Interview mit Thomas Van Norden

05.12.2005
 

 

Thomas Van Norden...Das sagt erstmal niemandem etwas. Vielleicht stellst du dich kurz vor und erzählst den Lesern was es mit dir auf sich hat.

Hallo Leser! Ich heiße Thomas, schreibe Lieder - meistens auf einer Akustikgitarre - und nehme sie (manchmal unter Zuhilfenahme von vielen anderen Instrumenten und Musikprogrammen) selbst in meinem Zimmer auf.

Der ein oder andere kennt dich vielleicht aus diversen Bands, die sich bereits im Saargebiet einen Namen erspielt haben. Besonders deine eigentliche Band Van Norden ist bekannt. Was treibst du außerdem so?

Wir sind bekannt, echt? Coole Sache! Na ja, also neben Van Norden und Thomas Van Norden, meinem Soloprojekt, mache ich manchmal noch Krach bei dem Noise-Kollektiv „Datashock“. Außerdem habe ich die letzten 5 Jahre in einer Band namens „Lights at Amber“ Schlagzeug gespielt, wir haben uns aber gerade aufgelöst. Ansonsten studiere ich im 9. Semester Psychologie und mache so außergewöhnliche Sachen wie mit Freunden abhängen oder weggehen und so.

War der Gedanke dein "Soloprojekt" zu machen bereits vor Van Norden geboren? Oder hat sich das erst später ergeben?

Das hat sich eigentlich unmittelbar nach der Bandgründung im Jahre 2002 ergeben, als ich gemerkt habe, dass ich dort nicht alle meine Ideen umsetzen kann. Bis ich mich dazu durchgerungen habe was zu veröffentlichen, hat dann aber doch noch 2 Jahre gedauert.

Der Grund vieler Musiker ihr Solo-Projekt zu starten ist folgender: Musik auf die man wirklich Lust hat kann man nicht mit der eigentlichen Band unter einen Hut bringen. Ist das bei dir ähnlich?

Schon irgendwie. Ich hab selbstverständlich auch wirklich Lust auf die Musik die ich mit Van Norden mache. Natürlich muss man als Teil einer Band mehr Kompromisse eingehen, als wenn man alle Instrumente selbst einspielt, aber das fällt mir mittlerweile nicht mehr so schwer und es kann sich im Endeffekt auch durchaus positiv auswirken. Ich glaube nur einfach nicht, dass ich alle meine Ideen mit einer einzigen Band umsetzen könnte. Van Norden und Thomas Van Norden, das sind für mich schon zwei sehr verschiedene Sachen, die mir aber beide wichtig sind.

Du hast grade dein zweites Album "Scheiss Auf Sex, Ich will Früchte" rausgebracht. Spürst du für dich persönlich eine Weiterentwicklung zum ersten Album "Straßenlaternen austreten" ? Oder passiert eine "Weiterentwicklung" eher unbewusst und ohne, dass du dir wirklich Gedanken darüber machst. Ich frage das, weil schon deutlich zu hören ist, dass das Grundkonzept zwar gleich geblieben, aber die Art und Weise des Vortrags eine Neue ist.

Dazu muss ich erst mal sagen, dass ich meine Lieder nicht in der Reihenfolge aufnehme und veröffentliche, in der ich sie geschrieben habe. Auf der neuen Platte sind schon einige Lieder, die ich nach meiner ersten CD geschrieben habe, aber auch welche die ebenfalls aus den Jahren 2002 – 2004 sind. Von daher kann ich nicht wirklich von Weiterentwicklung sprechen. Ich denke, dass die Platte etwas Songwriter-lastiger geworden ist und weniger elektronische Elemente vertreten sind im Vergleich zu der davor. Aber das ist reiner Zufall.

