Interview mit ROGERS

18.06.2015
 

 

Was bedeutet es euch Punk-Rock zu machen?

Einen schönen Bon Jovi, erstmal! Für mich fühlte es sich von Anfang an 'richtig' an. Als Teenie haben mir die aggressiven Texte und schnellen Gitarren imponiert. Da ich selber zu der Zeit angefangen hatte, Gitarre zu spielen, war der Fall klar. Zusätzlich stand ich schon immer auf Musik mit gehaltvollen Texten. So 'nen aufgeblasenen hohlen Mumpitz wie die Backstreet Boys und Konsorten fand ich früher schon zum Erbrechen. Wahrscheinlich auch der Grund dafür, dass es von den Rogers keine Songs über 'Die ganze Nacht saufen' und 'Sommer, Sonne, Sonnenschein' gibt. Punkrock ist ehrlich!  

Punk zu sein bedeutet ja auch immer wieder ein wenig anzuecken – Wobei bemerkt ihr das am meisten? Beeinträchtigt euch die Band in eurem normalen Leben/Job/…?

Mittlerweile machen wir das ganze schon was länger. Es hat auf jeden Fall Zeiten gegeben, die sehr, sehr schwierig waren. Jeder hört gerne Musik und freut sich darüber, dass du versuchst was aus deiner Leidenschaft zu machen. Aber trotzdem hast du oft über kurz oder lang eine Kündigung im Briefkasten weil du einfach IMMER für die Band unterwegs sein willst. Sei es Touren, Vorbereitungen, Proben, Songs schreiben. Irgendwann wird es schwierig, beides zu managen. Aber wir wollen machen, was uns glücklich macht. Damit können wir uns arrangieren.  

In Eurer Bandgeschichte habt ihr euch nach „Notaufnahme“ und „Jolly Roger“ schon zwei Mal umbenannt – wie kam es dazu?

Nico, Artschi und ich machen seit Anbeginn unserer 'Musikerkarriere' (haha) Mucke. Damals im Alter von 15/16 Jahren waren wir auf der Suche nach einem Bandnamen. Damals trafen wir Joe, so einen komischen Typen, der immer in unserem Proberaum, der übrigens unter einer Kirche war, rumgelungert hat. Eines schönen Donnerstags wollte Joe unsere ersten musikalischen Ergüsse aufnehmen. Da das wiederrum die unprofessionellste Aufnahme aller Zeiten war, war unser Name klar: Notaufnahme! Zu der Zeit haben wir mit vielen verschiedenen Schlagzeugern gespielt und irgendwann habe ich Simon, unseren ehemaligen Drummer, in einem neuen Proberaum von uns an seinem Geburtstag kennengelernt. Nach ein paar Schnaps war klar: Das wird unser fester Schlagzeuger. Neue Band, neuer Name. Da wir etwas aus der Zeit als Notaufnahme mitnehmen wollten, entschieden wir uns für 'Jolly Roger'  - nach einem gleichnamigen Song aus Notaufnahme Zeiten. Als es dann so weit war und tatsächlich People Like You vor uns standen und uns unter Vertrag nehmen wollten, wollten wir einfach mehr Individualität in unserem Namen haben, da der Jolly Roger als Eigenname ja sehr verbreitet ist. Alle unsere Freunde sagten zu der Zeit "Heute Abend gehen wir die Rogers besuchen", da wir auch alle zusammen in einer WG wohnten. Dann war der Sprung nicht weit. Es ist und bleibt eine Familie. 

Wie kam es zu der Entscheidung auf Deutsch zu singen? Kam jemals der Gedanke auf englische Songs zu schreiben?

Nein, tatsächlich noch nie, weil ich einfach finde, dass mein Englisch nicht schön klingt. Deutsch ist eine sehr harte aber auch facettenreiche Sprache. Ich fühle mich einfach wohler damit. Ich könnte mich, glaube ich, auch nicht so schön im Englischen ausdrücken. 

Auch ihr unterstützt Sea Shepherd – Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit? Warum ausgerechnet diese Organisation?

