Live Bericht: 12.11.2016 - Opeth, Sagh - München - Theaterfabrik

14.11.2016
 

 

Sind wir uns mal ehrlich: sich Anno 2016 noch über den von OPETH präferierten 70ies Prog Rock auszulassen ist in etwa so spannend wie sich Beschwerden über In Flames durchzulesen, nämlich gar nicht. Es gibt Bands, die perfektionieren einen Stil und bleiben diesem ohne Wenn und Aber treu, was völlig legitim ist. Beispiele hierfür sind SLAYER, HEAVEN SHALL BURN oder die in diesem Kontext viel zitierten MOTÖRHEAD. Auf der anderen Seite wird es immer wieder Bands geben, die vom konstanten Wandel leben und daraus ihre Kreativität beziehen. Leider ist es jedoch so, dass diese Bands häufig Gefahr laufen, Fans der ersten Stunde zu verlieren. Bestes Beispiel für diesen Negativ-Fall sind die grandiosen FEAR MY THOUGHTS, denen bei Pflichterfüllung die höchsten Metalcore / Melodic Death Ehren zuteil geworden wären. Allerdings entschied sich die Band mit ihrem unglaublich guten Album Isolation einen anderen Prog-lastigen Weg einzuschlagen was ihnen viele Fans übel nahmen. Die Band hat sich leider ein Jahr später aufgelöst. Besser läuft das Ganze zum Glück im Hause OPETH, die schon immer ein gewisses Querdenkertum zelebrierten. Sorceress, das aktuelle Album von OPETH stieg trotz vereinzeltem Gemotze hochverdient auf Platz 1 der deutschen Albumcharts ein. 

 

So ist es wenig verwunderlich, dass es in der Münchener Theaterfabrik an einem Samstag Abend warm und kuschelig wurde. Die Location war nicht ganz ausverkauft aber sehr gut mit einem Publikum, welches unterschiedlicher nicht sein könnte, gefüllt. Vom Jethro Tull Fan, über den Jazzer bis hin zum Death Metaller war alles mögliche vertreten. Los legten die Norwegischen Doomer SAHG, die mit Memento Mori ein bärenstarkes Album im Rücken hatten und erst vor neun Tagen an anderer Stelle in München spielen durften. Stilistisch hätten SAHG nicht besser zu OPETH passen können. Denn SAHG spielen keinen 08 / 15 Doom Metal, bei dem nur BLACK SABBATH, TROUBLE oder SAINT VITUS Riffs gezockt werden sondern bestechen durch zahlreiche Einflüsse. So bewegt sich der Sound trotz der Doom Basis auch gerne in Richtung Progressive- und  klassischem Hard Rock. Die Band wurde vom OPETH Publikum wohlwollend aufgenommen und bestach durch einen fetten Sound. Leider fiel die Setlist mit gerade einmal 30 Minuten etwas zu kurz aus, was allerdings daran lag, dass die Hauptband eine überdurchschnittlich lange Spielzeit für sich beanspruchte…

 

OPETH legten nach länglicher Umbaupause erwartungskonform mit dem Sorceress Intro und -Einstiegssong los. Dabei zeigte sich von Anfang an, dass die Live-Produktion für die kleine Bühne der Theaterfabrik völlig überdimensioniert war, geschenkt… OPETH boten von Anfang an eine musikalisch perfekt gespielte Performance mit zahlreichen Improvisationen während der Songs und einen glasklaren Sound. Nach Sorceress ging es mit „Ghost Of Perdition“ schnurstracks elf Jahre zurück zum Album „Ghost Reveries“ und Mikael Åkerfeldt machte von Anfang an klar, dass sich OPETH nicht auf nur einen Schaffensphase der Bands beschränken würden. So wurden im Laufe des Abends fleissig Psychedelic- oder Prog-Nummern mit (Death) Metal Songs gemischt. OPETH beharkten bei einer aus gerade einmal elf Liedern bestehenden Setlist sage und schreibe neun Alben. Gerade einmal das eben erwähnte „Ghost Reveries“ und „Sorceress“ waren mit zwei Liedern leicht hervorgehoben. Appropos Mikael Åkerfeldt: der gute Herr besticht zwischen den Liedern mit trockenem Humor („we are here to entertain you“), guter Laune und man gewinnt der Eindruck, dass hier ein Musiker mit einer gesunden Portion an Selbstreflektion auf der Bühne steht. Auch auf beständigste Setlistwünsche aus dem Publikum reagierte Mikael mit viel Sympathie. Im Bezug auf musikalische Substanz muss man bei OPETH wohl keine großen Worte mehr verlieren: die Kreativität und das Können der Beteiligten sind schlicht und ergreifend beeindruckend und reihen sich nahtlos in das Schaffen von Größen wie Jethro Tull oder aber auch Death ein. Nach ca 2,5 Stunden gingen OPETH mit dem Klassiker „Deliverance“ von der Bühne und hinterliessen ein hochzufriedenes und durchschwitztes Publikum aus der zwischenzeitlich zur Sauna mutierten Theaterfabrik in die Kälte nach draussen.

 

Es gibt in der Musik Entertainer und es gibt Künstler. OPETH sind zweifelsfrei in der letzten Kategorie zu verorten. Jeder(m) sei hiermit wärmstens ans Herzen gelegt, sich einmal ohne Scheuklappen auf ein OPETH Konzert einzulassen: es ist und bleibt wie immer ein beeindruckendes Erlebnis, was man schon alleine daran merkt, dass das Publikum über die gesamte Spielzeit voll bei der Sache war: es waren kaum Smartphones in der Luft und wenn dann nur mal kurz für ein Erinnerungsphoto, es wurde nicht ständig zwischen Konzert, Bierstand und Klo gependelt und die Leute haben Musik gehört und nicht nonstop gequatscht … es war ein schlichtweg schöner musikalischer Abend.

 

Kleine Anmerkung am Rande: OPETH verkaufen am Merch Stand ohne grosses Trara zu vertretbaren Preisen (4 EUR über Amazon) Sorceress auf 180gr Vinyl. Klappt man das Gatefold daheim auf, stellt man fest, dass es von der gesamten Band signiert ist. Eine nette Geste.

 

 

Setlist:

Sorceress (Sorceress)

Ghost of Perdition (Ghost Reveries)

Demon of the Fall (The Candlelight Years)

The Wilde Flowers (Sorceress)

Face of Melinda (Still Live)

In My Time of Need (Damnation)

Cusp of Eternity (Pale Communication)

The Drapery Falls (Blackwater Park)

Heir Apparent (Watershed)

The Grand Conjuration (Ghost Reveries)

Deliverance (Deliverance)