Plattenkritik

Irepress - Sol Eye Sea I

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Info

Release Date: 23.04.2010
Datum Review: 08.05.2010

Irepress - Sol Eye Sea I

 

 

IREPRESS muss ich von vorne herein attestieren, dass sie es fast geschafft hätten, mich zu verwirren. Mit ihrem Gemisch aus progressivem Metal, Metalcore, Jazz, Blues und Shoegaze legen sie es darauf an, dass es einem schwer fällt, zu beschreiben, was man auf „Sol Eye Sea I“ vernehmen darf. Ein ziemliches Brett ist es, was die Band hier erschaffen hat. Aber nicht ein solches, welches dem Hörer mit der flachen Seite ins Gesicht geschmettert wird, sondern eben eines, welches immer mit der schmalen Kante an die Stirn klopft und somit für konstantes Brummen im Kopf sorgt. Kein nerviges, sondern ein wohltuendes, gemächliches Brummen, welches in seiner konstanten Art gleichzeitig fordernd, wie beruhigend wirkt.

Konstanz ist ein Wort, welches bei IREPRESS im Allgemeinen groß geschrieben wird, denn das Album wirkt wie aus einem Guss. Neun Songs, die anmuten, als wären sie eine große Komposition, nahtlos ineinander übergehen und dabei keine Unterbrechungen oder Längen aufweisen. All das verpackt in einem akustisch sehr anspruchsvollen Rahmen, der nur ab und an durch kurz eingestreute Schreie durchbrochen wird, so zum Beispiel im knapp elf-minütigen Opener „Diaspora“. Während hier mit atmosphärischer Ruhe gearbeitet wird, lassen auf einmal Crewshouts (sehr untypisch und doch passend) die Wände erzittern und den Hörer aufschrecken. Irgendwie alles sehr seltsam, was hier passiert. Auch zeigt eben genannter Song in seiner Spielzeit das große Spektrum der Band auf. Ein brachialer Einstieg mündet in eine Ruhe, die nur Tristesse aufweist, jedoch immer wieder durch metallische Riffs zerschnitten wird, auch dann wenn die noch so schönsten Melodien gespielt werden. Plötzlich ein jazziges Interlude, bis die gesamte Band meint, im Takt in die Hände klatschen zu müssen und somit die Traurigkeit durch gute Laune zu ersetzen. Spätestens ab hier ist man gefangen in der Welt von IREPRESS. Respekt.

Die Bostoner Klangakrobaten geben sich damit jedoch nicht zufrieden und steigern sich immer weiter in ihren Sound und ihre Andersartigkeit rein, die während „Cyette Phiur“ dann sogar in R 'n' B-Beats inklusive zärtlichem Frauengesang mündet. Wenn man die Muße hat, sich darauf einzulassen, ist es ein Leichtes sich sofort mit reinzusteigern und sich immer wieder von den vielen Ideen und Wendungen in den einzelnen Stücken begeistern zu lassen. Man braucht halt ein bisschen Zeit um IREPRESS und „Sol Eye Sea I“ zu erfassen, zumal sich hier eben die verschiedensten Welten auftun und ganz nebenbei auch vor Elektrokram („Fletchie“) oder eher klassischeren Instrumenten, wie einem Glockenspiel („Billy“)nicht Halt gemacht wird.

Mit „Entanglement“ schließt sich der Rahmen und der Kreis. Einmal mehr wird alles aufgefahren, was man in petto hat und noch ein bisschen mehr. Understatement wird ganz klein geschrieben und IREPRESS klotzen ohne zu kleckern. Sie zeigen, was sie auf dem Kasten haben, das sie Musiker von ganz großer Klasse sind und genau dafür brauchen sie sich zu keiner Zeit zu schämen. All die technischen Finessen und Spielereien lassen nichts anderes zu, als sturmartiges Schlackern mit den Ohren und hätte man diese nicht, würde man beim Hören von „Sol Eye Sea I“ definitiv vor Freude im Kreis grinsen. Wem simpler Postrock also zu langweilig ist, dennoch mit überlangen Songs und progressivem Material, angereichert durch messerscharfe Riffs, tanzbare Rhythmen und ab und an auftretenden fiesen Breakdowns, etwas anfangen kann, der sollte sich dieses Machtwerk möglichst schnell zulegen. Pure Begeisterung!


Tracklist:

1. Diaspora
2. Rhintu
3. Barrageo
4. Daniel Sen
5. Cyette Phiur
6. Fletchie
7. Adelugé
8. Billy
9. Entanglement

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Alex G.

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