Interview mit The Very End

19.01.2011
 

 

Hallo THE VERY END! Mit wem habe ich das Vergnügen?

Hallo Clement, mein Name ist Rene und ich bin Gitarrist bei THE VERY END.

Meiner Meinung nach war euer Debüt „Vs. Life“ ein gutes Album, ging aber ein wenig in der Metalwelt unter. Ist das für euch der Grund gewesen, das Label Richtung Steamhammer zu wechseln (das Debüt erschien 2008 über Dockyard1
Records)?


Das sehe ich ganz genau so. Die Promoarbeit von Dockyard1 war miserabel. Die einzige Anzeige, die wir je zu Gesicht bekamen, war im "Pizza Hut Magazin", was ja für seine Bedeutung in der Metalszene berühmt ist. Wir sind sehr froh darüber, wie sich nun die Zusammenarbeit mit Steamhammer/SPV gestaltet und sind gespannt, wie sich 2011 für uns entwickeln wird.

Auffällig für mich ist vor allem die Horizonterweiterung auf „Mercy & Misery“, ihr löst euch ein wenig vom Melodic Death der schwedischen Schule und tendiert z. B. zum New Orleans Groove einer Band wie CROWBAR oder baut immer wieder progressive Elemente in euren Sound ein. Wo sehr ihr die Stärken des neuen
Albums bzw. die großen Unterschiede zum Debüt?


Eigentlich sind wir von Anfang an mit einem sehr weiten Horizont an neue Songs herangetreten, kriegen es jetzt wahrscheinlich nur besser umgesetzt. Beim Songwriting verfolgen wir erst einmal keinen Masterplan. Es geht vor allem erstmal um den Song an sich. Dabei ist es mir egal ob dieses Riff jetzt nach Death Metal klingt oder jenes nach Blues. Ein gutes Riff ist einfach ein gutes Riff. Der große Unterschied zum Debüt ist wohl der, dass eher die Songs als ganzes im Vordergrund stehen. Bei "vs. life" waren wir etwas verspielter, wobei ich gar nicht ausschließen will, dass künftige Songs das nicht wieder sein können.Wir nehmen es eigentlich immer so, wie es kommt.

Welche Schublade muss für THE VERY END anno 2011 geöffnet werden: Modern Metal, (Neo) Thrash, (Melodic) Death Metal? Oder nur „gute Musik“...

Ach Gott... Immer dieser Bedarf nach einer Schublade. Mir geht es ja vor allem darum, gute Musik zu machen, aber wenn ich gezwungen wäre, etwas zu nennen, gefällt eine Bezeichnung, die ich neulich gelesen habe, die so in Richtung "New School of German Thrash Metal" oder so ähnlich ging.

Insgesamt schreibt ihr sehr homogene Songs, die sich immer um den Refrain aufbauen. Dieser wirkt dann nie aufgesetzt oder kitschig, sonder...mit Verlaub...männlich, erwachsen und ausgereift. Wie sehr ihr das?

"Männlich" ist gut, haha... Das kann schon sein. Manchmal entwickeln sich bei uns Parts zum Refrain, von denen wir es vorher gar nicht gedacht hatten. Das ist immer ein gewisser
Prozess - Ein guter Refrain ist mir sehr wichtig. Aber der beste Refrain kann scheiße wirken, wenn das drumherum nicht stimmt. So kann z.B. nur etwas mächtig wirken, wenn du auch einen unscheinbaren Gegensatz zum Vergleich hast. Deshalb versuchen wir immer. irgendeine Form von Dynamik zu entwickeln.

„Mercy & Misery“ klingt insgesamt sehr ausgereift und auf den Punkt gebracht. Wer ist bei euch für das Songwriting verantwortlich und wie schreibt ihr Songs?

Von Anfang an war mir bei THE VERY END wichtig, das kreative Potenzial aller Mitglieder
auszuschöpfen. Das ist nicht immer leicht und anfangs gab es in der Band sogar mehr Wunsch nach Führung. Inzwischen haben wir irgendwie unser Ding gefunden und alle bringen sich ein. Dabei gibt es gar nicht DIE eine Arbeitsweise. Im Laufe der Zeit entwickeln sich unsere Songs auch. Manchmal machen wir aus ursprünglich einem Song
zwei, wie etwa bei "Rat Nation" und "For all things undone", deren Riffs in einer früheren
Version zum Teil mal vermischt waren. Andere Songs entstehen komplett am Rechner, wieder andere in Probe-Sessions. Vor der eigentlichen Produktion machen wir dann eine Vorproduktion, bei der alles nochmal auf Herz und Nieren überprüft wird. Dabei kann es auch schon mal passieren, das ein eigentlich schon fertiger Song komplett auf links gedreht wird.

Stimmlich habt ihr mit Björn einen Ausnahmesänger, der sowohl die Thrash Vibes als auch diese moderne Cleanstruktur mit der Muttermilch aufgesogen hat. Er pendelt auf dem Album zwischen relativ hohen Shouts und cleanen Passagen. Warum kein tieferes Growling (was meiner Meinung nach einfach nicht so richtig zu
den Songs gepasst hätte)?


Wir haben mit vielen Stimmvarianten während der Vorproduktion experimentiert, wobei wir immer auf der Suche nach der besten Variante für zum Einen das entsprechende Riff und zum Anderen für den Kontext im Song waren. Dass nun dieses Verhältnis dabei heraus kam, ist wohl eher Zufall - Sie passten eben nicht so gut in den Kontext. Ansonsten bin ich nämlich großer Fan von Björns Growlings und würde mir auch wünschen, bei künftigen Songs wieder mehr davon zu hören.

