Interview mit Heaven Shall Burn

01.02.2007
 

 

Das Release von Deaf To Our Prayers liegt ja bekanntlich schon ein wenig zurück und nach der Hell on Earth Tour spielten sich die Jungs von Heaven Shall Burn noch einmal so richtig auf der Spirit-X-Mas Tour warm, bevor es demnächst in Richtung Südamerika geht. Grund genug noch mal mit Gitarrist Maik ausführlich das ein oder andere zu fragen.


Hallo Maik. Die Band dürfte ja allen hinreichend bekannt sein, aber erläutere unseren Lesern doch bitte noch einmal, wie alles mit Heaven Shall Burn angefangen hat, aus welcher Intention heraus die Band gegründet habt u.s.w.

Gegründet haben wir die Band damals aus Spaß. Wir waren eben politisch interessierte, mitteilungsbedürftige Jugendliche und sind ziemlich früh auf den Dreh gekommen, dass wenn man seine Meinung kundtun möchte und sich seiner Umwelt mitteilen möchte das besser über Musik und Songtexte geht als in einer Schülerzeitung einen Artikel zu schreiben oder ein Fanzine zu machen. Und Musik ist eben bei Jugendlichen und unseren Mitmenschen immer das akzeptierteste Medium gewesen, und da wir uns sowieso für Musik interessiert haben haben wir eben eine politische Band gegründet. Damit haben wir eben auch unsere Vorlieben für Metal und alternative Lebensweisen ausgelebt und haben dies so transportiert. Das war immer unsere Motivation und ist es heute noch.

Zählt man mal Split-CDs und Re-Releases mit, so feiert ihr im zehnten Jahr des Bandbestehens euer neuntes (offizielles) Release. Wie schafft man es bei einer doch recht hohen Outputquote trotzdem noch, sowohl musikalisch als auch textlich, immer einen solch hohen qualitativen Standard zu wahren?

Wir sind ja eine Band die ständig probt und ständig Musik macht. Wir treffen uns mindestens einmal die Woche zum Proben, und dementsprechend machen wir auch immer neue Sachen, und so fällt eben auch eine Menge an. Es ist nicht wie bei anderen Bands, dass wir uns treffen, Songs für eine CD schreiben, Touren und dann wieder auseinander gehen, so ist es eben bei uns nicht. Es ist eben ein Hobby, dementsprechend hat man dann auch ein höheres Output und so kommt das eben zustande. Wir werfen auch keine Songs auf den Müll und eigentlich ist uns alles, was wir machen, wert aufzunehmen und wir hatten bisher auch kaum einen Song, den wir nicht aufgenommen haben. Bisher hat es alles immer auf eine CD oder eine Veröffentlichung geschafft und das war es auch bisher immer Wert.

Den vorläufigen Höhepunkt des Ganzen markiert ja wie eben schon erwähnt Deaf To Our Prayers, das ja überwiegend gute bis sehr gute Kritiken bekommen hat, in die deutschen Charts seid ihr damit eingestiegen, bei Myspace und im Gästebuch eurer Homepage gibt es Lobbekundungen von überall auf der Welt. Hat sich damit alles so entwickelt wie ihr euch das gewünscht hattet?

Ja, also der ganze Erfolg, den wir auch schon mit der Platte zuvor hatten war auf einem Level was wir nie erwartet hatten. Alles um die Band herum, auch an Zuschauerzahlen und Verkaufszahlen ist alles so groß geworden, was wir nie gedacht hätten, und von daher wünschen wir uns auch gar nichts mehr für irgend eine Platte die wir raus bringen, das ist dann wirklich nur noch Zugabe. Und das wir dann noch in die deutschen Charts eingestiegen sind, das war dann wirklich noch eine ganz, ganz unrealistische Sache für uns, das hätten wir uns niemals erträumt, und dann noch mit so harter Musik. Insofern machen wir einfach unser Ding und sehen was passiert, und die Leute scheinen das eben auch zu merken und honorieren dies.

Was kannst du zum Inhalt des neuen Albums sagen? Um was dreht es sich textlich, in welche Richtung seid ihr musikalisch gesehen weitergegangen?

Ich denke die neue Platte ist ein wenig mehr Deathmetal als die CD zuvor. Sie rollt mehr, man kann besser dazu Headbangen und textlich wird eigentlich das Konzept der Antigone fortgesetzt. Es geht um Freiheit, um religiöse Unterdrückung und um Leute, die für ihre Freiheit kämpfen.

