Interview mit Time Has Come

18.09.2006
 

 

Erzählt mir doch zum Anfang mal ein paar Sachen zu eurer Bandentstehung.

Marcel: Also, Time Has Come sind entstanden wie ganz viele andere Kellerbands. Tobi und ich haben musikalisch Erfahrung gesammelt in einem Vorprojekt, was hier nicht unbedingt weiter erwähnt werden muss...

Tobi: Ja, ja, ja!

Marcel: Nun ja, wie auch immer, da haben wir unsere ersten musikalischen Ergüsse fabriziert. Zuerst mit ein paar andern verschiedenen Musikern und dann, wie das ja immer mal so ist durch Streitigkeiten und Geschichten des Lebens wie das ja so kommen kann in die Brüche gegangen ist, sind wir dann über das Netz auf den Dennis gestoßen und haben uns schnell kennen und lieben gelernt und haben somit ein neues musikalisches Projekt ins Leben gerufen. Da war dann auch schon der Malte dabei und als wir auf Grund von Streitigkeiten unsern Drummer verloren habe...und na ja, dann auch den Gitarristen...und so war eigentlich die ganze ursprüngliche Sache hinfällig, weil wir mit Dennis dann auch auf einmal jemanden hatten, der sein Handwerk verstand und dann mit Chrischi auch eine ganze andere Note am Drumkit eingebracht hat, so haben wir uns quasi soundmäßig total umorierntiert und haben dann schnell festgestellt, dass man für so komische Musik zwei Gitarren braucht. Lange Rede, kurzer Sinn: da kannten wir aus unserer düsteren, jugendlichen Vergangenheit den Kapalken Dan und haben dann mal bei dem angeklingelt. Der wollte zuerst nicht, weil er dachte, er läßt sich auf ein Kindergarten-Projekt ein, aber dann haben wir ihn in den Proberaum eingeladen und seitdem isser dabei. Und so machen wir jetzt seit 2 ½ Jahren Time Has Come...

Tobi: Diese Chaos-Scheisse...

War das denn von Anfang an dann eher so ein Spass-Projekt oder war klar, dass ihr auftreten wollt und aufnehmen und das ganze so ein wenig professioneller machen wollt?

Chrischi: Naja, ne Band schon immer haben wollten...

Dan: Naja, eher unterschiedlich...

Tobi: Also, wenn eine Band, dann schon auch ernsthaft...

Dan: Äh.....

Tobi: Wir waren uns aber schon alle einig, dass wir spielen, spielen, spielen wollen. Nich so wie viele andere Bands, einfach nur im Proberaum rumgammeln, ein paar Songs schrieben und sagen: „Na, wir spielen mal hier einen Gig und mal da.“ Wir wollten schon mehr als einmal im Jahr in Hamburg spielen und dann auch raus aus der Stadt und unser schönes Land kennen lernen.

Marcel: Wir hatten da ohnehin anfangs andere Maßstäbe, weil wir dachten, dass wir die Leute viel zu sehr abstoßen mit unserer Musik und dass wir auf ganz andere Resonanzen stoßen. Aber bei diversen Shows, gerade im Osten, scheint es diverse Menschen zu geben, die unser Zeug mögen, und gerade diese ganze amerikanische Welle bringt dieses ganze krachmäßige hier rüber und wird angenommen, auch hier, unter den Metalcore-Veteranen. Und so kann man uns auch in jedem normalen Metalcore-Set buchen, und es klappt, was wir zu anfangs nie gedacht hätten. Und so spielen wir mehr, und so ist da auch die Ernsthaftigkeit gestiegen, weil es freut dich ja als Band, wenn es da auch noch Leute gibt die bereit sind Kohle zu bezahlen, dass wir spielen. Wären wir ja dumm, das nicht zu machen!

Tobi: Obwohl wir da natürlich trotzdem nich mit hinkommen. Wir werden da nich reich durch und haben auch überhaupt gar kein Interesse...

Dan: ...das muss ja hier auch noch mal gesagt werden!

Und dann? Erste Aufnahmen?

Marcel: Unsere aller erste Aufnahme entstand, das ist eine wirklich urige Geschichte, im Sommer 2004. Da haben wir mal einen Kumpel in Hamburg besucht und da dann so 3 Tracks in Eigenregie aufgenommen. Sehr urig, so mit Schreien im Wohnzimmer und so. Das war auch zu der Zeit, da wir Dan in die Band integrierten. Er war dann das ganze Wochenende dabei und hat gesehn wie wir so ticken, wie das alles so bei uns läuft und sich anhört und is ja dann hinterher auch in der Band geblieben. Und das war unsere erste Aufnahme. Die klang wie Kasettenrecorder-in-Mülltonne. War aber auf jeden Fall Krach und so haben wir auf jeden Fall auch ein, zwei Hamburger Leute davon überzeugt mal eine Show zu spielen. Fuck Christmas 2004, so unsere erste größere Show und von da an gings bergauf und uns war klar, dass wir neue, saftige Aufnahmen brauchen. Und waren dann im Frühjahr 2005, Februar 2005 in den Soundlodge Studios und haben da 5 Songs aufgenommen, welche dann ein wenig später Verwendung fanden auf einer Split-CD mit einer Großartigen Hannoveraner-Band, released auf Fear The Reaper Records. Leider auch nicht mehr unter uns. Aber egal. Die Band jedenfalls, Dead For Seven Weeks...nun ja...großartig...

