Plattenkritik

Broadway Calls - Comfort/Distraction

Redaktions-Rating

Info

Release Date: 05.02.2013
Datum Review: 09.02.2013

Broadway Calls - Comfort/Distraction

 

 

Das kindliche Gummistiefelsyndrom ausleben, den wohlverdienten „Zerstörer-Tag“ geniessen – oder einfach mal mit dem Vorschlaghammer mittig aufs Telefon - während Schwiegermutter sich am anderen Ende in Dinge einmischt, die man nicht mal in ihrer Gerüchteküche köchelnd vermutet hätte. Bei Ty Vaughn heißt das vorsichtig eher „Distraction“ als „Comfort“ und deutlich heraus „A Fuck Is All I Have To Give“. Aber das Stinkefingerkapitel hatten wir ja bereits.

Was wäre Portland, Oregon nur ohne Foodtrucks und seine bewusst lebenden Rennradlümmel? Etwa eine kratzige Inspiration zur "Zombie World"? Keine Angst, weder Vaughn noch ein anderes Mitglied seiner Band BROADWAY CALLS will sich anschicken, die selbstbestimmte Poppunkrevolte einzudämmen. Comfort? Das dritte Album des US-Trios schöpft sich den Teller erst randvoll und sieht dann zu, wohin mit all den Sorgen und Nöten. Da wäre neben dem nennenswerten "Open Letter", der mit zuvor genannter Refrainzeile bereits auf dem Splitrelease mit MIXTAPES ver(b)raten wurde, zum Beispiel "Surrounded By Ghosts" mit seiner drückend-melancholischen Hookline, die zugleich so sorglos und perfekt abgerundet losrennt, wie sie in falschen Händen als "abgedroschen" und "billig" abgetan werden könnte.
BROADWAY CALLS, dieses sympathisch umhertobende Trio, das schon mit "Election Night", "Basement Royalties" oder "Back To Oregon" einige Zacken aus der "Green-Day-Punk"-Keule gebrochen hat, setzt sich mit "Comfort/Distraction" einmal mehr an die gedeckte Tafel, um mit Produzent Bill Stevenson (RISE AGAINST, DESCENDENTS, HOT WATER MUSIC) zusammen Sonnenanbeter wie das kurzleibige "Life Is Rhythm" oder Rollbrettbeschleuniger wie "Bring On The Storm" aneinander zu reihen. Hierbei sorgen die Herren von der Westküste laut Eigenaussage erstmals für ein "gemeinsames Produkt", was "Minus One" oder "Zombie World" und ihrer bauchigen Produktion nicht sonderlich anzuhören ist: Qualitativ und mit dem nötigen Scharfsinn für Melodie und 4/4-Gaspedal verbuchen BROADWAY CALLS ein logisches Ergebnis, welches es sich im ebenso nachvollziehbaren Warmblüternest bequem macht. "Lucky Lighter" geniesst die Midtempo-Halbzeit in vollen Zügen, mit "Stealing Sailboats" wird der akustische Abschlusstrack der Vorgänger-EP durch die Steckdose gejagt.

"Comfort/Distraction" aber behält die Spur und die eigene Klasse, was zwischen all den Vollbart- oder Lederjackenträger für Frische und schlicht vollwertige Ohrwürmer sorgt. Distraction? Kaum spürbar. Ty Vaughn, Adam Willis und Josh Baird machen eigentlich bloß das, was zu Hause auch von Fastfoodbussen und Fixie-Kids erwartet wird: Bloß keine auffälligen Veränderungen zulassen - dann wird schon niemand schimpfen. Im Falle des "verflixten dritten" Albums geht das Konzept butterweich und unter Applaus auf.

Trackliste:

01. Bring On The Storm
02. Open Letter
03. Minus One
04. Lucky Lighter
05. Surrounded By Ghosts
06. Zombie World
07. Wildly Swinging
08. I’ll Be There
09. Stealing Sailboats
10. Life Is Rhythm
11. Full Of Hope

Autor

Bild Autor

Moppi

Autoren Bio

Alt, langweilig, tierlieb.