Plattenkritik

Brad Warner - Hardcore Zen

Redaktions-Rating

Info

Release Date: 20.03.2010
Datum Review: 14.03.2010

Brad Warner - Hardcore Zen

 

 

Wie jetzt? Was jetzt? Jetzt geht’s bei Allschools schon um Religion? Gott? Gebote? Gesetze? Regeln? Stopp! Nein! Hier geht es um Punk und um Hardcore! Punk und Hardcore? Aber da steht doch Zen, das ist doch so nen buddhistischer Schnickschnack, mit Erleuchtung, meditieren und Askese, Religion eben. Stopp! Es geht um Punkrock! Punkrockphilosophie, Punk Zen, Hardcore Zen. So, wenn du bis hierher gekommen bist, dann lies weiter. Befinde die folgende Rezension für scheiße oder hilfreich. Beides ist okay.

No Gods! No Masters! Eine der Kernaussagen der Punkbewegung und des Hardcore... UND des Zen Buddhismus. Huch! Genau! Und hier ist gerade eine der vielen Überschneidungen genannt, welche Brad Warner in seinem frisch ins deutsche transkribierten Hardcore Zen vertritt. Brad Warner, seines Zeichens Punkbassist, Monsterfilmemacher und Zen- Meister. Die Motivation für dieses Buch kommt nicht von ungefähr.

Nimm keine Autoritäten an, postuliert Brad, postuliert die Zentradition! Klingt auch ziemlich Punk, oder? Geht also schon mal klar. Aber was kommt dann? Was tust DU dann? Hier ist der springende Punk(t), die Leerstelle in so vielen Theorien und Philosophien. Wir alle wissen, was wir nicht wollen, bestenfalls wissen wir auch, was wir wollen, aber wer hat schon einen Plan, wie wir dahin kommen? Es geht nicht darum, an etwas zu glauben oder eben nicht. Es geht darum zu handeln. Im Hier und Jetzt. Aber wie handelt man? Und was soll man handeln?

Es geht im Zen um die Verortung von dir in der Welt. Dein Handeln beeinflusst alles. Und du dachtest immer, du seist nur ein Fliegenschiss, der eh nichts verändern kann? Nein, bist du nicht, du trägst selbst die Verantwortung, zumindest, wenn du sie nicht in die Hände irgendeiner Autorität abgegeben hast und dich nun auf der faulen Haut rumfläzt. Und ansonsten solltest du dir gut überlegen, was du tust. Jede deiner Handlungen kann einen Orkan auslösen. Es ist wie der Schmetterlingseffekt, also überlege dir gut, was du tust. Am besten beim Meditieren. Brad Warner nimmt darüber kein Blatt vor den Mund. 20 Minuten mal hinsetzen und die Klappe halten, erscheint in der heutigen Welt mehr als total bekloppt. Ständig auf Abruf, 1000 Dinge auf der imaginären To- Do- Liste im Kopf. Versuchs doch einfach mal. Kann etwas schlimmes passieren? Oh, du könntest die Erleuchtung erlangen. Vielleicht. Herr Warner hält das allerdings für höchst unwahrscheinlich. Vielleicht entdeckst du auch ganz andere Schätzchen oder Scheißhaufen. Eben das, was man so lange hinter den Listen zu verstecken versucht. Eigentlich gar nicht mal so uninteressant. Vielleicht flowt dann das Leben ein wenig leichter. Vielleicht entdeckst du auch das ein oder andere, von dem du meinst, es sei vollkommen in Ordnung so wie es ist. Ist es das aber wirklich?

Brad Warner versucht den Zen anhand diverser neuzeitlicher Vergleiche zu erklären. Esoterisches Geschwafel oder den drohenden Zeigefinger sucht man vergebens. Vielmehr wird man des Öfteren mal von Wellen des Lachens überrollt. Aha- Effekte lassen sich ebenso finden. Hier werden keine Rezepte vermittelt, wie man sein Leben zu leben hat oder eben nicht. Vielmehr geht es darum, dass Bewusstsein mal anzuknipsen und unentdeckte Ecken des eigenen Daseins auszuleuchten, zu hinterfragen. Nebenbei kann man noch das ein oder andere über japanische Lowbudget Monsterfilme und Straight Edge Hardcore erfahren. Ein multifunktionales Buch quasi. Einfach mal öfter die Klappe halten. Erstmal ein gutes Buch lesen und dann vielleicht auf zum Atmen! Gute Reise.

Autor

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Jule

Autoren Bio

wäre gern teil einer postfeministischen emopunkband/ verbalprimatin/ kuchenveganerin/ ich kann mir keine songtitel merken, selbst die meiner lieblingssongs vergesse ich.../ ich bin nicht betrunken, ich bin immer so/ fraujule.blogspot.de