Plattenkritik

Muse - The Resistance

Redaktions-Rating

Info

Release Date: 11.09.2009
Datum Review: 14.09.2009

Muse - The Resistance

 

 

Eigentlich war ich fest davon überzeugt, dass ich es mir sparen kann, mich mit „The Resistance“ großartig kritisch auseinander zu setzen, eine halbe Stunde damit zu verbringen, einen höchst schwurbeligen Text mit geschickten Wortkonstruktionen wie „gigantomanisch“, „nicht von dieser Welt“, „das schönste, was mir je zu Ohren gekommen ist“ zu verfassen und die Sache auf sich beruhen zu lassen. Stattdessen habe ich nun zwei Tage hinter mir, in denen mich die neue Platte von MUSE unglaublich aufgewühlt hat und mir unklar ist, an welcher Stelle ich anfangen soll, mich zu beschweren.

Von vorne: Der vorab in die Promomaschinerie geschickte Track „United States Of Eurasia“ hat bereits Unheil verkündet und darauf vorbereitet, dass es mit Erscheinen des neuen Materials peinlich sein wird, sich einen Fan zu nennen. Wo sich Tracks wie „Knights Of Cydonia“ vom Vorgänger-Album lediglich noch ganz legitim von QUEEN inspirieren haben lassen, betreibt „United States Of Eurasia“ schlicht Diebstahl geistigen Eigentums von Mercury und Co. Der Track trieft nur so vor Abgehobenheit und unerklärlichem Pathos. Die Aussage ist unmissverständlich: Wir sind MUSE, wir sind die großartigste Band der Welt und dürfen machen, was wir wollen. Das ungewöhnlichste Rockalbum 2009 also? Pustekuchen.

Dabei fängt das Album einigermaßen vielversprechend an, „Uprising“ rollt düster und böse vor sich hin und hat abgefahrene Ohrwurmqualitäten. Dass der Song auch als erste offizielle Single ausgewählt wurde, ist nicht verwunderlich. „Supermassive Black Hole“ klang ganz ähnlich. Irgendwann in der Mitte quakt dann auch noch das altbekannte Synthiearpeggio rein, welches auch irgendwie seit „Origin Of Symmetry“-Zeiten ein und das Selbe zu sein scheint. Und dann fängt „The Resistance“ urplötzlich an, abzubauen.

Bis das Album mit „United States Of Eurasia“ seinen absoluten Tiefpunkt an Track 4 erreicht, stellt es noch ganz schön viele Unverschämtheiten an. Unkoordinierte Übergänge von Song zu Song, Streicher, die ganz schön anspruchsvoll vor sich hinklimpern, Effekte ohne Ende, ein einziges Aufgegeile an musikgeschichtlichen Stationen und vor allem Matthew Bellamy, der jetzt komplett am Rad dreht und sich wie eine Operndiva verhält, die Arme ausbreitet, seine Flügel spannt und in den Sternenhimmel schwebt. Verdammt, wo bleibt die aggressive Verzweiflung, die MUSE früher getrieben hat und dieses eine Gefühl im Bauch verursachte. Anstatt wie einst alles nach vorne in die Magengegend zu treiben, verschießen MUSE ihr ganzes Material in alle Richtungen.

Während „Guiding Light“ sich wieder an ekelhaftesten Musicalvisionen ergötzt und „Unnatural Selection“ gelangweilt vor sich hinrifft, kann „MK Ultra“ die verlorengegangene Ehre“ zumindest wieder ein wenig herstellen. Eine wunderbar hektische Atmosphäre und zwei Bilderbuchausraster zeigen, dass MUSE es eigentlich immer noch draufhaben. Noch besser ist aber eigentlich noch „I Belong To You“, wenn man den erneut widerlichen Schmalzmittelteil ausklammert. Der Track swingt unglaublich cool vor sich her, und wäre problemlos ein Song geworden, der den im Sterben liegenden Sommer noch etwas hinauszögert. Stattdessen wird mittig noch ein Bombastintermezzo eingeschoben. Überflüssig.

Theoretisch kann man das Album jetzt schon ausmachen. Denn der Rest zeigt wieder das Bild einer Band, die definitiv zu viel auf sich hält. Allein schon die Namensgebung der letzten drei Songs, macht mich Augen rollen. Exogenesis Symphony Parts 1, 2 und 3, hallo? Ein knapp dreizehnminütiges Geplänkel aus klassischer Musik und Progansätzen folgt. Was ist mit dieser Band passiert, die sich nun einer vollkommen absurden musikalischen Vision von Rockoperetten hingibt? Wo sind die Hits? Manch ein Fan ist bereits auf den Zug aufgesprungen und hinterlässt bei Wikipedia eine unfehlbare Stilisierung zu MUSE: „Muse verbindet stilistisch Alternative, Hard und Progressive Rock sowie klassische Musik und Electronica und bildet damit das neue Subgenre New Prog.“ Danke dir!

Es ist viel zu schade um die Band, dass sie mit „The Resistance“ ein Album hinterlässt, das einfach nicht knallt. Es hinterlässt Bauchschmerzen und nasse Augen. Allerdings eröffnet es einem auch interessante Möglichkeiten: Wer glaubt, „Origin of Symmetry“ oder „Absolution“ tot gehört zu haben, sollte sie sich mal nach „The Resistance“ wieder anhören. Das fühlt sich an wie beim ersten Mal, versprochen!

Jetzt trotzdem noch eine 4/10 zu vergeben, scheint absurd zu sein. Eigentlich hätte das Album weniger verdient. Deswegen halte ich es so: Die Punkte stehen für die wenigen einigermaßen überzeugenden Songs. Oder für jedes einzelne Studioalbum, welches Muse bisher veröffentlicht haben und deren Einfluss man auf „The Resistance“ trotzdem noch hört. Oder einfach nur für jeden Buchstaben ihres nun zu Schund und Schande verkommenen Namens.



1. Uprising
2. Resistance
3. Undisclosed Desired
4. United States Of Eurasia
5. Guiding Light
6. Unnatural Selection
7. MK Ultra
8. I Belong To You
9. Exogenesis: Symphony Part I
10. Exogenesis: Symphony Part II
11. Exogenesis: Symphony Part III

Autor

Bild Autor

Ignaz

Autoren Bio