Plattenkritik

Caspian - Waking Season

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Release Date: 21.09.2012
Datum Review: 20.11.2012

Caspian - Waking Season

 

 

"Songs are like puzzles waiting to be structured."
- Erik Burke-Moran, Gitarrist von Caspian

Ist es eigentlich ausreichend Musik nach den üblichen Kriterien zu bewerten? Also nach Produktion, Songwriting und Instrumentalarbeit. Schließlich hat Musik ja auch einen gewissen Eindruck auf den Menschen individuell. Kann man einen individuellen Eindruck in eine sachliche Kritik einfließen lassen? Die nächste und über allem thronende Frage schließt sich gleich an: Kann man Musik überhaupt bewerten? Schlussendlich eine nicht zu beantwortende Frage und dennoch gibt jede einzelne Rezension weltweit eine individuelle ANtwort. Folgende bezieht sich dabei auf das dritte Gefühlsmammuth der Bostoner CASPIAN.

Und da ist es mal wieder. Eines dieser berühmten sogenannten Gesamtkunstwerke. Ein Album, bei dem kein Song als einzelner hervorzuheben ist. Ein Album, bei dem alle Noten nur "zusammen funktionieren". Ein Album, das nur mit Artwork und Lyrics funktioniert. Autsch, hab ich Lyrics gesagt? Diese verwenden CASPIAN nicht. Denn auch auf ihrem neuesten Longplayer konzentriert sich die Band auf die Musik als das Wesentliche. Und schafft damit ganz nebenbei eines der rundesten Wohlfühl-Alben des Jahres.

Irgendwie hat "Waking Season" eine gewisse Aufbruchsstimmung. Seien es die gelegentlich auftauchenden, leise flüsternden Vokalfragmente oder das optimistischere Klangbild. CASPIAN haben bei ihren zehn neuen Songs etwas gedacht und das hört man.

Dabei verzichten die Bostoner eigentlich komplett auf jegliche revolutionäre Gedankengänge. Die prinzipielle Formel steht und die wurde bereits von zahlreichen Bands vorher genutzt, egal ob diese nun MOGWAI oder GODSPEED YOU! BLACK EMPEROR hießen. Dennoch spürt man die Leidenschaft der Protagonisten in jeder der ausufernden 57 Minuten. CASPIAN haben das gewisse Etwas und nutzen diese Fäigkeiten in Songs wie dem Zehn-Minuten-Epos "Gone In Bloom And Bough" voll aus. Hierbei werden wohlige Erinnerungen an die verträumt-schwelgerischen Passagen der ISIS-Göttertat "Panopticon" wach. Dabei will die Band um Erik Burke-Moran gar nicht auffallen und das fängt schon beim minimalistischen aber stimmigen Coverartwork an und hört auch nicht bei den eigentlich schüchternen Songstrukturen auf.

"Waking Season" ist ein Album für viele Gelegenheiten. Man kann es hören um sich am Morgen in der Straßenbahn den Sand aus den Augen zu reiben, abends der Rush Hour zu entfliehen oder um einfach mal eine knappe Stunde sich abzukapseln und einfach Musik zu hören. Dabei braucht "Waking Season" keine Aussage, keine Message. Denn große Rock Musik, gleichgültig ob Post, Indie oder Alternative, überzeugt durch die Musik an sich und nicht durch leere Phrasendrescherei.

Tracklist:

1. Waking Season
2. Procellous
3. Gone In Bloom And Bough
4. Halls Of The Summer
5. Akiko
6. High Lonesome
7. Hickory '54
8. Long The Desert Mile
9. Collider In Blue
10. Fire Made Flesh

Autor

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Enrico

Autoren Bio

Je ne sais pas. Ein Hoch auf meine Standardantwort im Französischunterricht in der Schule.