Plattenkritik

Augen Auf - Hier Und Nicht In Hollywood

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Release Date: 30.09.2011
Datum Review: 28.12.2011

Augen Auf - Hier Und Nicht In Hollywood

 

 

Verdammt. Schluss mit leeren Worten. Und mit falschen Träumen. In Hannoversch Münden gibt es vielleicht eine niedliche Altstadt, aber kein prunkvolles Chinese Theatre, gespickt mit Glanz- und Ruhmmomenten. Und schon gar keinen Sunset Boulevard, auf dem Oberfläche, Trug und Schnelllebigkeit regieren. Ganz gleich, ob man nun mit offenen oder geschlossenen Augen durch den Alltag läuft.


Ja, mit deutschen Texten hat man es schwer(er). Zumindest in Deutschland. Macht Sinn. Niveau und Anspruch sind anders, Inhalt und Absicht werden leichter hinterfragt. AUGEN AUF richten ihren Blick mit dem Titel des zweiten Longplayers ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten, in den ergrauten Stadtteil der unbegrenzten Möglichkeiten und sie singen sich nach TASCHENBILLARD weiter die jugendliche Seele leer – unter anderem über unbegrenzte Möglichkeiten im Alltag. In vorsichtigen Momenten schimmern in „Lippenbekenntnisse“ poppige Momente der alten Hamburger Schule durch, während „Niemals Wie Früher“ glatt und melancholisch mit hell führenden Tönen aufwartet. Hier hat man textlich keine Angst vor dem Älterwerden und den fraglichen Momenten im Leben eines Christoph, Steffen, Manu oder Jens – im gesunden, wenn auch stockigen Gegenteil: Die Band kippt den Rucksack in MADSEN-Manier auf den Tisch und zerdiskutiert Aktuelles, Fragliches oder Persönliches in „Kosmetikwerbung“ oder „Alles Um Dich Herum“, stets von schrammeligen Gitarren und klaren Vocals begleitet. Wo direkte Worte meist überragen, fehlt es „Hier Und Nicht In Hollywood“ trotzdem gelegentlich an Durchsetzungskraft und Pfund. „Luftschlossbau AG“ träumt zu einspurig, der mittlere Ruhepol „Heute Nacht“ zerfällt um den schmalen Chorus, obwohl man den Kitsch im Zaume halten kann. Qualitativ perlt die Kohlensäure dieser Niedersachsen nur „medium“. Poliert, aber nicht steril – ordentlich, aber nicht spiegelglatt hüpft das Album gehalten an einer nur mittellangen Leine und hat nicht genug Kraft, diese abzuschütteln.

Es muss vielleicht nicht immer Großstadt sein. Und schon gar nicht Hollywood. Wahres Leben, Meinungen und Erfahrungen sammeln sich eben auch im Alltag jenseits von verdrossenem Größenwahn und fraglichem Blitzlicht. Wichtig ist nur, man weiß zu unterscheiden, zu beobachten und dann zu befördern. Also nicht gleich wegschauen, sondern vielleicht eine Chance einräumen.

Trackliste:
01. Alle Für Einen
02. Jede Woche Wieder
03. Lippenbekenntnisse
04. Dieses Spiel
05. Niemals wie früher
06. Jeder weitere Schritt
07. Heute Nacht
08. Alles um Dich herum
09. Kosmetikwerbung
10. Keine Freudentränen
11. An Allen Ecken und Enden
12. Luftschlossbau AG
13. 4:15 AM

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Moppi

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Alt, langweilig, tierlieb.