Interview mit Seed Of Pain

03.12.2009
 

 

Hi Jungs, stellt euch doch erstmal vor!

Hallo Raphael, Seed of Pain das sind Flavio, Samuel, Dominik und Matthias. Live unterstützt uns unser liebe Freund Boris von Fall Apart zuweilen. Die Band existiert seit anfangs 2007 und unsere Herkunft ist – mit wenigen Abstrichen – die Innerschweizer Bergregion.


Wie würdet ihr selbst eure Musik beschreiben?

Darüber machen wir uns eigentlich nicht sonderlich viele Gedanken. Mag sein, dass für klassisch-traditionelle Hardcore-Verhältnisse unsere Musik zuweilen etwas zu experimentell klingt, aber von wirklich progressiver und uniquer Musik sind wir dann doch noch weit weg. Insofern finde ich “Hardcore”, oder meinetwegen “Post-Hardcore” ganz in Ordnung. Wenn es für andere jedoch nach New Wave oder Metal klingt, stört das auch nicht wirklich.


Mal ehrlich, eure Musik ist nicht gerade Hardcore-typisch und mir selbst fiel es sehr schwer, euch einzuordnen. War das der Grund für euch, Seed Of Pain zu gründen?

Dass die Leute uns nicht einschätzen können? Ach nein, das schon nicht. Als wir vor rund drei Jahren angefangen haben mit Proben, haben wir uns keine Regeln oder Limite aufgestellt. Und darüber bin ich persönlich nach wie vor sehr froh, denn so haben wir uns von Anfang an eine gewisse Narrenfreiheit gegeben. Eine Carte Blanche sozusagen. Aber der Grund dafür, also für dieses Ausprobieren sozusagen, ist im Endeffekt nur die eigene Neugier. Wenn dies wiederum andere Leute interessiert, nervt oder sonst wie berührt, dann ist das ein toller Nebeneffekt dieses Hobbys.


Wenn ihr müsstet, welcher Szene würdet ihr euch zuordnen?

Wie schon erwähnt, sind wir auf allfällige Zuordnungen, egal ob Musik- oder Szenetechnisch nicht sonderlich scharf. Wahrscheinlich hat das ein Stück weit damit zu tun, dass hier in der Schweiz alles ein bisschen kleiner ist und sich dementsprechend weniger “Sub-“Szenen bilden können. Wir picken uns einfach überall etwas heraus. Die Attitüde des Punks, Arroganz des Black Metal, Zitatverliebtheit des Industrials und den Look vom New Wave. Ha, das klingt gut und stumpf!


Auch auf die Gefahr hin, in Lobhudelei zu verfallen aber ich habe selten eine Band so konzentriert und präzise gesehen wie euch beim Angry Youth! Wie ich beobachten konnte, habt ihr euch gegenseitig Blicke zugeworfen, die mal signalisiert haben "Mist, ich hab mich verspielt" und dann welche wie "Oh, das war gut". Oder so ähnlich. Ist das normal für euch, so bei der Sache zu sein?

Vielen Dank für die netten Worte. Ehrlich gesagt findet keiner von uns, dass wir eine besonders tighte Live Band sind. Mit dem Konzert in Essen waren wir dementsprechend auch alles andere als zufrieden. Trotzdem freuen wir uns natürlich über solche Rückmeldungen. Was die damit verbundene Frage betrifft: Auch wenn uns bestimmte Leute immer wieder gerne konzeptuelles Denken vorwerfen, so werden Auftritte unsererseits nicht geplant. Dann kann es mal passieren, dass alles gut läuft und man ist wie in einem Sog und voll bei der Sache. Oder es passiert einfach gar nichts und die Leute fragen nach dem Konzert, ob wir Streit hätten. Auch schon passiert, haha! Dass wir definitiv mehr als andere Bands miteinander in stetigem Blickkontakt stehen, liegt daran, dass keiner von uns genau weiss, wie lange die Songs dauern und wer wann einsetzt. So kann man einigermassen den Überblick behalten. Würden wir mehr live spielen, so wäre das Problem wahrscheinlich automatisch schnell weg.


Ich frage, weil mir der gesamte Auftritt sehr ungewöhnlich vorkam. Im positiven Sinne. Hört ihr das öfters? Also, dass ihr herausstecht?

Ja, das hört man dann und wann. Einerseits findet man das natürlich geil und freut sich darüber, auf der anderen Seite ist es zumindest für uns halt auch praktisch immer völlig übertrieben. Tatsache ist wohl, dass in der Szene, in welcher wir in der Regel Konzerte spielen progressive Elemente nicht zwingend sind. Und wenn es dann mal eine Band gibt, die schon nur Effektgeräte für die Gitarre benutzt, dann finden das die einen oder anderen halt schon total spektakulär. Was ja auch okay ist, aber ich versuche mir auf diese Art und Weise jedenfalls das vermeintliche Extraordinäre runterzuspielen. Denn deswegen machen wir ja keine Musik. Es geht nicht darum, möglichst anders etc zu wirken, auch bei uns geht es in erster Linie darum, einfach nur Musik zu machen und eine gewisse Stimmung zu verarbeiten und festzuhalten.


Mich würden eure musikalischen Vorbilder interessieren. Sowohl die, die eure Musik beeinflussen, als auch die, die eure Bühnenshow beeinflusst haben?!

Musikalisch hat uns sicherlich Neurosis sehr beeinflusst. Und natürlich auch andere Bands, welche diese Art von Musik spielen. Dann kommt natürlich jede Menge weiterer Kram dazu. Das Interesse an praktisch allem, was früher mal unter den Begriff “Post-Punk” fiel, auch ein paar Drone und Ambient Sachen und so weiter. Aber das sind alles einfach nur Begriffe, welche im Endeffekt eher zu viel versprechen. Ideologisch, wenn man so will, fällt mir jetzt gerade kein spektakulärer Name ein. Die lyrische Stossrichtung ist aber bestimmt eine düstere, eher misanthropische.


Welche Musik läuft bei euch privat derzeit oft?

Das variiert recht stark. Nach wie vor viel Hardcore und Punk, alte wie neue Sachen. Ein paar elektronische Sachen, Neo-Folk, Hip Hop aber auch schlimme Kitschknüller wie die neue Editors oder White Lies. Gewisse von uns haben wiederum mehr Freude an (Black) Metal Sachen oder Bob Dylan und Tom Waits. Musikalisch läuft also so ziemlich alles, was es gibt. Dies schätzen wir wohl auch besonders aneinander. Es besteht ein grosses Interesse an Musik und es findet folglich auch ein reger Austausch statt. Trotzdem muss nicht alles sofort in die Musik einfliessen.