Plattenkritik

Torche - Harmonicraft

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Release Date: 27.04.2012
Datum Review: 02.06.2012

Torche - Harmonicraft

 

 

Die Sonne in Miami scheint derzeit wieder arg zu strahlen. Anders ist das hier sonst alles nicht zu erklären. Sommermusik mal anders. Warum auch nicht. Wenn auch aus einer Ecke, aus der man es am wenigsten erwartet. TORCHE – bekannt für den braunen Ton, der in der Lage ist, den Magen umzudrehen und die Eingeweide zu zerfetzen - waren jetzt nicht unbedingt die Kandidaten, die dafür in die engere Auswahl kommen würden. Wenngleich man natürlich eingestehen muss, dass ein „Tarpit Carnivore“ - überhaupt ein „In Return“ - ewig her und längst Geschichte ist, die Band sich stetig weiterentwickelte und irgendwo im bierseligen Noise-Stoner-Arty-Farty-Bliblablubb-Schießmichtot-Rock ihr neues zu Hause gefunden hat. Ein buntes zu Hause. Auch ein verqueres. Das Artwork (Himmel, Arsch und Zwirn!!!!) beweist es. Das Grinsen in der Fresse (es will nicht verschwinden) nach dem ersten Durchgang ebenfalls. Die fröhlicheren, besser gelaunten Mastodon etwa? Vielleicht!

„Harmonicraft“ also. Komischer Titel und doch so passend gewählt. Denn Harmonie spielt hier tatsächlich eine sehr übergeordnete Rolle. Aus die Zeit der Kakophonie. Fenster auf und Sonne rein, solange bis man Regenbögen scheißt und Klopapier mit aufgedruckten Einhörnern benutzt, die einem schelmisch zuzwinkern. Da wäre dieses unglaublich catchige (welcher Song auf der Platte ist bitte eigentlich nicht unglaublich catchy?!), schon fast hymnische (nächste rhetorische Frage bitte hier einfügen) „Letting Go“ direkt zum Einstieg, das direkt darauf folgende, mehr als treibende „Kicking“, bei dem man/ich irgendwie sofort an FOO FIGHTERS in etwas düsterer, aber nicht weniger melodisch denken muss, oder eben der völlig unschwermütige und erfrischende Titeltrack, der das Gemüt jedes noch so in sich gekehrten Nihilisten mit Hang zur Selbstzerstörung erhellen sollte, nur als kurze Referenzen genannt.Die Liste ließe sich ewig fortführen. Ist aber völlig unnötig.

TORCHE wandern auf „Harmonicraft“ auf einem schmalen Grat. Sehr schmal. Wer minütlich den Stil wechselt, kleine Zitate großer, längst toter Bands aneinanderreiht, hat es oftmals nicht leicht. Wenn man dabei aber so schweinisch eigenständig klingt, sich um Kopf und Kragen rifft, eine für die Autobahn, den Park, die Kopfhörer beim Spazieren, für manche auch sicher für den Bettsport geeignete Hymne nach der nächsten raushaut, hat man alles richtig gemacht. Hier passt einfach alles. Von vorne bis hinten. Schleppende Stücke („Snakes Are Charmed“, „Reverse Inverted“) und brachial schnelle Kracher („Sky Trials“) oder aber so manche, wenn auch nur klitzekleine Erinnerung an alte Tage, gibt es ebenso zu Hauf, wie die oben genannten, sehr beflügelnden Kompositionen. Da vergisst man ab und an auch ganz gerne, mit wem man es hier eigentlich zu tun hat. Ist ja auch unwichtig. Wichtig ist nur das, was aus den Boxen schallt. Und das ist gute Laune in ihrer reinsten Form, die absolute Sommerplatte für 2012.

Und ist es auch gerade dunkel, ich schnappe mir jetzt meinen MP3-Player, gehe zum Kiosk, kaufe mir einen Kasten Bier und gehe dann in den Park. Dort ziehe ich mich aus - auch die Unterhose - und laufe wild schreiend durch die Gegend. Und wenn die Pfefferminzprinzen kommen, um mich davon abzuhalten und mich wegsperren möchten, dann reiche ich ihnen einfach dieses Album. Denn dann werden sie nicht anders können, als einfach mitzumachen. Das wird ein Spaß. Zumindest in meiner Welt, in der man Regenbögen scheißt und sich mit lustig bedrucktem Klopapier den Arsch abwischt.

Tracklist:

01. Letting Go
02. Kicking
03. Walk It Off
04. Reverse Inverted
05. In Pieces 3
06. Snakes Are Charmed
07. Sky Trials
08. Roaming
09. Skin Moth
10. Kiss Me Dudely
11. Solitary Traveler
12. Harmonicraft
13. Looking On

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Alex G.

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