Plattenkritik

Massive Attack - Heligoland

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Info

Release Date: 05.02.2010
Datum Review: 30.01.2010

Massive Attack - Heligoland

 

 

MASSIVE ATTACK haben es geschafft Melodien für Millionen zu schreiben. Große Perlen für das Seelen(un)heil wurden glorifiziert und abgelegt zwischen TV-Spot und Meisterwerk. Und nun ist es da, das neue Album. Melde sich, wer ernsthaft drauf gewartet hat. Nicht alle auf einmal! Die Wenigsten rechnen mit einem großartigen Album, mit Meisterstücken wie etwa „Unfinished Sympathy“. Und doch könnte man sie bekommen.

Das, schon im Vorfeld bekannte, „Pray For Rain“ beispielsweise macht da alles so, wie man es sich erhofft. Schon hier wird eine surreale Stimmung erzeugt, die getragen wird von Tunde Abebimpe, dem TV ON THE RADIO Sänger. Aber schon hier vermisst man den wummenden Bass alter Zeiten. Vielleicht ist es das, was uns traurig macht? Das existenzielle Element an MASSIVE ATTACK scheint also zu fehlen. Was genau hat man dann hinzugefügt? Oder belässt man es beim jetzigen Stand? Nicht ganz. Schon der zweite Song „Babel“ sticht aus der MASSIVE ATTACKschen Diskografie heraus. Würde man den Song unverschämt laut aufdrehen, man könnte sich fast schon drauf bewegen. Die Drums geben sich dabei energisch und wegweisend, ja sogar dominierend. Bislang, nach den ersten Durchgängen lässt sich aber kein Konzept, kein roter Faden finden. „Heligoland“ wirkt zu Anfang wie eine zusammengewürfelte Pflichterfüllung, die dazu dient alten Bekannten noch einmal Plattform zu gewähren. So finden sich Gäste wie DAMON ALBARN oder GUY GARVEY von ELBOW auf dem Album, die auch gleich für die Highlights sorgen. „Staurday Come Slow“, das ALBARN-Duett wirkt mit der weinerlichen Stimme des Albarn als bedrückendes Etwas, das einem fast schon zu nah auf die Pelle rückt. Do you love me? will er da wissen, mit verzweifelter, zitternder Stimme. Schade eigentlich, dass gerade der, der zuletzt mit miesem Soloalbum um die Ecke kam, nun einer Band wie MASSIVE ATTACK den Zugang zu einer ganzen Platte beschwert. Denn wenn man so will, dann ist „Saturday Come Slow“ der Schlüssel zu „Heligoland“ und der Moment, in dem es klickt. Gewissermaßen also der Hit. Das nachfolgende Schlusslicht „Atlas Air“ wirkt mit seinem Geisterbeat da genau gegenteilig und kristallisiert sich als Tiefpunkt heraus. Aber bevor man jetzt beginnt abzuwägen: MASSIVE ATTACK haben eindeutig und glücklicherweise die Songs auf ihre Gäste zugeschnitten, oder sorgfältig ausgewählt. Der Song im Duett mit HOPE SANDOVAL jedenfalls, er hätte nicht besser ausfallen können. Das betörende Klatschen, die zierliche Stimme, das niedliche Glockenspiel vermischt mit dem winzigen Basslauf – königlich. Ebenso das erwähnte Duett mit DAMON ALBARN oder eben das mit ELBOW’s „Guy Garvey. Aber so schön diese Songs sind, so schleicht sich schnell die Frage ein, was MASSIVE ATTACK eigentlich noch ausmacht. Etwa nur das Stilmittel Duett?

Beleuchtet man ausschließlich den Part von MASSIVE ATTACK, so würde dem Hörer schnell langweilig werden. Die Beats und die Geräuschkulisse, sie ist längst nicht mehr so interessant und zwielichtig, wie noch vor 12 Jahren. Konzentriert man sich beim stärksten Song „Saturday Come Slow“ ausschließlich auf MASSIVE ATTACK und denkt sich Damon Albarn weg, der Song wäre eher ein unbeachteter Score in einer TV-Serie oder einem TV-Spot. Nicht aber ein weiterer Meilenstein der Trip-Hop Geschichte. Kommen wir also zum Ergebnis: „Heligoland“ ist in dem was es ist, ein ziemlich gutes Album, auf hohem Niveau. „Heligoland“ ist aber auch, als MASSIVE ATTACK Album, ein eher schwaches Album. Aber was heißt das schon? Kritisiert man diese Band, so kritisiert man auf hohem Niveau. Spontan fällt mir nun ein, dass MASSIVE ATTACK vielleicht auf hohem Niveau gescheitert sind, aber sie sind eben nicht gescheitert. „Heligoland“ ist noch immer ein prima Album, eben nur nicht so, wie man es von dieser Band vielleicht erhofft hatte.


Tracklist:
1. Pray For Rain
2. Babel
3. Splitting The Atom
4. Girl I Love You
5. Psyche
6. Flat Of The Blade
7. Paradise Circus
8. Rush Minute
9. Saturday Come Slow
10. Atlas Air

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Raphael

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