Interview mit Goldust

28.02.2010
 

 

Am 02. April ist es endlich soweit. GOLDUST veröffentlichen nach ihrer „Noir“ EP und der Split 10“ mit EVENWORSE ihr zweites Album. Dieses ist, soviel können wir Euch vorab verraten, ein absoluter Brocken an harter Musik. Bevor wir uns aber das Material der Review hier aufbrauchen, lassen wir lieber die Jungs von GOLDUST ihre persönliche Preview formulieren. Viel Spaß beim Lesen und seid gespannt!



(D.T.T.D.)

Schon als wir den Song irgendwann im Sommer 09 fertig hatten, wussten wir, dass das der Opener für das neue Album sein muss. Zum einen hätte der Song nur schlecht an eine andere Stelle gepasst, zum anderen eignet sich die Steigerung, die die Komposition vollzieht, natürlich extrem gut, um beim Hörer freundlich aber bestimmt an die Tür zu klopfen, und ihn, sobald er geöffnet hat an der Gurgel zu packen und ihn für 38 Minuten in den Keller zu sperren.

Lars: Der Destroyer | Borderlines ist ein Vorwort vorangestellt. Es ist Teil des Booklets und führt einen Charakter ein und legt seine Gedankenwelt dar. So wird man die dargestellten Gedanken, den Abscheu, den Hass, aber auch die Leidenschaft in einzelnen Passagen der einzelnen Songlyrics wiederfinden. Es ist mir absolut wichtig darzustellen, dass dieses menschliche Wesen keines definierten Geschlechts ist und es somit keine "harte Männerplatte" ist. Im Verlauf der Lyrics wird man kein einziges Mal die Wörter "he" oder "she" verwendet finden. Ich würde mir schon fast wünschen, dass sich jemand, der sich mit dem Album beschäftigt, bevor er auch nur einen Ton anhört, sich in den Text einliest, aber das wird wohl in den seltensten Fällen passieren. Die Vocals selbst setzen zum spätmöglichsten Zeitpunkt ein und ich erhalte im ersten Song wie auch auf der AXIS stimmliche Unterstützung, in diesem Fall von unserem Gitarristen Chris.

White Nights

Christophs Assoziation: Ein General der einen Backpfeifen verteilend durch den Song treibt. Der General, das ist der Song. Robert würde sagen: maulig auf die Fresse.

Lars: Dieser Song ist vielleicht einer der wenigen, der auch einen direkten Bezug zum Artwork hat. Das Artwork wurde von unserem guten Freund Daniel Ehrlich erschaffen. Er kannte da bereits rudimentäre Teile der Lyrics und des Vorwortes und hat seine Vision umgesetzt. Ich verstehe es als einzigen Menschenmatsch, der wahllos fickt, rumleckt, küsst, liebt und hasst, wie es ihm gerade in den Sinn kommt. Man verliert sich im Wesen eines anderen, verschmilzt mit ihm und auch anderen in seinem Leben und ist doch zerrissen, kaputt und allein. Die Gefühle machen keinen Sinn. Ich greife in den Lyrics zu diesem Song die Zeilen "we’re all guilty" aus dem AXIS Booklet auf, da ich diesen Gedanken damals nicht zu Ende geführt habe.

The Clawed One

Die Grundstruktur des Songs hat Chris nach eigener Aussage in 10 Minuten ausgekotzt. Im Proberaum wurde daraus durch verschiedenste Einflüsse ein sich ausbreitender Pissfleck in der engen Röhrenjeans, die Hardcore 2010 ist.

Lars: Wie viele halbherzige Versprechen gibt man einander, wenn man doch weiß, dass man sie niemals einhalten wird. Wie kann man sich um jemand anderen kümmern und im Falle des Falles ihn retten und ihm beistehen, wenn man so sehr mit sich selbst beschäftigt ist, dass für den anderen kein Platz mehr im Leben sein kann.

To No Avail

Wir hatten für einen Moment überlegt kurz vor dem Solo „Nocturno Culto!“ zu rufen.

Lars: Ich habe lange darüber nachgedacht, ob dieser Song evtl. Thorn III sein könnte. Da manche aber gerade den III. Teil auf unserem nächsten Release erwartet hätten, ich erfülle nicht gerne Erwartungen, ich kann es womöglich auch gar nicht, hab ich mich entschlossen, diese Betitelung zu unterlassen.
In diesem Song wird meines Erachtens besonders deutlich, dass es kein definiertes Geschlecht auf dieser Platte gibt. Es würde mich erfreuen, wenn sich jeder jeden Geschlechts hier drin wiederfinden kann, daher setzt auch gegen Ende eine weibliche Stimme mit zu meiner ein.

Intentions

Als Christoph im Studio die Drums zu dem Song in insgesamt vielleicht fünf Minuten eingespielt hat, hat uns Achim, unser Engineer, nur angegrinst und gemeint: „Da habt ihr euch aber einen guten Mann besorgt!“ Stimmt schon.

Lars: Ich habe menschliche Beziehungen als etwas erlebt, in denen jeder versucht einen Vorteil für sich herauszuschlagen, sei es, dass eine Gefühlsebene erreicht werden soll, oder schlicht und ergreifend, dass man nicht alleine sein kann.