Nach dem Weggang von Patrick ist ja Ali der neue an der Gitarre. In wie weit hat er das Songwriting oder euren Sound beeinflusst?

Eigentlich nicht so sehr. Ich habe ja früher auch die meisten Songs geschrieben und Ali musste ja auch erstmal in die Arbeitsweise bei uns in der Band rein finden. Aber er hat auch schon für die neue Platte einen ganz guten Input gehabt, hatte hier und da gute Ideen. Er war ja auch bei der Antigone als Produzent beteiligt und sein Input ist eher darin, dass er eine Produktionsleistung einbringt und weniger beim Songwriting.

Thema Downloads. Trotz das euer Album sich sehr gut verkauft hat liegt die Zahl der illegalen Downloads sicher um einiges höher. Zwar wird die Musik dadurch besser und schneller verbreitet, allerdings fließt ja so auch einiges Herzblut vergebens. Beispielsweise werden die Songs zwar gehört, aber man hat eben nicht das Booklet und so gehen die Texte abhanden. Wie siehst du das?

Ich bin jemand, der die Sache mit den Downloads nicht so negativ sieht und der Charteinstieg beweißt ja auch das, wenn man eine gute Platte hat, dass dann die Leute auch bereit sind, Geld dafür auszugeben, gerade wenn man etwas zu sagen hat, also mit den Texten und allem drum herum. Und wir haben ja auch viel mehr davon, wenn sich jemand die Platte runter lädt, die Mucke geil findet und dann auf ein Konzert geht und sich ein T-Shirt kauft. Von Plattenverkäufen wird heutzutage niemand mehr reich. Jedenfalls sehen wir das nicht negativ mit den Downloads. Wir möchten aber auch keine Werbung dafür machen und jemanden dazu animieren, aber wirklich negative Auswirkungen hat es auf uns eher nicht.

Nach der Hell on Earth Tour und der Spirit-X-Mas Tour steht nun ja auch bereits die Südamerika-Tour in den Startlöchern. Im Internet liest man von Kids aus Japan, Nordamerika, Australien oder wo auch immer, dass sie sich nichts sehnlicher wünschen, als das ihr mal in ihrem Land eine Tour macht. Der Erwartungsdruck ist also gewaltig. Trotz allem ist ja die Band aber nach wie vor ein Hobby. Wie geht ihr als normale Kids mit so etwas um?

Wir versuchen uns eben nicht an zu vielen Touren zu zerreißen, sondern dafür lieber coole, große Shows oder auch mal besondere Shows in den Ländern zu spielen. Zum Beispiel in Brasilien. Da spielen wir einmal in Sao Paulo, und dafür ist es dann eine größere Show wo die Kids von weit her kommen um uns zu sehen. Ich kann mich erinnern, als wir das erste Mal in Brasilien gespielt haben, da gab es teilweise Kids, die aus Chile angereist kamen und mit dem Bus drei Tage unterwegs waren um uns zu sehen, dass ist dann schon wahnsinnig beeindruckend. Aber die Band ist eben unsere Freizeit und ist ein aus den Fugen geratenes Hobby geworden. Aber wir machen uns da auch keinen Druck. Wir machen das, worauf wir Lust haben und wer in einer Band spielt, der muss eigentlich auch zugeben, wenn er es professionell macht, dass man auch 20-30% der Sachen, die man macht nicht immer unbedingt Bock hat, und das lassen wir eben weg und machen nur die Sachen, die Spaß machen.

Auf der Spirit-X-Mas Tour wart ihr ja mit euren alten Freunden von Caliban unterwegs. Gerade die mussten sich in der Vergangenheit einerseits wegen ihres veränderten Sounds und andererseits wegen des Stylings harte Kritik anhören. In der Vorankündigung zu Deaf To Our Prayers war davon die Rede, dass ihr keinerlei Pseudoemotionale Parts oder Make up auf die Platte packen würdet. Kleiner Seitenhieb Richtung der Potfraktion oder hatte dies andere Gründe?

Also mit deiner Frage suggerierst du ja schon Richtung Caliban. Allerdings ging es eher um Bands, die als es angesagt war ziemlich tough waren und als die emotionale Schiene wieder in war da ihre Fahne in den Wind gehängt haben, also dahin zielt das eigentlich. Das sollte eben nur klar machen, dass HSB das machen, was sie immer gemacht haben und dem Trend eben nicht hinterher hecheln. Also um es noch mal klar zu machen, das hatte weder augenzwinkernd, noch seitenhiebmäßig was Richtung Caliban zu sagen. Caliban ist eine Band, die den Trend gestartet haben, in sofern kann man ja nicht davon sprechen, dass sie dem Trend hinterher rennen. Ja, ansonsten ziehen wir eben unser Ding durch und rennen da nicht hinter her und ich denke, die Leute wissen und tolerieren das auch.