Nico, unser Gitarrist, war schon seit sehr langer Zeit sehr beeindruckt von der Arbeit, die diese Organisation leistet, da sie nicht nur mit Bannern und Trillerpfeifen neben den Walfängern herfahren, sondern die Jungs auf ihrem Kutter mal richtig angehen. Mit der Zeit stieg auch das Interesse bei mir und Artschi, sodass wir anfingen, uns weiter zu informieren und mittlerweile ist tatsächlich eine gute Freundschaft zwischen uns und einigen Mitarbeitern von Sea Shepherd Deutschland entstanden. Generell versuchen wir aber auch andere, uns sinnvoll erscheinende, Projekte zu unterstützen.

Sea Shepherd geriet nach der Zusammenarbeit mit Brigitte Bardot und insbesondere nach der Benennung eines Schiffes nach ihr in die Kritik und brachte Ihnen Rassismusvorwürfe ein, da sich Bardot für die rechte Partei Front National engagiert. Was sagt ihr zu dem Vorwurf/Vorfall? Kam es bei euch zu Überlegungen die Zusammenarbeit zu beenden?

Das ist leider wahr.
Wir finden auch, dass der Name des Schiffes nicht die glücklichste Wahl war, und der großartigen Arbeit, für die Sea Shepherd es einsetzen, auch in keiner Weise angemessen ist.
Das ist auch weiterhin unsere Meinung.

Was hat sich bei „Nicht zu verlieren“ am meisten, im Vergleich zu eurem Debütalbum, verändert?

Für mich nicht all zu viel. Wir machen weiterhin Musik direkt aus dem Herzen, so wie wir sie am liebsten hören würden, mit den Einflüssen unserer Lieblingsmusik und Themen, die uns beschäftigen. Aber im Endeffekt kommt „Nichts zu verlieren“ ein Stück weit erwachsener aber auch punkrockiger als „Flucht nach vorn“. Wir wollten wieder eine schöne Produktion fahren, die ihre Ecken und Kanten hat, aber die man sich immer wieder anhören und an der man sich erfreuen kann.

Im Musikjournalismus werden Bands ja gerne untereinander verglichen – über welche bisherigen Vergleiche habt ihr euch gefreut und über welche geärgert?

Ach, wir wurden schon mit den Broilers verglichen, da kannte ich tatsächlich noch kein einziges Lied. 
Im Endeffekt hat mich das aber nie gestört. 
Wie eben schon erwähnt machen wir Musik wie wir sie mögen. Da kann es auch Parallelen geben aber ich denke schon, dass wir mittlerweile sagen können: "So klingen ROGERS".

Manch einem Punk-Hörer ist eure Musik vielleicht auch ein wenig zu glatt produziert und poppig – was würdet ihr zu diesem sagen?

Irgendwann wird es stinklangweilig drei Akkorde und Ufta Ufta mit Hasstiraden über Ikea oder den örtlich ansässigen Hähnchenmann zu spielen, oder? Zur Not muss halt ein Vinyl her, das sich irgendwann so richtig schön alt und abgespielt anhört... Also so nach dreimal durchhören. 

Ihr habt euch die Bühne schon mit großen Bands geteilt. Mit wem wollt ihr allerdings noch unbedingt zusammen auf der Bühne stehen?

Ich weiß nicht, schwierige Frage... Was ist mir dir?! Hast du ne Band?

Ärgert es euch, wenn ein Musikjournalist eure Platte schlecht bewertet? Achtet man überhaupt darauf was irgendwelche Musikfuzzis im Internet oder in Magazinen von sich geben?

Musik ist ja glücklicherweise immer noch Geschmackssache und da wird auch unsere Musik nicht immer den Nenner treffen. Aber ja, gerade zu Neuveröffentlichungen bin ich dann trotzdem gespannt, ob es den Leuten gefällt und freue mich über positives wie negatives Feedback. Dass sich überhaupt jemand mit deiner Band beschäftigt ist doch schon ein großes Geschenk. Beeinflussen lassen wir uns aber nicht davon. Wenn du es magst: cool, wenn du es nicht magst, bist du auch nicht gleich scheiße... Aber vielleicht ein bisschen doof.