Awareness

Einige von uns waren sich erst nicht ganz sicher, ob der doch sehr melodiöse Anfang rein stilistisch auf die Platte passt, als wir das Endergebnis gehört haben waren aber sämtliche Zweifel vergessen. Gerade nach einem Zerstörer wie Intentions kommt einem das Intro dieses Songs wie ein Aufatmen vor, ja fast wie ein Neuanfang. Achim, als Robert das Solo aufnahm: „Dreh mal den Tonregler ganz runter, das is voll Kyuss.“

Lars: "Only some verses to be forgotten soon enough."

Isolation

Die beste Stelle im Song ist die, wo gar keine Instrumente zu hören sind für eine Sekunde, sondern einen Lars’ Vocals einfach nur hilflos in die Tiefe fallen lassen. Auch gut: Robert spielt das Solo ein, guckt nach dem ersten Versuch zu Achim, der grinst und als Robert fragt was denn los sei sagt er: „Ich freu mich nur!“

Lars: Hey, wenn irgendeine australische Band von Metalcore auf MLIW-Klon machen kann und auf einer kompletten Platte mit Joy Division Zitaten um sich wirft, dann kann ich mir das auch rausnehmen. Isolation ist einer der heftigsten Joy Division Songs für mich und das Werk von Joy Division spielt schon seit langer Zeit eine wesentliche Rolle für mich.

Acheron

Wenn Let It Burn nicht so geizig wären, hätten wir für den Endpart John Williams engagiert.

Lars: Es findet sich hier ein direkter Bezug zu den letzten Worten auf der AXIS: "i am alive".

Coldness

Für unsere Verhältnisse ein relativ straighter Song. Als wir den Song unvorbereitet mal auf einer Show in Dresden als Zugabe spielen wollten, weil wir sonst nichts in petto hatten, endete der Abend in ungewollter Kakophonie.

Lars: Es befinden sich hier einzig in dem Song so etwas wie Backup-Vocals, das haben wir das letzte Mal auf dem Demo gemacht. Ich hasse eigentlich Backup-Vocals auf Platten, vor allem wenn Sie einfach als Stilmittel abgenutzt werden und im Überfluss vorhanden sind. Es nimmt die Intensität und verkommt zum "Lachen-auf-Knopfdruck", wie es bei TV-Sit-Coms der Fall ist. Ich finde lieber die Stellen, die ich mitsingen will, alleine heraus.

Control

Ursprünglich wollten wir den sehr rockigen Schlussteil des Songs wesentlich noisiger und von Feedback zerfressen haben, was aber dann im Studio alles nicht so hingehauen hat. Soviel zum Thema „Control“.

Lars: Ich bin wirklich froh, dass wir Christoph Gerhard in der Band haben und er mich Vocal-mässig unterstützen kann. Daher hab ich ihm einen langen und ausdauernden Part geschrieben. Er ist mit seiner Stimme derjenige, der das, was der Wolf nicht im Stande gewesen ist, zu vollenden, nämlich das letzte Haus der 3 kleinen Schweinchen in Schutt und Asche legen.

Passage

Der erste veröffentlichte Song vom neuen Album. Viele Leute haben den Song mit „To Die For“ von Integrity verglichen. Stattdessen wurde er jedoch von Drift beeinflusst. Drift hat übrigens nix mit Autorennen zu tun, sondern mit Hardcore, den dein älterer Bruder gehört hat.

Lars: Der Entschluss sich von Konventionen abzuwenden und einen anderen Weg einzuschlagen. Der Untertitel könnte evtl. Crisis II sein. Der textliche Ausgang ins Ungewisse.
Die Destroyer | Borderlines wird von den meisten vielleicht als Ritzerpoesie eines weiteren musikalischen Integrity-Klons verspottet werden. Vielleicht haben Sie auch recht. Es geht mir nicht darum eine tiefeinschneidende Persönlichkeitsstörung wie Borderline oder Depressionen auszunutzen, oder möglichst kaputte Statuszeilen für Myspace- und Facebook-Profile zu schaffen. Außerdem können andere Bands Krankheiten viel besser ausschlachten und öffentlich zur Schau stellen. Mir haben auch schon Leute ins Gesicht gesagt, als der Titel veröffentlicht worden ist: "Hey, schreibst du jetzt übers Ritzen und Selbstmord auf der neuen Platte oder was?" Wenn es denn so einfach wäre.

Aenima

Eigentlich wollten wir beim letzten Part Samples von blubbernden Bongs einbauen, aber da unsere Mütter die CD auch hören wollen, haben wir es dann gelassen. Im Chaos am Ende geht dann auch noch der Schlüssel zum Keller verloren, so dass der Hörer die Zeit bis zum nächsten Album wohl mit sich selbst und der Repeatfunktion des CD-Players verbringen muss.

Lars: Ich betrachte diesen Song losgelöst von den restlichen Lyrics. Ohne Zweifel gehört er einzig auf diese Platte und ist perfekt an dieser gesetzten Stelle, aber in meinem Kopf endet die Platte textlich mit Passage. Ich hab bereits Vorstellungen und Textelemente wie es weitergehen kann und ich hoffe, dass uns ein weiteres größeres Release ermöglicht wird. Aber man kann sich nie sicher sein.