Erfreulich gut spielt auch die Gitarrenfraktion. Neben dem anspruchsvollen Riffing sind die gestreuten Soli eine Wohltat für das Metalherz. Ihr scheint euch 2 Jahre im Proberaum eingeschlossen zu haben, oder?

Zunächst erstmal vielen Dank für die Lorbeeren. Ich denke, dass sowohl Volker als auch ich inzwischen auf einem passablen Niveau unterwegs sind. Er als alter Speed Metal Veteran der Achtziger schreddert einfach alles weg, wo ich manchmal echt nur staunen kann. Er bringt auch immer wieder progressive Einschläge unter. Wenn er einen Solopart übernimmt, ist es jedes Mal wieder spannend, was da am Ende bei herauskommt.
Für mich selbst habe ich den Anspruch, auf einer neuen Veröffentlichung immer etwas unterzubringen, was ich so vorher noch nicht gemacht habe. Die Entwicklung eines Gitarrensolos ist für mich eine ähnliche Herausforderung wie das Schreiben eines ganzen Songs. Wichtig ist mir dabei, mit dem was ich da tue, auch etwas auszusagen. Einfaches Griffbrettgewichse gibt mir nichts.

Das einzige, was mir nicht gefällt, ist das „Maniac“ Cover. Das haben meiner Meinung nach EVERGREEN TERRACE besser hinbekommen. Warum habt ihr überhaupt 2 Coversongs (der „Immigrant Song“ stammt aus der Feder von LED ZEPPELIN) auf das Album gepackt. Eigene Ideen habt ihr doch genug.

Auf der regulären Veröffentlichung ist zunächst ja erst einmal nur ein Coversong und der zweite ist ein Bonus-Track. Was Maniac angeht, war vor allem das großartige Gitarrensolo für mich der Stein des Anstoßes, mich mit dem Song zu befassen und gleichzeitig mit dem sportlichen Ehrgeiz verbunden, dort gitarrenmäßig noch einen drauf zu setzen - was mir, denke ich, ganz gut gelungen ist. Ich kannte bis zu eurem Review die Version von Evergreen Terrace nicht. Ich habe sie mir daraufhin natürlich angehört und muss sagen,
dass ich sie total langweilig fand. Zum Glück sind Geschmäcker ja verschieden.

Der Immigrant Song war der letzte Song, den wir auf die Platte genommen haben. Wir wollten ursprünglich einen Song weniger auf die Platte packen. Ich habe dann aber eine alte Proberaumaufnahme von dem Song gefunden, den wir vor etlichen Jahren mal just for fun life gespielt haben, den ich dann den anderen Jungs vorgeschlagen habe. Ich hatte irgendwann mal in Münster eine Led Zeppelin Coverband gesehen, die diesen Song sehr hart interpretiert hatte und hatte einfach Lust, diesem Song mal einen Metal-Anstrich zu verpassen und freue mich sehr über unser Ergebnis. Wer es nicht mag, kann ja einfach
zum nächsten Song skippen.

Was genau wollt ihr mit euren Texten erreichen? Sind sie ein Mittel zum Zweck oder stehen sie Aug in Aug mit der musikalischen Versiertheit?

Sowohl als auch. Auf der einen Seite sind sie Mittel zum Zweck, da der Song ganz klar im
Vordergrund steht, auf der anderen Seite sind sie durchaus anspruchsvoll, und Björn hängt sich genau so in einen Text rein wie ich mich z.B. in ein Solo. Die Texte entstehen meist, wenn die Musik schon steht. Björn versucht bei seinen Textem immer die passende Stimmung zur Atmosphäre der Musik zu finden. Thematisch ist er da sehr flexibel und bringt meist auch etwas zwischen den Zeilen unter. Das kann dann auch durchaus schon
mal mit einem Augenzwinkern einhergehen.

Ein großes Plus ist auch der druckvolle, sehr transparente und live-haftige Sound von Waldemar Sorychta. Wie verlief die Studioarbeit mit ihm und wie brachte er sich in die Ausrichtung der Songs ein?

Waldemar ist einfach großartig, egal ob als Typ oder als Künstler. Die Zusammenarbeit mit ihm war für uns eine tolle Erfahrung und wir habe sehr viel von ihm gelernt und die Songs haben sehr von ihm profitiert. Er hat bei der Vorproduktion zum Teil stark in unsere Songstrukturen eigegriffen, woran wir uns anfangs erst einmal gewöhnen mussten. Man kann schon sagen, das ohne Waldemar die Platte definitiv anders geklungen hätte.

Die eigentliche Aufnahme zur Platte haben wir in Teilen dann wie schon beim Debüt selbst
gemacht, wobei Waldemar uns nahezu die komplette technische Infrastruktur zur Vefügung stellte. Den Grundmix hat er zusammen mit seinem Studiokollegen Dennis Koehne vorgelegt und die weiteren Schritte sind wir dann gemeinsam gegangen. Insgesamt war es ein sehr kreatives und angenehmes Arbeiten.

Ist schon eine größere Tour geplant und wenn ja mit welchen Bands?

Eine Tour wollen wir auf jeden Fall spielen und SPV möchten uns auch on the road´schicken, aber da ist noch nichts konkretes spruchreif.

Ich danke dir und wünsche dir und THE VERY END alles Gute!

Vielen Dank euch auch alles gute mit der Website.

Danke für euren Support!!

Rene