Plattenkritik

Bersarin Quartett - Bersarin Quartett

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Release Date: 19.04.2010
Datum Review: 02.05.2010

Bersarin Quartett - Bersarin Quartett

 

 

Es gibt Musik, da bleibt einem einfach nichts anderes übrig, als darüber nachzudenken, wie man sie am Besten verfilmen könnte. Besonders, wenn man aus eben dieser Film- und Medienbranche kommt, zwingen sich einem diese Gedanken unweigerlich auf. Eine dieser Platten, die einem solche Gedanken durch den Kopf jagen, ist das selbstbetitelte Debut von BERSARIN QUARTETT, einem jungen Ambient-Künstler aus Münster. Längst vergriffen und schon während der ersten Veröffentlichung mit Lob überhäuft, hat sich Denovali dazu entschieden, dieses kleine optische und auch akustische Kunstwerk erneut zu veröffentlichen. Welch grandiose Entscheidung!

Es ist einfach Musik die zum Träumen einlädt, zum Verweilen aufruft und zum Entspannen verführt. Die unbeschwerte Leichtigkeit und die im Kontrast dazu stehende schwer wiegende Dramatik, die von den einzelnen Kompositionen ausgeht, lässt einfach nichts anderes zu. Entführung des Geistes in andere Sphären, ohne das letzten Endes viel passiert. Es braucht nicht viel, um Schönheit zu erschaffen. Das weiß der Herr aus Münster und da ist es gänzlich egal, ob „Oktober“ in seiner Neo-Klassik eher beatlastig daher kommt, „Geschichten von Interesse“ einen etwas jazzigen Charakter besitzt oder „Inversion“ mit seiner ambienten Düsternis doch irgendwie Unheil verkünden möchte. Man fühlt sich beim Hören der Platte befreit, geborgen und doch gefordert, da die Spannung, was wohl als nächstes passieren mag, stetig wächst. Besonders dann, wenn es auf einmal ganz still wird und sich die Soundwände erst langsam wieder aufbauen, bis sie schlussendlich allgegenwärtig sind und einen nur noch mit offen stehendem Mund zurück lassen.

„Und die Welt steht still“ lautet ein Stück des Albums und könnte die Atmosphäre, die von ihm ausgeht nicht besser beschreiben. Ein Ruhepol. Klassisch und doch modern. Aber: „Die Dinge sind nie so wie sie sind“ und so überrascht BERSARIN QUARTETT mit vielen interessanten Wendungen und Ideen. Ambient eben. Streicher, Pianos, elektronische Effekte, Geräuschkullissen, alles zusammen verbunden zu Symphonien aus einer anderen Welt. Und so zieht einen das Album immer mehr in seinen Bann, lässt einen nicht mehr los, selbst dann nicht, wenn der letzte Ton verstummt ist und völlige Ruhe herrscht. Es beschäftigt einen auch über das Ende hinaus. Die entstandenen Bilder schwirren immer noch im Kopf herum, ergeben ein ungreifbares Ganzes, welches endlich einen Weg aufs Zelluloid finden will. Und während „Mehr als alles andere“ (die mit Sicherheit stärkste Komposition) immer noch nachwirkt und hallt, frage ich mich, wie dieses Review beendet werden soll. Neo-Klassik im Stil von OLAFUR ARNALDS, Ambient frei nach APHEX TWINs „Selected Ambient Works“ oder aber auch den Werken TIM HECKERs und Beats die entfernt an ARMS AND SLEEPERS und Konsorten erinnern. Eine gelungene Mischung mit schwerer eigener Note, für die mir letzten Endes die Worte fehlen, aber ich weiß, ich bin damit nicht alleine und deswegen verbleibe ich mit den Worten des von mir sehr geschätzten Ox-Fachmannes Joachim Hiller, der damals passendere Worte fand, als ich es heute vermag:

„Und so sitzt man hier vor der Anlage, blickt aus dem Fenster auf die vom Wind geschüttelten winterlich kahlen Bäume und merkt, dass man zehn Minuten kein Wort getippt hat, so hat die Musik einen in ihren Bann gezogen.“


Tracklist:

01. Oktober
02. Geschichten von Interesse
03. Inversion
04. St. Petersburg
05. Und die Welt steht still
06. Die Dinge sind nie so wie sie sind
07. Nachtblind
08. Es kann nicht ewig Winter sein
09. Endlich am Ziel
10. Mehr als alles andere

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Alex G.

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