Plattenkritik

Baptists - Bushcraft

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Release Date: 19.02.2013
Datum Review: 17.02.2013

Baptists - Bushcraft

 

 

Wer BAPTISTS aus Kanada bisher nicht auf dem Schirm hatte: keine Panik. Die sind relativ neu. Vielleicht klingt ihr rasender, skateboardaffiner Punk-Hardcore-D-Beat mit rastlosem Drummer deshalb so frisch und unverbraucht. Southern Lord erweitern ihre Speisekarte und mausern sich nun endgültig zur ultimativen Deathwish-Konkurrenz. Wir sind uns sicher: Greg Anderson und Jacob Bannon verstehen sich trotzdem weiterhin prächtig.

Vermeintliche Punkbands, die mit prallem Bankkonto, dicken Schlitten und aufgemotzten Schönheiten prahlen, sind einem ja nicht gerade unmittelbar sympathisch. BAPTISTS wissen das. Sie haben kein aufgemotztes Bankkonto, keine prallen Schlitten und erst recht keine dicken Schönheiten im Schlepptau. Was sie (wahrscheinlich) haben: Skateboards mit Thrasher-Stickern und CURSED-Aufklebern, einen Dispositionskredit und (sozusagen als guilty pleasure) ein Poster irgendeines abgehalfterten Suicide Girls im schimmeligen Proberaum. BAPTISTS sind Kanadier und als solche Freunde des allumfassenden Understatements und des trockenen Humors. Sie entschuldigen sich auf ihrer Facebook-Präsenz für das Posten von Reviewlinks zu oben stehender Platte. So wichtig nähme man sich selbst jetzt auch wieder nicht, bitte entschuldigt die Belästigung. Sie bezeichnen sich selbst als „losers“ und ihren Merch als „junk“. Selbst in Skateboardvideos darf man gewissen Bandmitgliedern beim Verlieren zusehen. Rein ideologisch gesehen sind BAPTISTS also wie FIDLAR – ohne das Koks und ohne die Sonne. Billiges Bier trinken die aber bestimmt auch.

Ist das jetzt alles Masche? Die Musik der Band aus Vancouver sagt: nein. Erfrischend agil, temporeich und pissed bis in die strähnigen Haarspitzen klopfen sie ihre Vorstellungen von rotzigem, D-Beat beeinflusstem Hardcore in die Welt, wobei die Gitarren niemals zu tief gestimmt sind und die Stimme nicht zu affektiert böse klingt. Hätten TRAP THEM nicht auf halbem Wege von FROM ASHES RISE kommend bei ENTOMBED Halt gemacht, sondern bei CURSED ihre Gitarren zumindest etwas entzerrt, dürften sie jetzt mit BAPTISTS alte Toy Machine und Zero-Videos gucken. Zusätzlich hat die Band ein verdammt glückliches Händchen für kleine Gimmicks und einen hochtalentierten Schlagzeuger. Der setzt in Songs wie 'Think Tank Breed' mit seinen hyperaktiv zuckelnden Gitarren oder dem abgrundtiefen Titeltrack beinahe mehr gezielte Schläge als Lombardo in 'War Ensemble'. Auch schön: das sich erst stapelnde, dann komplett frei drehende Schlagzeug in 'Abandon'. Und dass der Name des Spiels am Ende des Tages immer noch Hardcore heißt, beweist 'Bullets' nach zwei hakenschlagenden Minuten infernalischer Raserei. Wie heißt das Dingen noch mal? Ach ja, jetzt fällt’s mir wieder ein: fieses Breakdown. Wenn schon die das Cover zierende Axt im Walde, dann aber richtig.

Die andere, wenn auch nur kurz präsentierte Seite der Band hört auf Namen wie 'Soiled Roots' und klingt in ihrer sludgigen Machart beinahe wie ein entfernter, nicht eben schöner Verwandter der LEWD ACTS, falls die in unserer äußerst kurzlebigen Zeit noch jemand kennen sollte. Das Auftauchen Kurt Ballous in den Album-Credits ist seit einiger Zeit ja zu einem äußerst gut gelungenen Running Gag verkommen. Man kann es drehen und wenden wie man möchte: auch für "Bushcraft" hat er den passenden Klang gefunden, wenn er auch nicht die schrundige Tiefe der letzten TRAP THEM oder den meterdicken Dreck der BURNING LOVE-Aufnahmen erreicht. Wahrscheinlich eine bewusste Entscheidung. Gelungenes Debüt.
(Southern Lord)

Tracklist:

01: Betterment
02: Think Tank Breed
03: Bullets
04: In Droves
05: Still Melt
06: Mortar Head
07: Crutching Trails
08: Bushcrafts
09: Soiled Roots
10: Russian Spirits
11: Abandon

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René

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