Tobi: ...und so technisch versiert! Und total klasse!!!

Dan: ... na ja, man muss nun hier auch nicht übertreiben. Auf jeden Fall waren die Aufnahmen wieder Erwarten ziemlich fett und professionell, obwohl wir eigentlich vorher gar nicht wussten, was uns erwartet. Klang dann aber ziemlich wummsig und hat einige Leute überzeugt und seither war es dann weniger problematisch irgendwo zu spielen und dann nimmt das ja alles automatisch seinen Lauf. Wenn man ja einmal irgendwo was Gutes machst, dann finden das 2 Leute gut, die erzählen dass dann ihren 3 Freunden und dann finden die das vielleicht auch gut und so weiter. Und dann kaufen das 10 Leute oder so, und dann kannste plötzlich auch überall spielen. So leicht klingt das – und das wars auch! Da könnte man jetz ganz viele Anekdoten noch hinzufügen mit gescheiterten Booking-Agenturen und Leuten, die sich Booker nennen, hatten wir auch alles schon. Aber im Endeffekt waren wir immer am schnellsten und erfolgreicher, wenn wir alles selbst gemacht haben.

Und vor allem gibt’s euch noch und ihr seid grad on tour, sozusagen.

Dan: Naja, Mini-Tour, haha. Ich möchte da mal kurz einen Freund von uns zitieren : wir sind grad auf „digger“ Deutschland-Tour mit Korn und Limp Bizkit, hahaha.

Und nun sind auch neue Aufnahmen wieder am Start!

Marcel: Ja! Und zwar haben wir das aufgenommen im Little Big Ears Studio in Hamburg bei unserm Freund Chris, ein sehr netter Mensch, der uns kostengünstig Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt hat um ursprünglich nur 3 Songs aufzunehmen, die als reine Pre-Production galten, sprich als Vorproduktion für uns selber und vielleicht um einen Song zu veröffentlichen via Myspace oder irgendwelchen bekannten Medien. Und dann im Frühjahr 2007 das ganze Album zu machen, aber eben schon mal einen Eindruck zu haben in welche Richtung das ganze so geht. Das Ganze hat uns im Endeffekt aber so gut gefallen, und das Endresultat ist auch sehr geil geworden, technisch jetzt vielleicht nicht ganz so aufwendig wie die erste Platte, aber ich finde viel charmanter, viel mehr wir...

Dan: Organischer einfach.

Marcel: Ja, genau. Jeder, der uns live schon mal gesehen hat wird sich mit dieser Produktion mehr anfreunden können als mit der vorigen, die zwar auch fett war, aber nicht uns quasi aus dem Arsch geschnitten wurde, sozusagen. Na ja, im Ganzen, Produktion toll und fertig und wir total happy wie kleine Kinder, und haben uns dann auf Grund dieser Aufnahmen versucht zu bewerben auch bei hiesigen deutschen Labels, die sich alle einen Scheiß interessieren. Von der Hälfte, wenn überhaupt, hat man auch mal wirklich eine Absage bekommen, viele andere haben sich noch nicht mal mehr gemeldet. Da haben wir uns gesagt: „Was solls!“ und haben einfach weitergesucht, bis dann das kleine amerikanische Label Debello Recordings, Heimat von so imposanten Bands wie Robinsons, See You Next Tuesday und all so einem Kraftgeballer, gesagt haben, die haben halt gesagt, sie würden unsere 4 Tracks gern releasen. Und das dann in Form einer Split-CD mit einer anderen amerikanischen Band, die auch so musikalisch in unsere Richtung geht. Das ist das Thema, was im Moment läuft und da wird in den nächsten Wochen und Monaten intensiv dran gearbeitet. Fest steht, dass wir da gesignt sind, eine Platte rauskommt. Fest steht nur noch nicht genau wann und mit welcher anderen Band.

Und dann geht’s nach Amerika auf Tour?

