Plattenkritik

Nachtgeschrei - Aus Schwärzester Nacht

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Release Date: 22.03.2013
Datum Review: 18.03.2013

Nachtgeschrei - Aus Schwärzester Nacht

 

 

„Aus Schwärzester Nacht“ ist als Statement zu verstehen! Denn als Sänger Hotti nach dem überragendem „Ardeo“ seinen Ausstieg bekannt gab, galt die Band als tot! Doch mit Martin LeMar wurde der Ersatz relativ schnell präsentiert und generell ist bei einem Sängerwechsel wichtig, dass der neue besser als der alte ist. Allerdings war es gerade Hottis Stimme, die NACHTGESCHREI Magie und Flügel verlieh und ohne wenn und aber ist Martin mit seinem wohlig tiefem, sehr sauberem Organ technisch der bessere Sänger, aber an die Gänsehautmomente von z.B. „Der Reisende“ kommt er nicht heran. Aber Hottis leicht neben der Spur liegendes Singsang ist auch auf den ersten drei Alben die Spreu vom Weizen gewesen, denn viele potentielle Hörer schreckte das gewöhnungsbedürftige Singen ab. Fabelhaft gesprochen, ist Hotti der Reineke und Martin der Isegrim...

Und: Martins Stimme passt besser zu den neuen Songs auf Album Nr. 4 „Aus Schwärzester Nacht“, da diese anspruchsvoller, abwechslungsreicher und noch härter ausgefallen sind. Jeder Track erzählt eine kleine Geschichte und ist für sich gesehen den Kaufpreis der abermals via Massacre Records erscheinenden Scheibe wert. Die Hessen sind weg vom reinen Mittelalter Folk, der noch auf ihrem Debüt „Hoffnungsschimer“ regierte, das Septett ist zwar nach wie vor mittelalterlich instrumental unterwegs, wobei jedoch insgesamt eine scharfe Metalkante das Geschehen prägt. Doch im Gegensatz zu den etablierten „Großen“ gehen NACHTGESCHREI tiefer und spielen zunächst mit der Zugänglichkeit. Wer sich verschließt und abblockt, wird nie in den Genuss dieser Ausnahmemelodien kommen, die sich ganz langsam wie ein fallendes Tuch um die Ohrmuschel wickeln. Tracks wie „Die Geister, die uns riefen“, „Spieler“ und der Titeltrack erklimmen ganz langsam den Gipfel der Gefühle und werden mit der harten Gitarrenunterlegung und einem im Vergleich zu den Vorgängeralben variablerem Drumming hineingestoßen. Ein weiteres Beispiel für die „neueren“ NACHTGESCHREI ist „Der Ruf“, denn hier wird eine großartige Melodie von einem drückendem Groovepart abgelöst, der aus dem doomig verschwitztem Louisiana stammen könnte. Beeindruckend ist auch die Atmosphäre dieses Albums, einmal eingelegt erinnert das Hören wie ein Festkleben im Spinnennetz mit dem Unterschied, dass regelrecht auf den Biss der Spinne gewartet wird.

NACHTGESCHREI verleiten auch durch die vielschichtigen, nicht leicht zu umschließenden Texte zum zuhören, zum bloßen Reinhören ist die Band nie gegründet worden. Interessant auch die von Martin genial interpretierte Akustikversion des „Ardeo“ Tracks „Herbst“, hier verzichtet er stimmlich auf eine vs. Hotti battle, sondern öffnet dem ohnehin schon grandiosem Track neue Horizonte. Zum Schluss ist noch zu schreiben, dass die Tracklist ausnahmslos mundet und keinerlei Ausfälle zu verzeichnen sind. Bleibt zu hoffen, dass diese Ausnahmeband endlich mal den verdienten Lohn für bisher 3 ganz starke Alben und ein saustarkes einfahren kann.



Tracklist:
01. Sirene
02. Die Geister, die uns riefen
03. Flamme
04. Spieler
05. In meinen Liedern
06. In die Schwärze der Nacht
07. Der Ruf
08. Am Ende der Zeit
09. Unter deinem Licht
10. Na Sdorowje
11. Am Rand der Welt
12. Für alle Zeit
13. Als in dir nur Leere war
14. Ungebrochen
15. Herbst (Akustikversion)
16. In die Schwärze der Nacht (Orchesterversion)

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Clement

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Ich fühle mich zu alt