Aktuell ist ja zwischen Musikliebhabern seit geraumer Zeit die Diskussion über Metalcore im Gange. Hype oder doch ernsthafte Musikrichtung, wie denkt ihr als unmittelbar betroffene darüber?

Ich weis nicht, was so genannte Musikliebhaber sind. Die sitzen den ganzen Tag nur rum und denken drüber nach, ob eine Musikrichtung noch in ist oder untergeht. Wenn sie doch Musik so sehr mögen, dann sollen sie doch Musik hören und sich nicht über so was Gedanken machen. Natürlich ist das ein riesengroßer Trend im Moment von dem wir auch profitieren, aber so ähnlich bei beim Deathmetal Anfang der 90er denke ich wird Metalcore nie ganz verschwinden. Es ist eben eine moderne Form von Metal, über den viele junge Kinds den Einstieg in harte Musik gefunden haben. Und in den Herzen der Leute wird das auch immer sein und die ehrlichen Bands kommen auch durch, und die Musikrichtung eben auch, da mache ich mir keine Gedanken drüber.

Mir persönlich gefällt bei euch die starke politische Haltung, sowohl im sozialen, als auch im weltpolitischen Bereich. Im Gegensatz dazu gibt es bei euren Show jedoch kaum oder gar keine Ansagen in dieser Richtung. Sind deiner Meinung nach Shows generell der falsche Ort für so etwas oder hat dies andere Gründe?

Das hat zum einem den Grund, dass wir die Liveenergie der Show nicht unbedingt durch so eine Parteitagsveranstaltung kaputt machen wollen, indem zu viel politisch gelabert wird. Und gerade live kann man auch eher politisch uninteressierte Menschen auf seine Seite ziehen, die eben erst einmal die Musik hören und sich später vielleicht die CD kaufen und mit den Texten befassen, und ihnen vielleicht gar nicht bewusst war, dass Heaven Shall Burn eine politische Band ist. Also wir machen natürlich auch Ansagen gegen Rechts auf der Bühne, und zu allen politischen Themen, das kommt schon mal vor, aber das hast du schon ganz richtig gesehen, dass wir nicht zu jedem Song, der politisch motiviert ist auf der Bühne etwas erklären. Das würde, denke ich, auch die rohe Liveenergie kaputt machen, und die ist ja bei uns auch gegeben.

2006 ist gelaufen, welches Resümee kannst du ziehen, und abseits von HSB, welches waren für dich die Scheiben des Jahres?

Ja also für Heaven Shall Burn war es ein wahnsinnig erfolgreiches Jahr. Wir haben eine Supershow aufm Full Force gespielt die riesen Spaß gemacht hat, wir sind mit vielen Freunden getourt, dann eben der Charteinstieg, den du vorhin schon erwähnt hast. Das war auch eine riesen Sache für uns, von daher können wir uns nicht beschweren. Und welche Platten mich geflasht haben, also ich finde die neue Narziss-Platte sehr geil, und auch die Diecast-Platte höre ich mir sehr, sehr oft an. Und ich habe dieses Jahr auch wieder viele alte Platten für mich entdeckt. Also einige alte Scorpions-Sachen höre ich mir wieder an, wieder ein paar alte Carcass-Sachen und das hat auch dieses Jahr was für mich gebracht.

Was mich noch interessieren würde: „My HSB-Shirt and me – Eastpack Foto Competition“, was ist draus geworden?

Also es gibt da einige Fotos. Am Anfang ist alles in wenig zäh angelaufen, aber nach und nach kam immer mehr und uns schicken die Leute auch teilweise heute noch Bilder zu. Das läuft mittlerweile eigentlich seit 1 ½ Jahren, wir sind dabei unserem Webmaster was rüberzuschicken und der wird auf jeden Fall auch noch was hochladen, das ist klar. Ein Sieger steht auch schon fest, aber ich will nicht zu viel verraten, das wird man ja dann sehen.

Zum Abschluss noch irgendwelche Worte? Wünsche für 2007?

Nö. Eigentlich nicht. Soll jeder machen was er will, Spaß dabei haben und ab und zu mal HSB abchecken!