Wenn ich mir deine Texte anhöre muss ich manchmal schlucken. Nicht nur weil ich mich in ihnen wiederfinde sondern weil ich immer sehr bemerkenswert finde, wenn Leute dazu im Stand sind ihr Innerstes in so einer Form nach außen zu kehren, ohne dabei lächerlich zu wirken. Auf der anderen Seite frage ich mich aber auch ob es nicht vielleicht dumm ist so viel von sich Preis zu geben, denn du machst dich dadurch sehr verwundbar, auch wenn deine Platten nur eine überschaubare Anzahl von Menschen erreicht. wie denkst du darüber?

Du glaubst gar nicht, wie oft mich Leute schon genau das gefragt haben, aber ich verstehe nicht, wieso man sich verwundbar macht, wenn man etwas von sich preisgibt. Mir passieren Sachen, die die meisten anderen Leuten auch schon erlebt haben. Ich schäme mich nicht dafür und ich fühle mich dadurch, dass ich sie erzähle nicht verletzlich, sondern ganz im Gegenteil, ich habe das Gefühl ich stehe drüber. Verwundbar ist man nur, wenn man sich verwundbar fühlt, das ist ein rein subjektives Empfinden. Das tolle an der Sache ist auch, dass man mit Offenheit auch oft Offenheit provoziert. Ich habe viele Mails gekriegt von fremden Leuten die mir Sachen aus ihrem Leben erzählt haben, an die meine Geschichten sie erinnert haben (vor allem das „Straßenlaternen austreten“ war ein beliebtes Thema). Das hat mich sehr angenehm überrascht. So was gab es bei meinen Texten für Van Norden, die ja etwas abstrakter sind, zum Beispiel eher selten. Aber man sollte bei der ganzen Sache auch nicht vergessen, dass ein Text – egal wie ehrlich er auch wirken mag – immer eine Momentaufnahme und eine Abstraktion, Selektion und Reduktion der Realität ist.

Auf deinem Erstling besingst du einen Winterabend an dem du in der Badewanne liegst und einen deiner Lieblingskünstler Geoff Farina hörst. Schon witzig zu sehen, dass du dir heute mit genau diesem eine Bühne teilst. Wie war das und wie kam es zu der Show?

Wie kam es dazu? Na ja, ganz einfach: ich bin gefragt worden und habe zugesagt. Wie war das? Es war ein gutes Konzert und ich hatte viel Spaß. Ich habe mit Herrn Farina nur ein paar Sätze gewechselt, der ist ja auch eher ein introvertierterTyp, aber er hat zu Jan, meinem Begleitgitarristen gemeint, er hätte unseren Auftritt gut gefunden. Vielleicht war das aber auch einfach nur Höflichkeit unter Musikern, macht man ja so. Ist aber auch eigentlich nicht so wichtig. Also ich finde seine Musik nach wie vor großartig, aber ich hatte nie so was wie ein Idol das ich vergöttere. Ich habe kein Problem damit mit Musikern zu spielen, die ich gut finde. Ganz im Gegenteil, da hat man dann noch was worauf man sich nach dem eigenen Auftritt freuen kann.

Du warst unlängst auf Tour mit der neuen Platte. Wie hat man sich eine Thomas Van Norden Show vorzustellen? Und wo du grade dabei ist lieben Zine Leser Anekdoten und Skurriles aus deinem Tourtagebuch.

Also entweder spiele ich mit meiner Begleitband, Jan und Sebastian von Kleinlaut, oder alleine. In beiden Fällen noch teilweise zusätzlich unterstützt von Beats aus der Konserve. Ansonsten kann ich nie sagen was passiert, das ist immer verschieden. Manchmal spiele ich einfach die Lieder und sage wenig. Es kommt aber auch mal vor, dass ziemlich viel gelacht wird, was man vielleicht nicht unbedingt denken würde, wenn man nur meine Musik von CD kennt (wobei auch teilweise sehr viel subtiler Humor in meinen Texten steckt und ich immer das Gefühl habe, dass das übersehen wird), aber das ist dann aber immer Situationskomik und nicht etwa ein vorgefertigtes Programm.
Anekdoten? Hm...das skurrilste was ich bis jetzt auf Tour erlebt habe, war auf der ersten Van Norden Tour im Jahre 2004 in Schwäbisch Hall. Aber die Geschichte ist echt zu lang. Ich sag nur so viel, dass wir in der Bude in der wir gepennt haben Nacktfotos von dem Soundmann entdeckt haben, wie er mit Fingerfarben bemalt über grüne Wiesen hüpft und mit anderen nackten, bemalten Menschen am Lagerfeuer sitzt. Zu meiner Solotour fällt mir jetzt gar keine Anekdote ein, irgendwie vergisst man alles so schnell. Beim nächsten mal werde ich Tourtagebuch führen, versprochen!

