere Konzerte kommen.
Trent: Wobei Qualität vor Quantität geht!