Interview mit THE LEGION:GHOST

27.09.2016
 

 

Der König ist tot; lang lebe der König! Hinter THE LEGION:GHOST stecken keine Unbekannten, sondern bereits seit Jahren in der Szene etablierte Musiker aus dem Köln-Aachener Raum. Stellt euch doch mal kurz vor und erzählt, was ihr neben der Musik noch so alles Erwähnenswerte macht.

Ben: Mein Name ist Ben, ich bin Drummer bei THE LEGION:GHOST und arbeite neben der Band als Schlagzeuglehrer und habe mein eigenes Studio mit noch jemandem zusammen. Nebenher bin ich immer wieder in andere Bandprojekte involviert oder spiele mit anderen Leuten zusammen. Ich mache also eigentlich "nur" Musik. Ein paar Jahre war ich auch als Drumtech für u.a. Caliban unterwegs. Vor THE LEGION:GHOST habe ich seit 1994 in verschiedenen Bands gespielt und war auf Tour in quasi halb Europa.

Andreas: Andreas, Gitarrist bei THE LEGION:GHOST. Ich arbeite zur Zeit als Diplom-Pädagoge, gebe Seminare und bin als bildender Künstler (Malerei & Bildhauerer/Objekte) unterwegs wobei ich dann oft soziokulturelle Projekte leite oder begleite. Ansonsten Musiker und Papa sein.

Markus: Ich bin der Markus, ich spiele Bass bei TL:G. Beruflich bin ich Produktionsleiter in einer Firma für musikalisches Equipment. Wir stellen Gerätschaften her, die dem Musiker auf der Bühne das Monitoring leichter machen. Ich bin 2014 zu den andern hinzugestoßen und habe damals das Amt des Bassisten übernommen. Vor TL:G gab es bei mir auch diverse Bands. Erst in meiner Heimat, im Nürnberger Raum, und dann hier um Rheinland.


Eigentlich ist die Frage nach der Herkunft eines Bandnamens ziemlich langweilig. Aber THE LEGION:GHOST fordert diese Frage einfach heraus. Werdet ihr euren Namen beim nächsten Album hinter dem Doppelpunkt verändern oder wird er gleich bleiben? Was steckt genau dahinter und wie ist der Name entstanden? Könnt ihr auch Aussagen zum Coverartwork machen, das ebenfalls der Interpretation zugänglich ist?

Andreas: Der Name ist um die Idee dessen entstanden was wir transportieren wollen. Und das diffuse, subtile mystische und irgendwie politische Denken und Empfinden spiegelt sich bei diesem Album und eben auch im Namen wieder. Das "Glück der neuen Band " hatte den Vorteil von Anfang an alles aus einem Guss, aus einem intensiven Kreativitätsprozess entstehen zu lassen.

Ben: Also der Name an sich sollte schon gleich bleiben. Ich hab jetzt keinen Bpck bei jedem Album den Bandnamen zu ändern. Das wäre ja völliger Quatsch ;)!

Markus: Nee, Ben hat da schon recht. Der Name bleibt natürlich. Das mit dem Doppelpunkt ist eher so zu verstehen: Die Legion mit dem Namen Ghost. Was das Artwork angeht, haben wir da bewusst mit Elementen von Gegensätzen und Unmöglichem gespielt. Beispielsweise Vögel fliegen unter Wasser, es gibt keine Spiegelungen auf der Wasseroberfläche, sogar eine ganze Stadt ist am Meeresgrund zu erkennen. Naja und das Dreieck ist im Cover zu finden. Das Dreieck, dass mittlerweile ja so ein bisschen zum Markenzeichen geworden ist.


Das Material eures Debütalbums „…Two For Eternity“ ist meines Erachtens fantastisch! Bevor wir aber zum Inhalt kommen auch hier die Frage nach der Herkunft respektive Bedeutung des Titels?

Markus: Der Titel setzt sich aus zwei Teilen zusammen. Der Name des Interludes (Song 10) „One For The Pain...“ und dem Namen des Albums „...Two For Eternity“. Im zweiten Weltkrieg bekamen amerikanische Soldaten oft zwei Pillen mit ins Gefecht. Eine um den Schmerz einer Verletzung zu lindern und eine zweite um dem Ganzen ein Ende zu setzen. Das hat uns schockiert, bewegt uns fasziniert zugleich. Naja und so wurde da ein Album Titel draus.

Andreas: Hmm.... umso mehr ich beschreibe desto weniger Raum bleibt für Interpretationen... der Ursprung der Aussage "one for the pain... two for eternity" ist ein Zitat eines Soldaten, der auf die Frage, warum die Soldaten stets zwei Ampullen Morphium bei sich führten, dies antwortete... und diese bedrückende Aussage... haben wir auf weitere Ebenen gesetzt. Wir haben sie zu einer Methapher werden lassen.


