Plattenkritik

Machine Head - Through The Ashes Of Empire

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Release Date: 16.12.2006

Machine Head - Through The Ashes Of Empire

 

 

Die moisten warden wohl Machine Head nach der letzten – wirklich schwachen und arg new metal lastigen - Supercharger Scheibe ziemlich abgeschrieben haben. Kann man auch keinem verdenken, mir gings nach dem schlechten Auftritt am WFF2002 auch ziemlich ähnlich. Aber genau diese Leute sollten sich unbedingt Through The Ashes Of Empire anhören – denn diese Scheibe ist der absolute Hammer und nach dem Meilenstein Burn My Eyes das Beste, was diese Band je geschrieben hat: Produktion, Aufmachung und Bonus Cd sind auch dabei, also alles sehr gut. Musikalisch ist es einerseits ein klares back to the roots – Moshparts wie z.B. in Imperium könnten auch auf dem Klassiker Burn My Eyes stehen – die Songs haben so gut wie überhaupt keinen New Metal Einschlag mehr, dafür – wohl auch dank dem Neu Gitarristen Phil Demmel (Ex-Violence, Robb Flynns alter Band) reiht sich hier ein Killerriff ans nächste und es wird getrasht. Mc Clain und Adam Duce präsentieren sich als tighte Rhytmusgruppe und geben mächtig Gas, aber nicht nur schnell und hart nach vorne, sondern auch mit wahnsinnig viel Groove und Songgefühl. Nicht zuletzt Robb Flynn hat sich wahnsinnig weiterentwickelt und ist neben einem begnadeten Shouter, was er ja schon immer war, auch zu einem guten Sänger geworden und scheut euch nicht vor zweistimmigem Gesang mit Adam Duce zurück. ABER Machine Head haben sich auch weiterentwickelt und haben zweistimmigen, melodische Gitarrenleads in ihre Songs eingebaut, die einen ein ums andere Mal an melodische Schwedendeath Sachen erinnert – und mit „All Falls Down“ und „Descend The Shades Of Night“ haben Machine Head diesmal auch zwei Nummern geschrieben die man ihnen wohl so nicht zugetraut hätte – melodisch, mit wahnsinnig sphärischen Akustikparts und starkem Gesang. Dieses Album bringt die fast schon totgeglaubten Oakland-Trasher von ganz unten sofort wieder auf den Thron zurück!

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MACHINE HEAD sind Vermittler der Kulturen. Sie erzwingen durch ihre eigene Geschichte spätestens seit dem grandiosen Debüt „Burn my Eyes“ offene Augen und Ohren bei den Traditionalisten wie den Modernisten des Metal gleichermaßen. Zwischen all jenem Metal, der Realitätsflucht zwischen der Trueness von Schwertern und Drachen suggerierte und jenem, der in die Leere des aussterbenden Generation-X-Grunge auf die unzufriedenen Mittelstandskids zielte. Geschichtsbewusster Metal, der seine Ikonen in den 80ern ausmacht und der schon seit geraumer Zeit schriftbildlich unangenehm daherkommende Nu Metal sind scheinbar stets schwierig zu verbinden gewesen. Nicht zuletzt auch eine Frage des Phänotyps, der Attitüde, der besetzten Themen.

Auch MACHINE HEAD haben sich durch ihre Integration genuiner Elemente des New Metal auf den Platten „The Burning Red“ und vor allem „Supercharger“ bei Fans und Mitmusikern wie Kerry King von Slayer angreifbar gemacht. In der Tat hat vor allem letztere Platte trotz ihrer Stärken im letzten Drittel (Deafening Silence!) irritierend zahnlos gewirkt. Sie war zu voll, zu viele Songs, zu deutliche Unentschiedenheit in welche Richtung sie denn steuern soll. Die Band hat ihre eigenen Lehren offenkundig gezogen. „Through the ashes of empires“ ist ein bereits angefangen beim Cover ein durch und durch düsteres und aggressives Album geworden. Passagen, die allzu offenkundig auf die Sneakers der Hüpfer zielt sind ad acta gelegt. Erdig ist denn auch das passende Attribut für das immense Gespür und die Zielstrebigkeit dieser Platte. Davidian schien als Opener auf lange Zeit unmöglich vom Thron zu stoßen zu sein. Neben dem langsam beginnenden, zum Monolith anwachsenden Einstieg von „Imperium“ samt brilliant knackigem melodischem Prechorus kann diese Gewissheit ins Wanken geraten. Ab Minute 4 hingehört: man lauscht einem der grandiosesten Metalriffs ever. Der Schlagzeugsound ist die phänomenale andere Seite der St.Anger.

Nach diesem Beginn das Niveau zu halten kann kaum gelingen. Die erste Single „Bite the bullet“ fällt trotz modernem Groove ab. Spätestens mit Elegy demonstriert die Band jedoch, dass sie neben dem schlicht hervorragenden Songwriting der vergangenen aggressiven Thrashzeiten Mitte der Neunziger gleichsam melancholisch-düstere rockigere Töne anzuschlagen weiß. Diese Bereitschaft weiterhin auch dem allzu traditionalistischen Metaller mit Nuancen entgegenzutreten, die die Verletzlichkeit der Deftones zitieren, ermöglicht erst die immense Bandbreite von „Through the ashes of empires“. Dies zeigt nicht zuletzt das immer wieder aufblitzende Zusammenspiel melodischer, cleaner Gitarren und der extrem variablen Stimme Robb Flynns.

Dabei haben sie sich längst vom klassischen Songwriting mit Strophe-Ref-Strophe-Ref-Bridge emanzipiert und lassen Songs über 6 Minuten Raum für Entfaltung. Ein Alterswerk, so scheint es fast. Bei „Days turn blue to grey“ verwünscht man die Band dafür die riesige Strophe lediglich zweimal in übertriebendster Kürze abzukanzeln. Nach einem erneut starken letzten Drittel kulminiert die Spannung schließlich in dem knapp 7-minütigen „Descend the shades of night“. Ohne jeden Anflug von Kitsch bereitet eine Akustikgitarre den Ausklang in knietiefem Wehklagen mit einsetzenden Gitarrenwänden und einer durchschüttelnden Stimme Flynns die dämmernde Erkenntnis vor, dass eine Platte allein durch die Anordnung ihrer Titel eine unheimliche Dramaturgie herzustellen vermag.
Hiermit zeigen sich MACHINE HEAD erneut als Wanderer zwischen den Szenen. Sie bewahren eine emotionale Tiefe und Abwechslungsreichtum, der ganz gewiss aus all jenen Richtungen von Emo und Alternative emporgespült kam, die vermeintlich truer Metal immer umschiffen wollte.

In den knapp zehn Jahren des Bestehens dieser Band hat sie risikoreiche Experimente gewagt, einige mögen überwunden sein. Die vielbeschrieene Rückbesinnung auf alte Stärken verhilft dieser Platte dennoch nicht allein zu ihrer Größe. Diese Band zeigt sich noch als Musik-HÖRER, als Bewegter, denn längst ist ihr musikalischer Ort zwischen Thrash und New nicht mehr adäquat bemessen. Sie haben sich offenkundig dabei ihre Bockigkeit bewahrt. Einige gehen voran.

Nick

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