Plattenkritik

Man Overboard - Heart Attack

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Release Date: 28.05.2013
Datum Review: 07.06.2013

Man Overboard - Heart Attack

 

 

MAN OVERBOARD veröffentlichten am 28.05.13 ihr neues Album "Heart Attack" auf "Rise Records". Die vier jungen Männer aus New Jersey spielen seit 2008 modernen Pop-Punk und haben bereits eine Tour mit FIREWORKS und TRANSIT hinter sich. In Deutschland haben sie auf ihrer letzten Tour TRAPPED UNDER ICE und YOUR DEMISE supported. Die stilverschiedenen Musikrichtungen des Line-ups hat ihnen einige neue Hörer gesichert, aber dadurch ist sicher auch einigen anderen "MOB"-Begeisterten die Show entgangen.

Das Album Cover tärgt stolz das Emblem der "Defend Pop Punk" - Reihe. Laut Pop-Punk-Fans bisher zurecht, und spätestens nach "Real Talk" (2010) galt MAN OVERBOARD nicht mehr als Geheimtipp sondern hatten sich fest in der Szene etabliert, obwohl einige Punkrock-Fans gerne die "melancholischen" Texte und das BLINK182-Recycling kritisieren. Vorab: Die Band spielt Pop-Punk. Die Texte des neuen Albums handeln ebenso, wie auf vorherigen Veröffentlichungen der Band, von zwischenmenschlichen Beziehungen, Spaß haben und vor allem - wie erwartet - Herzschmerz. Wem das Genre zu wenig musikalischen Anspruch bietet, oder wer sprachtechnisch und emotional ausgebaute Konzeptlyrics oder Storytelling à la DEFEATER" benötigt, um Musik etwas abzugewinnen, ist an dieser Adresse definitiv falsch - ob auch im Punk-Genre generell, sei mal dahingestellt. Und wer behaupten will, dass moderne Pop-Punk Bands wie THE STORY SO FAR, TITLE FIGHT , POLAR BEAR CLUB und MAN OVERBOARD Genreveteranen wie TAKING BACK SUNDAY, SUM41 oder BLINK182 in Originalität nicht ansatzweise das Wasser reichen könnten, der liegt schlicht gesehen falsch.

"Heart Attack". Die Platte ist endlich da, die Freude ist groß, dass endlich musikalischer Nachschub der Band da ist. "Real Talk" hatte mich gebannt, und lief zwei Sommer etliche Male und war schwer "tot" zu hören. Draußen regnet es. Die Titelliste liest sich gewohnt wie eine MOB-Platte mit simplen, aber irgendwie doch catchigen Titeln.

1. Secret Pain
2. Boy Without Batteries
3. Where I Left You
4. Heart Attack
5. White Lies
6. S.A.D.
7. Suppy
8. How To Hide Your Feelings
9. Swan Dive
10. Hoodie Song
11. Re Run
12. Open Season
13. Damage Control
14. Wide Awake

Ab auf den iPod mit der Scheibe, es regnet und ich darf die U-Bahn nicht verpassen. Der erste Song lädt zu leichtem Kopfnicken ein. "I'm always the one, I've been fighting the gravity - it pulled me back to you" - gewohnt "MOB"-lancholisch (?) startet der Song, der Gesang steht im Vordergrund, klimpernde Gitarren untermalen das Schlagzeug, das dem textarmen Song eine Dynamik verleiht und gespannt macht, was noch geboten wird. Ohrwurm-Reife Sing-A-Longs wie "It broke me as the sun comes through my window" vertreiben die bedrückende Stimmung des Regenwetters und machen Lust auf Sommer - Lust auf Pop Punk.

