Plattenkritik

Evening Hymns - Spirit Guides

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Release Date: 03.11.2009
Datum Review: 30.04.2011

Evening Hymns - Spirit Guides

 

 

Sie ist wieder da: die Zeit des Zündelns. Die Osterfeuer sind gelöscht, die Walpurgisnachtfeuer oder wahlweise Straßenbarrikaden sind auch nur noch verkohlte Häufchen. Es ist Sommer und die Lagerfeuer knacken, die Grills glühen und es wird Zeit der Gitarre wieder ein wenig Frischluft zu gönnen, der akuten Holden oder zukünftigen ein Liedchen vortragen, ihr Herz gewinnen oder an sich binden. Billige oder bessere Plagiate der großen folkangehauchten Singer-/Songwriter trifft man wieder unter Sternenhimmel an.

Bei EVENING HYMNS dürfte es schwer werden mit dem Kopieren. Zwar passen sie temporär gut in das erwähnte Genre, starten mit „Lanterns“ auch in die richtige Richtung, fahren dafür aber wenig später ein ziemlich großes Brett an Instrumenten auf. So wird „Lanterns“ recht schell zu einem Song, der sich wegbewegt vom Gitarrengezupfe, hin zu mexikanisch angehauchten Elementen, die sehr an CALEXICO erinnern. Von seichtem Gitarrengezupfe oder gar nöligem Traditionsfolk sind EVENING HYMNS meilenweit entfernt, vielmehr wissen sie wie man einen Sound ordentlich auf Volumen trimmt, ohne dabei aufgeblasen oder gewalttätig zu wirken. Streicher satzweise, Bläser von Querflöte über Oboe zu Trompete, Schlagwerk über ein einfaches Drumset hinaus, Orgel, Klavier und druckvolle Bässe. Teilweise folkig aus aller Herren Länder arrangiert, streckenweise schon klassisch im westlichen Sinne anmutend. „Mountain Song“ tendiert in Richtung Balkan, „Cedars“ schwingt ruhig zwischen klerikar anmutenden, gothischem Chorus und amerikanischem Country. Hymnen an Abende produizeren EVENING HYMNS auf „Spirit Guides“ am laufenden Band.

Kein Elektroschnickschnack, alles Handarbeit aus der Weltstadt Orno, Kanada. Im Grunde genommen nur von einem Mann names Jonas Bonetta als Kopf des Ensembles zusammengeklaubt. Aber was man so alles an und von Freunden mit unterschiedlichsten musikalischen Talenten zusammeklauben kann, kann man auf „Spirit Guides“ hören. Es dürfte schwer werden all das ans Lagerfeuer im Park zu schaffen. Das gute Stück ist schon ein wenig älter, aber dieser Tage kommen EVENING HYMNS auch in unsere Lande und passen so wunderbar zur Jahreszeit. Nach IMANGINARY CITIES hier ein neues Stück Musikkunst für sonnenlechzende Gehörgänge aus dem kühlen amerikanischen Norden. Langweilig wird es mit diesen warmen, vollmundigen Klangwerken sicherlich nicht.

Zum Abschluss „November 1st 2008, Lakefield, Ontario“. Einfach mal ein Gewitterguß als kuscheliges Soundelement und es endet doch Singer-/Songwriter a-typisch mit „History Books“ welcher sich zu Kopierzwecken und zum Herzgewinnen ganz fantastisch eignen dürfte. Der (Feuer-)Kreis schließt sich und irgendwann wird jeder Lagerfeuerabend zu dunkler, stiller Nacht.

Tracklist:
1.Lanterns
2.Dead Deer
3.Mountain Song
4.Mazinaw Lake
5.Broken Rifle
6.Tomultuous Sea
7.Cedars
8.November 1st, Lakefield, Ontario
9.History Books

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Jule

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wäre gern teil einer postfeministischen emopunkband/ verbalprimatin/ kuchenveganerin/ ich kann mir keine songtitel merken, selbst die meiner lieblingssongs vergesse ich.../ ich bin nicht betrunken, ich bin immer so/ fraujule.blogspot.de