Marcel: Das ist natürlich der Traum einer jeden Metalband, man sollte da aber realistisch bleiben. Wir möchten das natürlich gern machen, aber man muss das alles durchrechnen und sehn wie das mit Berufen und so aussieht. Definitiv wäre das aber wirklich ein Traum für 1-2 Wochen nach Amiland zu gehen so 10-12 Shows zu spielen, da ein wenig zu chillen. Die Möglichkeiten und die Beziehungen dahin sind auf jeden Fall vorhanden, wenn, dann scheitert es eher an unsern Finanzen, Jobs, oder an unsrer Planung...

Tobi: ... oder an unsrer Flugangst!

Wie kommt ihr hier in Deutschland an Shows?

Marcel: 40 Shows haben wir jetzt so ungefähr gespielt. 10 wurden vielleicht von irgendwelchen fremden Leuten organisiert und den Rest haben wir selbst organisiert. Ich denke das sagt wohl alles. Wir haben mehr oder minder nur schlechte Erfahrungen gemacht mit Bookern oder was sich Booker nennt. Hört her: junge Bands – geht niemals zu Bookingagenturen!!! Ich denke man sollte sich definitiv, bevor man sich da auf irgendwas einlässt, über die Bookingagentur und deren Arbeit informieren, weil man schon so gerade nach 2 Jahren als Band abcheckst, was wichtig und weniger wichtig ist, und wenn das dann mit den Bookern oder so genannten Leuten nicht übereinstimmt gibt’s Ärger. Also, es macht mehr Spaß, wenn man das größten teils selber macht. Wäre natürlich schön, wenn so was wie MAD oder so, egal, welche Musikstile sie nun bedienen, aber die machen ihre Sache auf jeden Fall professionell und davon gibt es auf jeden Fall viel zu wenig in diesem Land.

Und wie läufts bei euch in Bezug auf Songwriting?

Marcel: Hehe, also Tobi und ich stellen uns in den Raum und grunzen und kreischen einmal und dann schreibt der Rest die Musik drum herum. Nein. Ernsthaft. In Wirklichkeit ist es so, dass die Gitarristen fertige Songs oder Ideen im Kopf haben, dann kommen sie damit in den Proberaum, stellen uns das alles vor, wir finden das dann entweder komplett geil oder komplett schlecht, was eigentlich noch nie vorgekommen ist, und dann setzen wir uns ran. Dann versucht der Mann mit den Sticks darauf zu trommeln und dann nimmt alles sein Lauf wie so wahrscheinlich in fast jeder normalen Band.

Dan: Ja, mittlerweile teilt sich das auf, mal bringt Dennis und mal ich einen Song mit, knallen denen den Jungs umme Ohren und dann gehen wir den Stück für Stück durch. Mal dauert das auch mal 3 Monate fürn Song, aber meistens geht das ziemlich schnell. Wir zeigen uns dann untereinander wie was gespielt wird auf der Gitarre...

Malte: Und ich spiel dann was komplett anderes!!!

Chrischi: Ja, und Malte spielt dann dazu was komplett anderes auf dem Bass!

Dennis: Wir haben generell gesagt, dass wir einen Song erst live spielen, wenn er beim proben sitzt.

Dan: Wenn wir im Proberaum dazu abgehen können, dann sitzt er richtig. Wir haben aber auch schon mal Songs gespielt, die beim Proben noch nicht so saßen und das hat auch fast immer funktioniert...

Tobi: Fast immer!

Ja, für eure Liveaction seid ihr ja berühmt-berüchtigt!

Dan: Ja, Liveband. Wir sind eine absolute Liveband. Da is nix einstudiert oder so.

Tobi: Wir wissen auch nicht was Reader sind, Raider kenn ich! Aber das war’s auch schon, hahaha.

Dan: Na ja, Live gibt’s auf jeden Fall neben dem, was man da so hören kann auch jede Menge zu sehen. Jeder lässt halt in dem Moment seine Emotionen raus, was er fühlt bei dem Song.

Gibt’s irgendwelche lustigen Touranekdoten oder Rituale?

Marcel: Außer, dass wir etwas exhibitionistisch veranlagt sind, ärgern wir uns ganz gern mal selber und dann beides zusammen heißt z. B. einem andern schlafenden Bandmitglied seinen Penis ins Gesicht zu drücken und solche Scherze, hahaha. Schlafende Bandmitglieder zu fotografieren, wenn sie schlafen und richtig scheiße aussehn.

Dan: Wir haben einen Fetisch, ein Ritual und zwar Abschlussfotos von uns zu machen, egal ob es jetzt beim Schlafen ist oder in sonst irgendwelchen lustigen Situationen und bald wird es dann wahrscheinlich auch eine Myspace-Seite geben, wo nur diese ganzen Absturzfotos sind. Und dann sag ich aber auch mit ganz ernstem Ton dazu, dass es eben zeigen soll, dass wir auch nur ganz normale Pisser sind wie jeder andere auch. Nicht wie irgendeine Major-Label-Band, die sich hinter irgendwelchen Klischees versteckt. Wir sind nix Spezielles, nur weil wir Mukke machen. Wir sind eher die Nerds und verhalten uns ganz normal und auch zum Publikum und andern Bands und sind nicht so wie z.B. die beiden Ami-Bands, mit denen wir hier heute in Bremen spielen, die sich eher wie die Axt im Walde benehmen.

