Plattenkritik

Leech - The Stolen View

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Release Date: 17.10.2008
Datum Review: 19.10.2008

Leech - The Stolen View

 

 

Da hat der geneigte Hörer gerade einmal den Split-Rundumschlag mit den Münsteranern LONG DISTANCE CALLING so einigermaßen verdaut, schon lauern LEECH mit "The Stolen View" an der nächsten Ecke, um den unbedarften Postrock-Freund vollends für sich einzunehmen. Der Titel des 98er Werks der Eidgenossen, "Soundtrack To An Individual Emotion Picture Mindmovie", als auch die Sigmund Freud Referenz in der letzten (und längsten!!!) Komposition können hier einmal mehr als Wink mit dem atmosphärischen Zaunpfahl gelten.

Ersterer ist schließlich so etwas wie ein musikjournalistischer Allgemeinplatz: Alles, was im entferntesten Sinne die Pole Atmosphäre und Tiefe bedient, ist „Musik für das persönliche Kopfkino“. Bei Herrn Freud wiederum wird es schon spannender: Begründer der Psychoanalyse, Traumdeuter, Erforscher der modernen Seele. Und nicht zuletzt der grandiose Klaus Theweleit hat den österreichischen Psychopapst als popkulturelles Phänomen entlarvt, aufgedeckt und beschrieben, welches allgegenwärtig ist. Irgendwie tun LEECH das während der knapp 53 Minuten des Longplayers auch: der Seele moderner, instrumentaler (Rock-)Musik nachspüren. Sie für gewisse magische Momente konservieren, sie in repetitiven, teilweise Synthie getränkten Soundschleifen partiell aufblitzen und im nächsten Atemzug in bedrohlich wabernden Klanglandschaften wieder abtauchen zu lassen. In einigen (raren) Momenten schießen LEECH dabei ein wenig über’s Ziel hinaus. Wenn sie beispielsweise das finale Stück auf beinahe zwanzig Minuten aufblähen und eine nichtsdestotrotz packende Figur zu sehr in die Länge ziehen. Am Ende des Tages widerlegen die Schweizer Sigmund Freud dennoch dezent. "…in der Musik bin ich fast genussunfähig. Eine rationalistische oder vielleicht analytische Anlage sträubt sich in mir dagegen, dass ich ergriffen sein und dabei nicht wissen solle, warum ich es bin und was mich ergreift." Anhänger mittlerer TOOL, von DREDG plus Keyboards minus Gesang sowie den Kollaborateuren von LONG DISTANCE CALLING wissen das auch ohne Tiefenanalyse. Das Gefühl macht´s. Schlicht und ergreifend.


Tracklist:

01: Silent State Optimizer 8:36
02: The Man With The Hammer 8:30
03: Ziipfe 1:46
04: Inspiral 13:08
05: I Was Reversed 1:20
06: Totem & Tabu 19:44

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René

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