Ich finde, dass die 13. Tracks wie Befreiungsschläge jedes einzelnen Bandmitglieds klingen. So, als würdet ihr damit zeigen wollen, was schon immer in euch gesteckt hat, aber erst jetzt aus euch herausgebrochen ist. Wie habt ihr das Songwriting empfunden?

Ben: Das mit dem "Befreiungsschlag" trifft es irgendwie schon...

Markus: Bei mir ganz genau so. Da musste einiges raus. Privat lief es die letzen Jahre bei mir nicht so rund. Deshalb diente das Album wohl auch so ein wenig als Ventil.

Andreas: Der Befreiungsschlag... hmmm... auf gewisse Weise stimmt das. Da wir nach häufigen und langen Personalquerelen endlich in kurzer Zeit ein unglaubliches Team zusammen hatten, konnten wir uns schlicht auf wesentliches konzentrieren. Der eigentliche Befreiungsschlag war das alte Pferd zu erschiessen :-).


Wenn ich eine Schublade für den Albumstil öffnen müsste dann die, die mit Metalcore beschriftet ist. Für mich fasst ihr die Trademarks dieses Genres genial zusammen und transportiert sie in die Moderne. Das Genre hat sich im letzten Jahrzehnt totgelaufen, weil viele Bands immer das Gleiche gemacht haben. Sie reihen abgehackt brachiale Parts an zuckersüße Melodien, von denen der Hörer auf Dauer zuckerkrank wird. Ihr aber setzt auf nachvollziehbare Progressivität und Refrains, die mitunter sehr düster melancholisch klingen und im Fluss zum Rest sind. Wie seht ihr das?

Ben: Nennen wir es meinetwegen Metalcore, Modern Metal, einfach nur Metal, egal. Wir machen einfach die Musik die wir selber gerne hören bzw. machen wollen oder hören wollen. Das soll jetzt gar keine blöde Floskel sein, sondern ist auch eher so etwas wie der gemeinsame musikalische Nenner von allen Bandmitgliedern. Höher, schneller, weiter, wo's passt, gerne, aber nicht pausenlos nur um der Brachialität willen. Uns ist es eher wichtig und wir versuchen Wert darauf zu legen, dass der Song noch als Song nachvollziehbar bleibt, wenn mitunter auch progressive Elemente auftauchen. Also wir haben auch wirklich kein Problem damit wenn das jemand Metalcore nennt.

Andreas: Schwierig ist einfach dass der Begriff in vielen Kreisen eben schlecht besetzt ist... insofern mag ich den Begriff nicht. Und die Reviews tun sich auch schwer damit ne Schublade zu finden... was mich sehr freut. Die oft genannten "Einflusse" reichen von Whitechapel bis Pearl Jam... ich denke... neutral METAL ist gut... und ich hoffe das viele Menschen aus vielen Metal-Sparten ihre Freude dran haben werden.


Eine große Stärke des Albums ist auch seine Langlebigkeit. Ich kenne die Songs jetzt schon einige Monate und höre sie mir immer wieder gerne an, da ich auch permanent (wie jetzt gerade das sehr geile Gitarrenduell in einem meiner Lieblingssongs „Black Rain“) neue Sachen in ihnen entdecke und sie dadurch aus einem anderen Hörwinkel betrachte. Hab ihr Langlebigkeit mit einkomponiert?

Ben: Also das haben wir jetzt nicht bewusst "einkomponiert", zumindest nicht vordergündig. Das ist wenn dann eher einfach passiert im Laufe des Songwritingprozesses. So ein Song reift ja auch irgendwie und man verändert mitunter immer kleine Details bis zur finalen Version die auf dem Album dann landet. Aber "Langlebigkeit" bei seiner Musik attestiert zu bekommen ist doch eins der besten oder schönsten Komplimente für einen Musiker oder Künstler generell. Vielen Dank! ;)

Andreas: Danke. Das empfinde ich als Kompliment. Das Songwriting und Arrangement ist von ganz unterschiedlichen Mitgliedern zusammen oder alleine entwickelt worden. Wir stehen einfach auch auf Komplexität UND Nachvollziehbarkeit. Wie bei Gemälden die erstmal deutlich erkennbar eine Geschichte erzählen, doch dann immer wieder im Detail spezieller werden.

Markus: Ich glaube, geschuldet der Tatsache, dass wir nicht hingegangen sind und gesagt haben „Wir produzieren jetzt ein Metal-Core Album.“, hat sich „...Two for eternity“ stilistisch auch zu einem sehr vielseitigen Album entwickelt. Vielseitigkeit bedeutet Abwechslung und Abwechslung vielleicht Langlebigkeit. Wäre zumindest schön, wie ich finde.