Tobi: Apropos: wir haben auch Texte!!! Man mag es zwar kaum glauben, aber vielleicht interessiert es ja jemanden!

Marcel: Ja, es ist mehr als: „Hey Fuckers! Are you with me?“, hahaha.

Tobi: Nee, is schon ok. Also, bei mir ist das so, dass ich gern lange Texte schreibe, die nicht sofort ersichtbar sind. Nicht so mit einem einfachen, klaren Englisch, das ist ja langweilig. Ich lese auch viel Lyrik und Wedekind und so schreibe gern viele verschachtelte Sachen und möchte, dass wenn Leute sich das durchlesen sich ihren Teil dazu denken. Wenn es jemand versteht, was ich meine, dann freut es mich...bisher ist mir allerdings noch keiner begegnet, der meine Texte verstanden hätte. Und wenn sie es nicht verstehen, so wie Chrischi zum Beispiel, aber wenigstens darüber nachdenken, dann freut es mich. Es ist ja wie bei unsern Gitarristen oder so, dass man dann stundenlang über so einem text auch mal sitzt und man gibt sich Mühe und man kann ja musikalisch nicht so viel in die Band einbringen, daher sind die Texte mir so enorm wichtig. Und man hofft eben ein paar Leute damit zu berühren oder anzuregen und vielleicht klappt’ s ja auch.

Marcel: Ja, bei mir sieht das anders aus. Ich greif mir eher Thematiken aus dem Leben, wie das Töten von Müttern und Terrorismus oder Kindervergewaltigung. Ich geh auch gerne alleine in den Wald um zu schreiben. Und lasse mich durch die Dunkelheit und Unendlichkeit des Waldes inspirieren. Hauptsache blutig und gewalttätig, so muss das sein.

Noch irgendwelche konkreten Zukunftspläne?

Tobi: Ja. Wir möchten eine Mormonen-Kommune gründen.

Chrischi: Ja, und ich, ich möchte Kandesbunzler werden!!!

Marcel: Also, um noch mal wieder ernst zu sein, wir haben mal drüber nachgedacht, wir sind ja schon alle sehr extravagant, ob man dann nicht auf den Pfaden der Kelly Family wandelt, weil wir gerne alle zusammen in einem Haus wohnen. Liebe Immobilienmakler, die ihr das hier lest: Ich suche ein Haus so mit einem halben Studio/Proberaum und für jeden ein eigenes Zimmer zum Pennen.

Und wer würde als erstes Selbstmord begehen?

Marcel: Tobi! Der würde sich zu Tode putzen.

Tobi: Und Marcel würde sich zu Tode schimpfen!

Marcel: Nun mal noch mal ernsthaft...irgendwie zumindest: was das Musikalische angeht heißt es Shows spielen und Shows spielen und noch mehr Shows spielen, Anfang 2007 dann eine giftige Platte aufnehmen und auf den „Markt“ zu bringen.

Dan: Das Interessante ist ja auch, dass obwohl wir jetzt 2 Jahre dabei sind und jetzt spielen zusammen, sehen wir, dass wir alle noch irgendwo am Anfang stehen und musikalisch noch nicht SO ausgereift sind. Wir sind noch nicht da, wo wir hin wollen und wir wollen eben noch vertrackter und noch kranker werden, dass wird sich dann die nächsten Jahre alles ergeben. Was uns ja auch auszeichnet ist, dass wir 6 Leute sind und dass es seit es die Band mit diesem Namen nun gibt noch keinen Line-Up-Wechsel hatten. Wir ziehen alle an einem Strang und wissen genau, was wir wollen.

Marcel: Na ja, einmal haben wir als Aushilfsgitarristen Frank Smith dabei.

Dan: Der ist ein guter Homey von mir und war zur WM hier und er kannte ja die Songs und da hatte ich ihm angeboten, dass er eine Show spielen kann. Und dann hat er die eine Berlin-Show gespielt...man kann da auch Bilder von auf unsrer Myspace-Seite sehen. Aber er hat nur 3 Songs live geschafft, weil ihm zu warm geworden ist und ihm seine körperliche Verfassung zu schaffen gemacht hat. Nun ja. Aber nun noch mal abschließend. Wir sind 6 Freunde geworden und die Band ist quasi eine Beziehung geworden und wir verstehen uns alle untereinander.