Auffällig ist die Art und Weise deiner Veröffentlichungen: Der Erstling kam in unzähligen verschiedenen Versionen raus. Jede Cd hatte ein individuelles Cover und auch dieses Mal hast du dir wieder verdammt viel Mühe gegeben. Stichwort: DIY. Unnötig zu fragen, aber wie wichtig ist dir diese Art der Selbstorganisation?

Also bei „Straßenlaternen austreten“ war ich irgendwann so genervt von der Bastelei, dass ich bei Nummer 222 damit aufgehört habe. Bei „Scheiss auf Sex, ich will Früchte!“ ist der Großteil der Bastelarbeit bis jetzt bei Pascal von Meu Dia De Morte hängen geblieben. Da waren aber auch ein paar Freunde so nett uns etwas dabei zu helfen. Danke Ronnie, Martina, Thorsten und alle die sonst geholfen haben/helfen werden. Also so lange sich das irgendwie umsetzen lässt, bin ich immer für was extravagantes zu haben. Das ist jetzt aber auch kein Dogma von mir. Sollte ich irgendwann mal ein paar tausend CDs verkaufen, statt wie jetzt nur ein paar hundert, ließe sich ne „normale“ Verpackung wohl nicht vermeiden.

Erzähl uns was über Meu Dia De Morte, dem Label was sich für deine Veröffentlichungen verantwortlich zeigt. Was genau ist da im Busch und was wird uns dort in Zukunft noch erwarten?

Also Pascal, ein Kumpel von mir, ist da der Big Boss. Der veröffentlicht halt alles was ihm so abgeht, von irgendwelchem Noise-Kram den sich nur ne Hand voll Leute auf diesem Planeten anhören können, bis hin zu hochgradig kommerzieller Popmusik, wie ich sie spiele. Aktuell kam gerade eine 7“ von John Wiese und eben meine neue CD raus. Ich glaube als nächstes kommt da ziemlich viel Noise auf Tape und CDr und dann irgendwann das Debutalbum von Fuckuismyname. Was mich angeht, meine CD ist ja noch taufrisch und wir haben noch nicht darüber geredet, ob und wann ich dort noch mal was veröffentliche. Ich würde gerne als nächstes mal was auf Vinyl machen, eine 7“ oder so, aber erst mal die aktuelle CD verkaufen...

Das letzte Wort gehört wie immer dir. Ich bedanke mich für dieses Interview und wünsche dir alles gute für dein kommendes Schaffen und vielleicht spielst du irgendwann mal in meinem bis dahin vorhandenen Wohnzimmer.

Ich habe zu danken! Also ich spiele gerne in deinem Wohnzimmer und generell auch gerne in dem von anderen Leuten. Wer Interesse hat sein Wohnzimmer oder seine Küche mal zur Verfügung zu stellen, kann sich einfach bei mir melden. Wird garantiert ein netter und gemütlicher Abend. Ansonsten schaut mal auf meiner Seite (die hier sicherlich verlinkt ist) und auf meinen Konzerten vorbei und wenn ihr die Musik mögt, erzählt euren Freunden davon. Wir haben nämlich kein Geld um Werbung zu machen, höhö. Ähm, denke das wäre es so weit. TIME TO SAY GOODBYE...