Plattenkritik

The Gaslight Anthem - Handwritten

Redaktions-Rating

Info

Release Date: 20.07.2012
Datum Review: 10.07.2012

The Gaslight Anthem - Handwritten

 

 

‚I never will forget you my American love. I will always remember you wild as they do come‘

Das ist die letzte Zeile des letzten Songs auf „Handwritten“ und wer das Album bis dorthin aufmerksam gehört hat weiß, dass THE GASLIGHT ANTHEM begonnen haben Songs für die Ewigkeit zu schreiben anstatt Songs für die Vergangenheit.

Die erste Single-Auskopplung „45“ ist schon längst in aller Munde, Ohren und Autoradios und erinnert noch am ehesten an die frühen Werke wie zum Beispiel „Wooderson“ vom Album „Sink or Swim“. Ohne Frage sind Stücke wie „45“ ebenso wie der Titelsong „Handwritten“ und der Song „Mulholland Drive“ geschaffen für die Bühne. Überhaupt haben THE GASLIGHT ANTHEM mit „Handwritten“ – vielleicht nicht bewusst aber dennoch bestimmt – ein Studio-Album geschaffen, welches eigentlich für die Bühne gemacht wurde. Keiner der älteren Songs wird live an das heran kommen, was „Handwritten“ transportieren wird. Gitarrenriffs die mich wie ein Fluxkompensator in die 70ger („Mae“), 80ger („Mulholland Drive“) bis zum Stadionrock und Grunge der 90ger („Too Much Blood“) bringen ohne sich dabei aufgesetzt, reingeschraubt oder ausgeliehen anzufühlen.

„Handwritten“ ist rau und direkt. Besonders der Song „Howl“ ist textlich und vor allem musikalisch genau auf den Punkt ohne einstudiert zu wirken. Dabei sind die Texte insgesamt Blues-lastig und direkt. Sie drücken einem die Luft weg. Behutsam. Groß und nah.

Der Song „Here Comes My Man“ wird von Fallon aus der Sicht einer Frau erzählt. Das ist mutig und lässt mich im Geiste sofort eine weibliche Duett-Partnerin casten.

Musikalisch merkt man deutlich, wie sehr sich Brian Fallon vom akustischen Ausflug mit seinem Nebenprojekt THE HORRIBLE CROWS und dem daraus entstandenen Album „Elsie“ zurück zu E-Gitarren und dreckiger Rockmusik sehnte und, dass daraus ein Neubeginn und der Richtungswechsel für THE GASLIGHT ANTHEM entstand.

Nah und groß fühlt es sich an – vielleicht weil der geübte ‚Storyteller‘ Fallon tatsächlich jedes Wort der Texte von Hand in sein Notizbuch schrieb und jeder Song eine nahe, eine große persönliche Geschichte ist und nicht nur ein Märchen von Mädchen und Caddilacs.

Nachtigallen zwitschern, dass die Bonustracks auf der ‚Limited Edition‘ von „Handwritten“ aus zwei eigenen Songs, einem TOM PETTY-Cover („You Got Lucky“) und einem NIRVANA-Cover („Sliver“) bestehen sollen. Auf Letzteres freue ich mich besonders, da ich die Verbindung selbst nie gezogen hätte und es umso mehr zeigt wie sehr THE GASLIGHT ANTHEM sich von alten Fesseln befreit haben ohne sich selbst dabei zu verlieren. Ich bin dankbar, dass sie nicht versuchen immer wieder das gleiche Album zu machen sondern neue, ehrliche Musik erschaffen. Nah und groß.

Der letzte Song des Albums, „National Anthem“, ist in meinen Ohren der traurigste, schönste Song der letzten Dekade. Gezupfte Gitarre mit Streichern und Fallon singt: ‚Whatever gets you through the night‘. This one just did.

Tracklist:

01 45
02 Handwritten
03 Here Comes My Man
04 Mulholland Drive
05 Keepsake
06 Too Much Blood
07 Howl
08 Biloxi Parish
09 Desire
10 Mae
11 National Anthem

Autor

Bild Autor

Charlotte

Autoren Bio