"Boy Without Batteries" kommt mit wenigen, dafür sinnvoll eingesetzten Gangshouts daher. Der eher kurzgehaltene Song bietet nach mehrfachem Hören nichts Neues. Im anschließenden Lied "Where I Left You" wird ebenfalls mit altbekannter Songstruktur gearbeitet und klingt wie eine B-Side des Albums "Real Talk" - hätte übrigens gut auf die "Songs About The Weather" - EP von "Basement" gepasst.

Die U-Bahn-Tür öffnet sich, die Wolken haben sich verzogen, die Luft ist klamm und man riecht den Frühling. "Heart Attack" ist nach dem zweiten Mal hören schon einer meiner neuer Lieblingssong der Band, 10 Sekunden des Songs und man wird wörtlich "überredet" die alltäglichen Pflichten hinzuschmeißen, mit Freunden, Bier und Sonne zu grillen oder mit dem Rollbrett die Großstadt zu erkunden. Ohne von Sing-A-Long überladenen zu sein schreit dieser Song förmlich nach Stagediving. Gute Laune kommt nahezu unbemerkt auf. Der fünfte Song des Albums heißt "White Lies" und geht definitiv ans Herz, es geht um Einsamkeit, Anderssein und ein schönes Mädchen. Keine weltbewegenden Motive oder Riffs, aber ergreifend allemal. Der wechselseitige Gesang von Zac E. und Nik B. an der Bassgitarre bauen einen starken Song auf, der überzeugt. "What is it that everyone else has?" - Man merkt, die Jungs haben Spaß dabei, was sie machen. Sie machen, was sie wollen. "S.A.D.", "Suppy" und "How To Hide Your Feelings" knüpfen an "White Lies" an. Etwas schnellere Songs als von MOB gewöhnt, die Gitarrenriffs werden härter. Mein pseudorythmisches Air-Drumming erreicht bei Swan Dive seinen Höhepunkt. Mitsummend stellt man sich vor, wie man die Badehose auspackt und seine über den Winter verschollenen Flip-Flops sucht, während man das bedrückende Regenplätschern längst ausgeblendet hat. Nach "Swan Dive" ist klar, MOB definieren nichts neu, treffen Pop-Punk aber bisher mit fast jedem Song dieser Veröffentlichung auf den Nagelkopf. Die vorletzten vier Songs sind Werke, die mit nichts von "Recycling" haben und diesen Sommer mit dem Rest der Lieder in etlichen CD-Spielern mit höchtgradiger Mitsing-Gefahr verzaubern sollten.

"Wide Awake" beendet das Album stilgerecht. Einsatz akustischer Gitarren, romantisches Gang-Trällern ähnlich dem des kleinen Debut-Youtube-Hits "Love Your Friends, Die Laughing" und die Zeilen "Alone in your car, it's gotta be another way, for me to get to you." beenden ein Album, das als Genre-Fan nicht ungehört bleiben darf. Ob man sich von Problemen ablenken will, Liebeskummer mit simplen Textzeilen verarbeiten kann, Musik für sein Auto sucht, wenn man mit Freunden auf dem Weg ist, ein Eis in der Sonne zu genießen oder sich nach dem Verlassen der U-Bahn durch nasse Menschenmengen zwängen muss und mit Vorfreude sowie triefendem Rucksack auf dem Weg ist zu einem "Hardcore-Punk"-Konzert. "Heart Attack" ist ein kleiner Schritt vorwärts einer Band, der es hiermit gelungen ist, ein hochwertiges Album zu veröffentlichen, ohne durch wenig Progression zu langweilen.

Durchgehend lebt das gute Album von dem gekonnten Einsatz der dynamischen Drum-Rhythmen, Sing-A-Longs mit denen man sich leicht identifizieren kann und der Offenheit des Hörers für poppigen Sonnenschein-Punk. Live hemmte der nicht Gitarren-freie Frontman bisher zwar etwas, aber Stage-Dives und energetische Shows sind mit dem leicht aggressiveren Stil "MOB's" und dem zweistimmigen Gesang, den man einfach mögen muss, garantiert.

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Jascha

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