Die Texte sind teilweise sehr persönlicher Natur und Kevin lebt jeden einzelnen Ton. Er hat meines Erachtens mit diesem Album gezeigt, was wirklich in ihm steckt und wohin der Weg bei ihm noch führen kann. Transportiert ihr mit diesem Album textlich eine besondere Message oder soll sich jeder das für ihn passende herauspicken?

Andreas: Die Texte sind so wie du beschrieben hast. Das passt sehr gut. Sie sind eher deutlich als poetisch kryptisch. Ich habe nichts dagegen wenn Fans die Sachen so verstehen wie wir oder Kevin sie meint, aber auch wenn jeder seine eigene Interpretation hat. Wenn ich alle Texte zu meinen Lieblingssongs anderer Bands verstehen würde, würde ich mich vermutlich oft wundern, da die Musik bei mir eventuell völlig andere Emotionen und Gedanken ausgelöst hat.


Wer ist eigentlich für den Sound verantwortlich? In Zeiten, in denen alles totgetriggert wird, was nicht bei 3 auf den Bäumen ist, klingt dieser trotz aller Vehemenz sehr organisch und schmeckt nicht nach Plastikabfall.

Ben: Das Album haben unser Gitarrist Uli und ich zusammen produziert. Gemixt hat Caliban-Gitarrist Marc Görtz im Nemesis Studio in Essen und gemastert wurde das Album von Olman Viper im Hertzwerk/nullzwei Studio in Hamburg (u.a. Caliban, Emil Bulls, Pyogenesis, KMPFSPRT u.a.). Es war uns halt auch besonders wichtig dass das Ganze eben nicht nach totgetriggerter Plastik-Produktion klingt, wie leider vieles heutzutage. Trotzdem sollte der Sound natürlich fett sein und mit aktuellen Produktionen mithalten können.

Andreas: Wir haben immer darauf geachtet das die produktionstechnischen Aspekte eher die Präzision und Tightness unterstützen sollte, die Gitarren aber soundmässig warm klingen sollten und uns Raum für eine gewisse spielerische Dynamik lässt.


Welche aktuellen Alben haben euch für dieses Album inspiriert? Was hört ihr auf den Fahrten zu den Gigs und welche Bands haben euch nachhaltig beeinflusst? Habt ihr aktuelle Empfehlungen guter Musik für unsere Hörer?

Ben: Aktuelle Alben höre ich viel die letzten beiden Killswitch Engage, die aktuellen Alben von Slipknot, Slayer, Caliban, Machine Head... Bei den Fahrten hören wir querbeet von Klassikern über aktuelles Zeug. Ich nerve die anderen auch oft mit Punkrock oder gutem 90er HipHop ;) ... Nachhaltig beeinflusst haben mich persönlich Sepultura, Fear Factory, Devin Townsend, Queen, Björk, Faith No More, Ramones, UK Subs, Bad Religion, Wu-Tang... Also auch ziemlich querbeet...

Andreas: Ich habe meine Lieblingsbands... Killswitch Engage, Whitechapel, The Haunted,  Devil Driver, und andere... aber wirklich beeinflusst fühle ich mich eher von Amon Tobin, Aphex Twin, Saga, Beatles, Devin Townsend, Peter Gabriel, Mike Batt und The Who... zb.

Markus: Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich von dem aktuellen Zeug gerade so ein bisschen die Schnauze voll habe. Es gibt so viele „Hochglanz-Produktionen“, die sich im Sound kaum mehr unterscheiden. Und das finde ich echt schade. Ich finde gerade wieder Gefallen an alten Kreator Platten zum Beispiel. Aber das schwankt bei mir auch sehr.


Habt ihr schon eine Tour geplant, um euer neues Album außerhalb des Rheinlands zu empfehlen?

Ben: Geplant und in Planung ist gerade einiges, aber noch nicht spruchreif... ;). Abwarten und Geduld.

Andreas: Ich würde mich sehr freuen noch mal den ein oder anderen Monat unterwegs zu sein. (Liebes Label, liebe Frau Bookerin... macht mal!! Bitte... wieder :-) ).

Markus: Ja da ist einiges in Planung. Sobald es spruchreif ist, erfahrt ihr es natürlich.


Vielen Dank für das Interview! Die letzten Worte gebühren euch:

Ben: Wir haben zu danken! Wir hoffen das vielen da draussen unser Album "...Two For Eternity" gefällt und wir sind gespannt wo die Reise noch hingeht! Wir sehen uns auf den kommenden Shows.

Andreas: Vielen Dank. Ich freue mich bei Interviews immer sehr, wenn ich merke das der Fragende nicht nur das Album mag, sondern echt reingehört hat... und dementsprechend Danke für die Möglichkeit Deine Fragen beantworten zu dürfen.

Markus: Dem ist nicht mehr hinzuzufügen! Eines vielleicht noch... „Danke Merkel!“ 


I, YOU, We ALL are THE LEGION:GHOST!